Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) am 01. Juni 2012 in Kraft getreten!

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Am 01. Juni 2012 ist das Vermögensanlagengesetz (VermAnlG), das Kernstück des Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts („FinAnlVG"), in Kraft getreten.

Mit diesem FinAnlVG wird versucht, dem sogenannten „Grauen Kapitalmarkt" einen dem regulierten Kapitalmarkt vergleichbaren Rechtsrahmen zu geben. Im Zusammenhang mit der Einführung des VermAnlG gibt es auch Änderungen im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), dem Kreditwesengesetz (KWG), der Gewerbeordnung (GewO) und dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG). Das VermAnlG enthält umfangreiche Änderungen und wirkt sich insbesondere auf geschlossene Fonds aus, die bislang durch das Verkaufsprospektgesetz („VerkProspG") geregelt wurden. Künftig kommen damit für den Vertrieb geschlossener Fonds Pflichten zur Anwendung, die im regulierten Bereich bereits Standard sind. Die Wichtigsten sollen nachfolgend kurz dargestellt werden:

1. Zum Anwendungsbereich des VermAnlG: Der Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit des VermAnlG und für sämtliche weiteren Änderungen ist die gesetzliche Definition des Begriffs „Vermögensanlage" in § 1 Abs. 2 VermAnlG. Für sämtliche dieser Vermögensanlagen gilt, dass sie nicht in Wertpapieren verbrieft sein dürfen und im Inland öffentlich angeboten werden müssen. Die genannte Aufzählung entspricht dabei weitestgehend dem Anwendungsbereich des § 8f Abs. 1 VerkProspG. Anteile an Genossenschaften sind von den Regelungen des VermAnlG weitgehend ausgenommen. Hauptanwendungsfall einer Vermögensanlage im Sinne des VermAnlG sind die Anteile an geschlossenen Fonds, die als Kommanditgesellschaft ausgestaltet sind und bei denen der Kunde entweder direkt als Kommanditist oder indirekt über einen Treuhänder an einem geschlossenen Fonds beteiligt ist. Das bisherige VerkProspG wurde durch das VermAnlG vollständig ersetzt.

2. Prospektpflicht und Kohärenzprüfung durch die BaFin: Nach wie vor besteht für die Anbieter von Vermögensanlagen nach § 6 VermAnlG die Pflicht, einen Verkaufsprospekt zu erstellen und zu veröffentlichen. Die inhaltlichen Anforderungen an den Verkaufsprospekt regelt nun § 7 VermAnlG, die teilweise über die bisher geltenden Regelungen des VerkProspG hinausgehen. Eine gravierende Neuerung zur bisherigen Rechtslage und damit eine Stärkung des Anlegerschutzes stellt § 8 Abs. 1 VermAnlG dar. Anders als bisher umfasst die Prüfung des Verkaufsprospekts der BaFin nicht mehr nur eine formale Vollständigkeits-, sondern - wie bei den Wertpapieren - auch eine Kohärenz- und Verständlichkeitsprüfung. Das heißt, die BaFin prüft nun, ob der Prospekt in sich widerspruchsfrei (Kohärenzprüfung) und auch aus sich selbst heraus verständlich (Verständlichkeitsprüfung) ist. Unverändert bleibt jedoch, dass die BaFin die Angaben im Prospekt nicht auf ihre inhaltliche Richtigkeit überprüft.

3. Einführung des Vermögensanlagen-Informationsblatts: Eine weitere wesentliche Änderung ist die Pflicht der Anbieter von Vermögensanlagen zur Erstellung eines Informationsblattes, dem sogenannten Vermögensanlagen-Informationsblatts („VIB"). Der Inhalt der VIB ist in § 13 VermAnlG gesetzlich vorgeschrieben. Dabei müssen die wesentlichen Informationen der Vermögensanlage in leicht verständlicher Weise auf maximal drei Seiten dargestellt sein. Die Angaben sind dabei so übersichtlich zu gestalten, dass der Anleger die Vermögensanlage gut mit anderen vergleichen kann. Das VIB wird nicht dem Prüfungsverfahren der BaFin unterworfen, sondern muss lediglich bei der BaFin hinterlegt werden.

