Verfallen geglaubte Urlaubsansprüche auch noch nach vielen Jahren nachfordern – neues BAG Urteil zur Verjährung

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Nicht genommener Urlaub bei dem der Arbeitgeber nicht mitgewirkt hat verjährt nicht automatisch nach 3 Jahren!

BAG Urt. V. 20.12.2022, Az. 9 AZR 266/20 // Pressemitteilungen // Sitzungsergebnis

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Im vorliegenden Fall ging es um 101 Urlaubstage, die die Klägerin vom Beklagten nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis für den Zeitraum vom 01.11.1996 – 31.07.2017 bezahlt haben wollte.

Maßgeblich war die Frage, ob die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren mit Ende des Urlaubsjahres beginnt oder erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

Grds. finden die Vorschriften über die Verjährung (§ 214 I, § 194 I BGB) auf den gesetzlichen Mindesturlaub Anwendung. Bei richtlinienkonformer Auslegung des § 199 I BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat. Damit hat das Bundesarbeitsgericht die Vorgaben des EuGH aufgrund der Vorabentscheidung vom 22.09.2022, -C-120/21 umgesetzt, denn die Verjährungsvorschriften dienen zwar der Rechtssicherheit, sie müssen jedoch hinter der Gesundheit des Arbeitnehmers durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme geschützt werden. Es könne nicht sein, dass sich der Arbeitgeber auf sein eigenes Versäumen berufen kann. Der Arbeitgeber kann schließlich selbst für Rechtssicherheit sorgen, indem er seine Mitwirkungsobliegenheiten gegenüber dem Arbeitnehmer nachholt.


Grundsätzliche Pflichten des Arbeitgebers:

Aufgrund von richtlinienkonformer Auslegung des § 7 I 1 BUrlG hat der Arbeitgeber die Initiativlast bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs. Dass tatsächlich ein Verfall am 31. März des Folgejahres i.S.d § 7 III BUrlG eintritt setzt grundsätzlich voraus, dass der Arbeitgeber konkret und in völliger Transparenz dafür Sorge trägt, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen.

Er muss den Arbeitnehmer - erforderlichenfalls förmlich – auffordern, seinen Urlaub zu nehmen, und ihm klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitpunktes verfällt, wenn ihn nicht beantragt (BAG 19.02.2019, 9 AZR 423/16 Rn. 39ff.).

Tut der Arbeitgeber das nicht, tritt der am 31. Dezember Des Urlaubsjahres nicht verfallene Urlaub zu dem Urlaubsanspruch hinzu, der am 1. Januar des Folgejahres entsteht. Sodann fangen sozusagen die Voraussetzungen für den Verfall „neu“ an, d.h. der Arbeitgeber der auch weiterhin seinen Hinweispflichten und Mitwirkungsobliegenheiten nicht nachkommt, kann sich auf den Verfall nicht berufen. Er kann sich aber dadurch schützen, dass er die Anforderungen nachholt und wenn der Arbeitnehmer dem dann nicht nachkommt, obwohl es ihm möglich gewesen wäre den angehäuften Urlaub zu nehmen, kann dieser verfallen.



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