Vermietungseinkünfte: Airbnb muss Daten an Finanzämter herausgeben

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Vermietungseinkünfte: Airbnb muss Daten an Finanzämter herausgeben – Ist eine Selbstanzeige noch möglich?

Dies ist ein Paukenschlag und die Finanzämter erwarten zusätzliche Einnahmen. Zahlreiche Medien haben im September darüber berichtet: Die Steuerfahndung hat mit Unterstützung von Bundesbehörden gerichtlich durchgesetzt, dass das Vermietungsportal Airbnb mit Sitz in Irland Vermietungsdaten an die deutschen Finanzämter herausgeben muss. Diese Auskünfte beruhen auf einer internationalen Regelung zur Amtshilfe. Diese ermöglicht sog. Gruppenanfragen an den jeweiligen ausländischen Staat (dies ist hier Irland). Die Hamburgische Finanzbehörde hat zwar zum Schutz des Steuergeheimnisses bisher nicht namentlich bestätigt, dass es sich bei dem Vermietungsportal um Airbnb handelt. Die Behörde teilte jedoch mit, es gehe um „ein weltweit agierendes Portal“. Medienberichte sprechen ausdrücklich von Airbnb. Was bedeutet dies für Vermieter, die fahrlässig oder gar vorsätzlich diese Vermietungseinkünfte steuerlich nicht erklärt haben? Es besteht die Möglichkeit, nun schnell zu prüfen, ob eine Nacherklärung oder gar eine Selbstanzeige geboten ist.

1. Welche Daten werden dem Finanzamt mitgeteilt?

Die Steuerfahndung erhält nun von dem international tätigen Vermietungsportal Daten über deutsche Vermieter, die diese Internetplattform in Anspruch genommen haben, um Wohnungen bzw. Immobilien zu vermieten. Zu diesen Daten zählen z.B. Name und Anschrift des Vermieters und die Angaben zu den Vermietungsumsätzen.

2. Wie gehen die Finanzämter mit diesen Daten um?

Die Steuerfahnder werden die Daten nach Bundesländern elektronisch sortieren. Die Daten werden dann kurzfristig den zuständigen Bundesländern zur weiteren Überprüfung übermittelt werden. Wie lange dies dauern wird, kann zur Zeit nicht einheitlich beantwortet werden. Die Finanzverwaltung konnte bereit in anderen früheren Fällen zentral sonstige große Datenmengen sortieren und auswerten. Diese Übung führt dazu, dass die Finanzverwaltung organisatorisch gut aufgestellt ist, um große Datenmengen auf die Bundesländer zügig aufzuteilen. In den Empfängerbundesländern werden die Daten auf die zuständigen Finanzämter der Vermieter oder an zentralisierte Einheiten (z.B. Steuerfahndungsstellen) verteilt werden. Dort werden die erhaltenen Daten mit den Steuererklärungen der Vermieter abgeglichen. Hierbei wird überprüft, ob sämtliche Umsätze aus der Vermietung über das Vermietungsportal steuerlich erklärt worden sind.

3. Welche Konsequenzen drohen den Vermietern?

Der Einkommensteuer unterliegt sowohl die dauerhafte wie auch die kurzfristige Vermietung. Auch Gewinne aus einer Untervermietung sind steuerpflichtig. Dies ist manchen Vermieter nicht immer bewusst. Die Steuerpflicht besteht jedoch trotzdem. Das Finanzamt muss nun in jedem Fall ermitteln, ob es sich um steuerpflichtige Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung handelt. Dazu ist insbesondere eine Einkünfteerzielungsabsicht des Vermieters notwendig, welche besonders bei sog. Verlustobjekten fraglich sein kann. Auch müssen die sonstigen Voraussetzungen einer Steuerpflicht erfüllt sein. Z.B. sollte bei Immobilien im Ausland anhand des jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens mit dem anderen Staat geprüft werden, ob Deutschland ein Besteuerungsrecht besitzt. Liegen steuerpflichtige Einnahmen vor, sind die Einnahmen aus der Vermietung zu erklären. Die entsprechenden Werbungskosten sind hierbei abzuziehen. Sollten Einkünfte nicht erklärt worden sein, ist mit der Aufforderung zur Abgabe einer steuerlichen Erklärung zu rechnen. Auch kann sich im Einzelfall eine Umsatzsteuerpflicht bei einer Vermietung ergeben. Dies sollte im Einzelfall geprüft werden.

