Verbraucherrechte gestärkt, Händler sind betroffen: Kein Wertersatz bei Probe der Ware
- 2 Minuten Lesezeit
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 03.11.2010 (AZ: VIII ZR 337/09) in einer Grundsatzentscheidung befunden, dass ein Verbraucher bei der Ausübung des Widerrufsrechts keinen Wertersatz für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache an den Verkäufer leisten muss, auch wenn die vorübergehende Nutzung zu einem beträchtlichen Wertverlust an der Sache geführt hat.
Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Im August 2008 kaufte der Kläger per E-Mail ein Wasserbett zum Preis von 1.265 €. Das Angebot des Verkäufers war dem Kläger per E-Mail als angehängte PDF-Datei übersandt worden. Der Text der E-Mail enthielt eine Widerrufsbelehrung, in der darauf hingewiesen wurde, dass „durch das Befüllen der Matratze des Wasserbettes regelmäßig eine Verschlechterung eintritt, da das Bett nicht mehr als neuwertig zu veräußern ist."
Der Käufer baute das Wasserbett nach Belieferung auf und befüllte die Matratze mit Wasser. Anschließend machte er von seinem Widerrufsrecht Gebrauch. Nach Rückgabe des Wasserbetts forderte er den Verkäufer zur Rückzahlung des gesamten Kaufpreises auf. Der Verkäufer erstattete lediglich einen Betrag von 258 € und machte geltend, dass das Bett nicht mehr wiederverkäuflich sei; lediglich die Heizung mit einem Wert von 258 € sei noch verwertbar.
Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs kann der Käufer trotz des möglicherweise eingetretenen Wertverlusts den vollen Kaufpreis zurückverlangen, da er die Ware - wie im Ladengeschäft auch - nur geprüft habe.
Zwar kann auch bei einer bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme der Sache Wertersatz verlangt werden, wenn die Belehrung über die Pflicht zum Wertersatz spätestens bei Vertragsschluss in Textform erfolgt. Die Wertersatzpflicht besteht jedoch nach § 357 Abs. 3 Satz 2 BGB dann nicht, wenn die Verschlechterung ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist.
Der Aufbau des Betts und die Befüllung der Matratze mit Wasser stellen nach Ansicht des BGH jedoch lediglich eine Prüfung der Sache dar. Damit war kein Weg für einen Wertersatz, ganz gleich, wie hoch der Verlust für den Verkäufer ist.
Die Frage des Wertersatzes war lange Zeit umstritten. Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EUGH) aus dem Jahr 2009 wurde bereits in unterrichteten Kreisen laut, dass ein Wertersatz jedenfalls generell nicht mehr gefordert werden könne.
Der BGH hat sich an dieser Auffassung orientiert und entschied abermals im Interesse der Verbraucher. Die Internet-Händler haben das Nachsehen, müssen sie demzufolge den Wertverlust einer Neuware bei Ausübung des Widerrufsrechts selbst tragen und können diese Kosten nicht vom Kunden fordern.
Es liegt nahe, dass Händler die Kosten, die ihnen durch die Ausübung des Widerrufsrechts entstehen, künftig auf alle Kunden im Wege einer Mischkalkulation umlegen werden. Es bleibt daher abzuwarten, ob dem Verbraucher mit diesem Urteil wirklich ein Gefallen erwiesen wurde.
Rechtsanwalt Steffen Koch
Holtorfer Str. 35
53229 Bonn
0228-42266-0
www.koch-rechtsanwalt.de
Artikel teilen: