Verjährung beim Dieselskandal – Kann ich noch Schadensersatz verlangen?

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Was bedeutet Verjährung im Dieselskandal?

Aufgrund von Verjährung können Händler oder Hersteller von manipulierten Dieselfahrzeugen den Ansprüchen von geprellten Verbrauchern aus dem Weg gehen. Abhängig vom Anspruch gelten unterschiedliche Verjährungsfristen. Als Käufer eines betroffenen Dieselautos haben Sie prinzipiell den Anspruch auf Gewährleistung und den Anspruch auf Schadensersatz. Beim Gewährleistungsanspruch gilt eine zwei- oder einjährige Verjährungsfrist, beim Schadensersatzanspruch grundsätzlich eine dreijährige. Im Einzelfall kann jedoch zugunsten von betrogenen Dieselkäufern eine zehnjährige Verjährungsfrist gelten, nämlich dann, wenn der sogenannte Restschadensersatzanspruch (§ 852 BGB) geltend gemacht wird.  

Werden alle betroffenen Dieselautos gleichermaßen von der Verjährung erfasst?

Nein! Die Verjährung hängt von mehreren Gesichtspunkten ab:  

  • Wer war Verkäufer des Fahrzeugs (Händler oder Hersteller)? 

  • Um welches Fahrzeug und welchen Motor geht es? 

  • Wann hat der Käufer von der Manipulation erfahren? 

Insbesondere beim letzten Gesichtspunkt vertritt der VW Konzern die Meinung, dass die Verjährung Ende 2019 eingetreten sei. Dieser Ansicht haben mehrere Gerichte eine Absage erteilt:  

  • OLG Köln mit Urteil vom 04.10.2019 – Az: 19 U 98/19 

  • OLG Schleswig-Holstein mit Urteil vom 6.12.2019 – Az: 17 U 69/19  

  • OLG Oldenburg mit Urteil vom 12.3.2020 – Az: 14 U 302/19 

Zuletzt hat auch der Bundesgerichtshof in diesem Sinne zugunsten eines Verbrauchers entschieden (vgl. BGH mit Urteil vom 29.7.2021 - VI ZR 1118/20): Denn VW berief sich darauf, dass mit der im September 2015 beginnenden medialen Berichterstattung über den Dieselskandal die Käufer von den anspruchsbegründen Umständen wussten und daher die Verjährung mit Ablauf des Jahres 2015 schon zu laufen begann. Die Karlsruher Richter sehen dies anders. Einen solchen Automatismus gäbe es nicht. Vielmehr ist VW beweisbelastet, die Kenntnis der Manipulation beim Verbraucher nachzuweisen. Auch das Gericht darf hierbei von der medialen Berichterstattung nicht automatisch auf die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis dessen beim Autokäufer schließen.  

Das Urteil ist eine gute Nachricht für Verbraucher. Es kommt auf den Einzelfall an, ob Sie noch Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlicher, sittenwidriger Schädigung gegen den Hersteller geltend machen können. Außerdem kann zu Ihren Gunsten die Verjährung gehemmt sein, etwa weil Sie Ihren Anspruch zum Klageregister der Musterfeststellungsklage angemeldet hatten.  

Sind Schadenersatzansprüche bei Dieselfahrzeugen mit dem EA189 Motor schon verjährt? 

Ob bei Dieselfahrzeugen mit eingebautem EA189 Motor schon Verjährung eingetreten ist, hängt von den Einzelfallumständen ab. Denn es kommt maßgeblich darauf an, wann Sie als Käufer eines Fahrzeugs vom Betrug an Ihrem Fahrzeug erfahren haben und ob nicht womöglich die Verjährungsfrist gehemmt wurde - wie im vorherigen Abschnitt dargelegt.  

Außerdem bleibt selbst bei einer Verjährung der Ansprüche aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB und § 826 BGB noch der Restschadensersatzanspruch aus § 852 BGB, der erst 10 Jahre nach Autokauf verjährt. Dies haben mehrere verbraucherfreundliche Gerichtsentscheidungen bestätigt (vgl. LG Nürnberg-Fürth mit Urteil vom 9.3.2021 - Az: 9 O 4005/20, OLG Oldenburg mit Urteil vom 2.3.2021 - Az: 12 U 161/20 und OLG Stuttgart mit Urteil vom 9.3.2021 - Az. 10 339/20). Hier kommt es darauf an, dass Rechtsanwälte den Anspruch ordentlich vortragen.  

Bei Dieselfahrzeugen mit dem EA288 Motor ist noch keine Verjährung eingetreten  

Wenn es um mit EA288 versehene Dieselfahrzeuge geht, dann ist grundsätzlich von keiner Verjährung aktuell (Stand 2021) auszugehen. Denn bei diesem Motorentyp bestreiten die Wolfsburger Autobauer noch immer die Manipulation. Betrogene Kunden können insofern noch keine Kenntnis von den die Verjährungsfrist auslösenden Umständen haben.  

Aber auch in diesen Fällen sagen wir Ihnen von KRAUS GHENDLER RUVINSKIJ: Warten Sie mit dem Geltendmachen von Schadensersatzansprüchen nicht. Denn mit jedem gefahrenen Kilometer wird Ihr Anspruch um den gezogenen Nutzungsvorteil gekürzt werden.  



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