Weiterhin wird es meist zu einer Einleitung eines Steuerstrafverfahrens kommen, wenn die Einnahmen aus der Vermietung bisher steuerlich nicht erklärt worden sind. Die Schwelle für den erforderlichen Anfangsverdacht ist niedrig. Eine Straf- oder Bußgeldbefreiung kann nur durch eine wirksame Selbstanzeige erreicht werden. Nach einer Einleitung eines Steuerstrafverfahrens ist auch damit zu rechnen, dass das Finanzamt von einer verlängerten steuerlichen Festsetzungsverjährung ausgeht, die bei Hinterziehung 10 statt 4 Jahre beträgt. Es drohen dann also Nachzahlungen für einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren zuzüglich 5,5% Solidaritätszuschlag und 6% Zinsen pro Jahr.

4. Was ist Vermietern jetzt zu raten?

Wenn Vermietungseinkünfte bisher nicht steuerlich zutreffend erklärt worden sind, besteht die steuerliche Verpflichtung, diese gegenüber dem Finanzamt zu erklären. Hierzu zählt neben der Einkommensteuer im Einzelfall auch die Umsatzsteuer. Wegen fehlender Dauerhaftigkeit ist die kurzfristige Vermietung von Wohn- und Schlafräumen im Gegensatz zur langfristigen Vermietung umsatzsteuerpflichtig. Die Umsatzsteuerpflicht wird häufig vergessen und ihre Nichterklärung führt zu einer eigenständigen Steuerhinterziehung. Eine Hinterziehung liegt aber nur dann vor, wenn die gesetzliche Kleinunternehmergrenze überschritten ist. Ob die steuerliche Nacherklärung der Einkommens- und Umsatzsteuer gleichzeitig als eine wirksame straf- oder bußgeldbefreienden Selbstanzeige gewertet wird, ist eine andere Frage.

Als Zwischenergebnis ist festzuhalten: Es sollte möglichst bald geprüft werden, die Verpflichtung zur Nacherklärung und die Möglichkeit einer straf- oder bußgeldbefreienden Selbstanzeige wegen der drohenden Tatentdeckung möglichst bald geprüft werden sollte.

5. Ist eine Selbstanzeige noch wirksam?

Eine Selbstanzeige ist dann straf- bzw. bußgeldbefreiend, wenn sie die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 371, 378 Abs. 3 AO erfüllt sind. Hierzu zählt bei einer Selbstanzeige wegen Vorsatz beispielsweise, dass die Selbstanzeige alle strafrechtlich unverjährten Jahre und mindestens die 10 letzten Jahre umfassen muss. Hierfür gilt das Vollständigkeitsgebot. Selbstanzeigen müssen also sorgfältig vorbereiten werden trotz der gebotenen Eile. Auch dürfen keine Sperrgründe bestehen, wie u.a. eine Tatentdeckung (§ 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO). Es ist bisher in der Rechtsprechung ungeklärt, in welchem Zeitpunkt exakt eine Tatentdeckung bei der Übermittlung von Vermietungseinkünften eintritt. Der Sperrgrund der Selbstanzeige voraus, dass eine der Steuerstraftaten muss im Zeitpunkt der Nacherklärung ganz oder zum Teil bereits entdeckt ist (dies ist das objektive Element) und der Steuerpflichtige dies wissen muss (Fall a.) oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen muss (Fall b.) (dies ist das subjektive Element).

