Verjährung von Urlaubsansprüchen

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Der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub unterliegt bestimmten gesetzlichen Beschränkungen. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt jedoch erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallsfristen informiert hat, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch freiwillig nicht genommen hat.

Der Beklagte beschäftigte die Klägerin als Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin vom 1. November 1996 bis zum 31. Juli 2017. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlte der Beklagte der Klägerin 3.201,38 Euro brutto als Ausgleich für 14 ungenutzte Urlaubstage. Der Forderung der Klägerin nach Abgeltung von 101 Arbeitstagen aus vergangenen Jahren kam der Beklagte jedoch nicht nach.

Während das Arbeitsgericht die am 6. Februar 2018 eingereichte Klage – soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung – abgewiesen hat, sprach das Landesarbeitsgericht der Klägerin 17.376,64 Euro brutto zur Abgeltung weiterer 76 Arbeitstage zu. Dabei sah das Landesarbeitsgericht den Einwand des Beklagten, dass die geltend gemachten Urlaubsansprüche verjährt seien, als nicht überzeugend an.

Die Revision des Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Obwohl die Verjährungsvorschriften (§ 214 Abs. 1, § 194 Abs. 1 BGB) auf den gesetzlichen Mindesturlaub anwendbar sind, beginnt die reguläre Verjährungsfrist von drei Jahren nach einer Auslegung im Einklang mit EU-Richtlinien nicht zwangsläufig am Ende des Urlaubsjahres, sondern erst am Ende des Jahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallsfristen informiert hat, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch freiwillig nicht genommen hat.

Der Senat hat somit die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs nach dem Vorabentscheid vom 22. September 2022 (- C-120/21 -) umgesetzt. Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs tritt der Zweck der Verjährungsvorschriften, der die Gewährleistung der Rechtssicherheit ist, in der vorliegenden Fallkonstellation hinter dem Ziel von Artikel 31 Absatz 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zurück, nämlich die Gesundheit des Arbeitnehmers zu schützen, indem ihm die Möglichkeit gegeben wird, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub tatsächlich auszuüben. Die Gewährleistung der Rechtssicherheit sollte nicht als Vorwand dienen, um dem Arbeitgeber zu gestatten, sich auf sein eigenes Versäumnis zu berufen, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub tatsächlich auszuüben. Der Arbeitgeber kann die Rechtssicherheit gewährleisten, indem er seine Pflichten gegenüber dem Arbeitnehmer zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt.

Der Beklagte hat die Klägerin nicht in die Lage versetzt, ihren Urlaubsanspruch auszuüben, indem er seine Informations- und Hinweispflichten erfüllt hat. Daher sind die Ansprüche weder am Ende des Kalenderjahres (§ 7 Absatz 3 Satz 1 Bundesurlaubsgesetz) noch während einer zulässigen Übertragungsfrist (§ 7 Absatz 3 Satz 3 Bundesurlaubsgesetz) verfallen. Der Beklagte konnte auch nicht erfolgreich geltend machen, dass der nicht gewährte Urlaub bereits nach drei Jahren während des laufenden Arbeitsverhältnisses verjährt sei. Die Klägerin hat den Anspruch auf Urlaubsabgeltung innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist geltend gemacht.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Dezember 2022 – 9 AZR 266/20 Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 21. Februar 2020 – 10 Sa 180/19

Foto(s): www.kanzlei-steinwachs.de

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