Verbraucherinsolvenz oder Regelinsolvenz: Welcher Antrag ist wann zu stellen?

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1. Einleitung

Wenn Sie sich in einer finanziellen Notlage befinden und nicht mehr in der Lage sind, Ihre Schulden zu begleichen, kann ein Insolvenzverfahren eine Möglichkeit sein, einen Neuanfang zu machen. 

Im deutschen Recht gibt es für natürliche Personen zwei Hauptarten von Insolvenzverfahren: die Verbraucherinsolvenz und die Regelinsolvenz. In diesem Artikel werden die Unterschiede zwischen diesen beiden Verfahren dargestellt, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und wie Sie den Antrag konkret stellen können.


2. Unterschied zwischen Verbraucherinsolvenz und Regelinsolvenz in Art und Antragstellung

Die Insolvenzordnung unterscheidet für eine natürliche Person nach einer Verbraucherinsolvenz und einer Regelinsolvenz. Die angestrebte Restschuldbefreiung ist für beide Verfahren gleich.

Verbraucherinsolvenz:

Die Verbraucherinsolvenz ist für Privatpersonen gedacht, die keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben oder diese eingestellt haben. Sprich diese Personen haben bzw. hatten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) oder gleichgestellten Einkünften oder haben ihre vormals selbständige gewerbliche Tätigkeit eingestellt, nicht mehr als 19 Gläubiger und keine Verbindlichkeiten wegen Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträge, Arbeitnehmerentgelte oder Beiträge gegenüber der Berufsgenossenschaft.

Der Antrag auf Verbraucherinsolvenz wird beim zuständigen Amtsgericht gestellt. Vor der Antragstellung ist es jedoch erforderlich, ein außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren durchzuführen (§ 305 InsO).

Dies ist der Hauptunterschied zur Regelinsolvenz.

Regelinsolvenz:

Die Regelinsolvenz ist für Selbständige, Freiberufler und auch für Privatpersonen mit mehr als 19 Gläubigern oder komplexeren Vermögensverhältnissen geeignet. Der Antrag wird ebenfalls beim zuständigen Amtsgericht gestellt, jedoch sind die Anforderungen und der Verfahrensablauf komplexer als bei der Verbraucherinsolvenz (§§ 11 ff. InsO).


3. Die Voraussetzungen für eine Verbraucherinsolvenz und/oder eine Regelinsolvenz

Bezüglich der Voraussetzung zur Einleitung des jeweiligen Verfahrens ergeben sich folgende Unterschiede:

Voraussetzungen für Verbraucherinsolvenz:

  1. Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung: Es muss der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit, der drohenden Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung vorliegen (§ 17, § 18, § 19 InsO).
  2. Außergerichtliche Einigung: Ein Versuch zur außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern muss zwingend versucht, durchgeführt und gescheitert sein (§ 305 InsO).
  3. Bescheinigung einer geeigneten Stelle: Es ist eine Bescheinigung von einer Schuldnerberatungsstelle oder einem Rechtsanwalt zwingend beizufügen, dass die außergerichtliche Einigung gescheitert ist (§ 305a InsO).

Voraussetzungen für Regelinsolvenz:

  1. Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung: Diese Kriterien müssen erfüllt sein (§§ 17, 18, 19 InsO).
  2. Mehr als 19 Gläubiger: Wenn Sie mehr als 19 Gläubiger haben, ist nur die Regelinsolvenz möglich.
  3. Selbständige Tätigkeit: Wenn Sie selbständig sind und die Tätigkeit nicht eingestellt haben, kommt nur die Regelinsolvenz in Frage.


4. Die zwingend korrekte Insolvenzantragstellung 

Der Insolvenzantragstellung sollte besondere Aufmerksamkeit und Fachkompetenz gewidmet werden, da bei Fehlern in der Antragstellung das Gericht das Insolvenzverfahren nicht eröffnet und schlimmstenfalls den Antrag zurückweist. Hierdurch kann wertvolle Zeit verloren gehen.

Zudem muss natürlich im Rahmen der Insolvenzantragstellung der Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung richtig und gleichlaufend gestellt werden.

Es sei daher an dieser Stelle angemerkt, dass Sie hier mit einem Fachanwalt für Insolvenzrecht auf der "sicheren" Seite bei einer Insolvenzantragstellung sind.

Die Antragstellung bei einer Verbraucherinsolvenz:

  1. Außergerichtliche Schuldenbereinigung: Erst wenn diese gescheitert und von einer fachkundigen Person attestiert ist, können Sie den Antrag stellen.
  2. Antrag beim Amtsgericht: Der Antrag muss schriftlich und mit den erforderlichen Unterlagen auf amtlichem Formular beim zuständigen Amtsgericht eingereicht werden.
  3. Gerichtliche Prüfung: Das Gericht prüft den Antrag und leitet gegebenenfalls das Verfahren ein. Hat der Insolvenzantrag Mängel und/oder Fehler müssen diese beseitigt werden.

Die Antragstellung bei einer Regelinsolvenz:

  1. Antragstellung: Der Insolvenzantrag ist schriftlich beim zuständigen Amtsgericht einzureichen.
  2. Unterlagen: Verschiedene Unterlagen wie Vermögensaufstellung, Gläubigerliste usw. müssen beigefügt und im Rahmen des amtlichen Formulars beim Insolvenzgericht eingereicht werden.
  3. Gerichtliche Prüfung und Eröffnung des Verfahrens: Nach Prüfung der Unterlagen wird das Insolvenzverfahren eröffnet oder die Beseitigung von Mängeln im Insolvenzantrag verfügt.


5. Die Erteilung der (angestrebten) Restschuldbefreiung

Das Insolvenzverfahren ist ein Gesamtvollstreckungsverfahren und verwertet das pfändbare Vermögen des Insolvenzschuldners (§ 35 InsO).

Bei einem Insolvenzverfahren handelt es sich daher quasi um ein "notwendiges Übel" auf dem Weg zur Erlangung der Restschuldbefreiung. Denn diese ist es, die ein Insolvenzschuldner anstrebt. Die Befreiung von vorinsolvenzlichen Schulden/Verbindlichkeiten.

Die Restschuldbefreiung kann sowohl im Verbraucherinsolvenzverfahren als auch im Regelinsolvenzverfahren erreicht werden; mittlerweile in beiden Fällen nach drei Jahren. 


6. Fazit: Anwaltliche Unterstützung

Ein Insolvenzverfahren ist ein komplexes Verfahren, das sich bereits aus den Anforderungen und dem Umfang der Antragstellung ergibt. Dies auch deshalb, da neben der Eröffnung des Insolvenzverfahrens das sogenannte Restschuldbefreiungsverfahren mit dem Ziel der Restschuldbefreiung beantragt und gestartet werden soll/muss.

Hinzu kann noch die Notwendigkeit des Stellens eines Antrags auf Verfahrenskostenstundung kommen.

Fehler bei der Insolvenzantragstellung können dazu führen, dass dem Insolvenzantrag nicht statt gegeben wird. Schlimmstenfalls kann bei fehlerhafter Stellung des Insolvenzantrags sogar die Restschuldbefreiung versagt werden. Daher ist es ratsam, anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um sicher den Insolvenzantrag zu stellen und auch durch das Verfahren zu kommen.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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Foto(s): Dr. Holger Traub


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