Mangels Rechtsprechung sollte für die weiteren Überlegungen u.a. auf den Parallelfall zur Tatentdeckung bei sog. Steuer-CDs zurückgegriffen werden. Dies bedeutet hier: Spätestens dann, wenn die jeweiligen Steuererklärungen durch die Finanzverwaltung daraufhin überprüft wurden, ob die konkreten Vermietungseinkünfte steuerlich erklärt worden sind, ist die Tat entdeckt (objektives Element). Ob im Einzelfall sogar schon eine frühere Entdeckung angenommen werden kann, weil z.B. die kriminalistische Erfahrung für eine Hinterziehung spricht, kann nicht prognostiziert werden. Es ist bisher z.B. ungeklärt, ob solch eine kriminalistische Erfahrung angenommen werden kann.

Als Zwischenergebnis sollte daher zur Zeit (September 2020) vorsorglich unterstellt werden, dass eine Entdeckung bald erfolgt (oder erfolgt sein kann). Auch dürfte das subjektive Element (das Rechnen-müssen) zeitlich eher bald als erfüllt anzusehen sein, zumal die Rechtsprechung an dieses keine hohen Anforderungen stellt. Im Parallelfall des Ankaufs sog. Steuer-CDs sieht die Rechtsprechung bereits in einer allgemeinen Berichterstattung über den Ankauf einer sog. Steuer-CD einen Sperrgrund für eine Selbstanzeige, da die Kapitalanleger bereits dann mit ihrer Entdeckung rechnen mussten (Landgericht Kiel, Urteil 14.04.2015, Aktenzeichen: 11 Ns 76/14). Im Fall des Vermietungsportals sind bereits zahlreiche bundesweite Medienberichte erschienen, nachdem die Pressemitteilung der Hamburger Steuerverwaltung vom 2.9.2020 veröffentlicht wurde. Damit dürfte hier auch das subjektive Element entweder schon jetzt (September 2020) oder jedenfalls bald als erfüllt anzusehen sein. Der betroffene einzelne Vermieter wird jedenfalls nach weiteren zahlreichen Monaten des Abwartens nur erschwert einem Staatsanwalt glaubhaft machen können, dass er von den bisherigen und kommenden bundesweiten Medienberichten keine Kenntnis erlangt hat. Wichtig – wenn auch unbefriedigend – ist die Erkenntnis, dass leider unklar ist, welches Zeitfenster für eine wirksame Selbstanzeige bis zur Tatentdeckung bleibt.

6. Gibt es eine Strafmilderung bei unwirksamer Selbstanzeige?

Eine Selbstanzeige trotz Sperrgründen – wie z.B. Tatendeckung – kann jedoch strafprozessuale Vorteile gegenüber einer Untätigkeit bieten. Die meisten Betroffenen scheuen es zwar, die Diskussion um die Tatentdeckung bei einer Steuer-CD mit einem Strafrichter auszutragen. Eine Alternative besteht aber darin, dass sich der Rechtsanwalt/ Verteidiger diesen Streitpunkt im Rahmen von Verhandlungen über die Strafe „abkaufen“ lässt und so ggf. eine erhebliche Strafmilderung oder gar eine bloße Geldauflage gem. § 153a StPO erreicht. Eine Geldauflage führt zu keiner Eintragung im Führungszeugnis und dieses Ergebnis ist für viele Betroffene sicherlich auch ein erstrebenswerter Erfolg. Zahlreiche Einschränkungen im geschäftlichen Leben lassen sich dann vermeiden.

Im Ergebnis ist betroffenen Vermietern zu raten, jetzt (September 2020) ihre steuerliche Situation zu klären und zu prüfen. Es ist dann im Einzelfall zu entscheiden, ob eine Nacherklärungspflicht besteht oder gar eine Selbstanzeige geboten ist.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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