4. Neuregelung der Prospekthaftung: Ferner modifiziert das FinAnlVG die bisherigen Prospekthaftungsregeln. Bisher verwies § 13 VerkProspG auf die Regelungen der §§ 44 ff. Börsengesetz (BörsG). Nun ist die Prospekthaftung eigenständig in den §§ 20 bis 22 VermAnlG geregelt. § 20 VermAnlG lehnt sich inhaltlich an die Regelung des § 44 Abs. 1 Satz 1 und 3 BörsG an. Die Neuregelung in § 20 VermAnlG ersetzt jedoch die bisher geltende Ausschlussfrist von sechs Monaten nach dem ersten öffentlichen Angebot durch eine Ausschlussfrist von zwei Jahren. Auch die Sonderverjährungsvorschrift des § 46 BörsG entfällt, sodass nun die allgemeinen Verjährungsregeln gemäß der §§ 195, 199 BGB gelten. Dies hat zur Folge, dass es zu einer erheblichen Verlängerung der Verjährungsfristen kommt. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre. Diese Frist beginnt aber erst am Ende des Jahres zu laufen, in dem der Anleger von der Unrichtigkeit des Prospekts Kenntnis erlangt hat. Unabhängig von einer Kenntniserlangung beträgt die Verjährungsfrist nun zehn Jahre.

Eine Prospekthaftung ist auch für das VIB eingeführt worden (§ 22 VermAnlG). Im Unterschied zur Prospekthaftung wird allerdings beim VIB die Kausalität zwischen einem unrichtigem VIB und dem Schaden nicht vermutet, der Anleger muss also die Kausalität beweisen. Ferner besteht naturgemäß auch keine Haftung für die Vollständigkeit des VIB. Zu beachten ist die Übergangsregelung in § 32 Abs. 1 VermAnlG. Danach gilt das VermAnlG für Verkaufsprospekte, die nach dem 1. Juni 2012 bei der BaFin zur Billigung eingereicht werden. Für Verkaufsprospekte die vor dem 1. Juni 2012 bei der BaFin eingereicht werden, gelten die Regelungen des VerkProspG.

5. Anwendbarkeit des KWG und des WpHG: Eine weitere maßgebliche Änderung ist, dass die Vermögensanlagen im Sinne des VermAnlG nun Finanzinstrumente i. S. d. WpHG und KWG sind. Bislang fanden die Anlegerschutzvorschriften des WpHG auf den Vertrieb geschlossener Fonds keine Anwendung. Die Qualifizierung der geschlossenen Fondsanteile als Finanzinstrumente im Sinne des KWG hat zur Folge, dass Berater und Vermittler von Vermögensanlagen grundsätzlich der Erlaubnis nach § 32 KWG bedürfen. Allerdings sieht das Gesetz einen Ausnahmekatalog von dieser Erlaubnispflicht vor. So bedarf etwa die Anlagenvermittlung und Anlagenberatung keiner KWG-Erlaubnis. Auch wenn eine KWG-Erlaubnis für den Vertrieb nicht erforderlich sein sollte, besteht doch eine gewerberechtliche Erlaubnispflicht. Freie Vermittler von Anteilen an geschlossenen Fonds bedürfen damit weiterhin keiner Erlaubnis nach dem KWG, sondern nur einer Erlaubnis nach der GewO.

6. Einführung einer gewerblichen Erlaubnispflicht für Finanzanlagevermittler: Das FinAnlVG hat in den §§ 34f und 34g GewO die Vorschriften zur gewerberechtlichen Erlaubnis für Finanzanlagenvermittler und -berater neu gefasst. Die Einführung des § 34f GewO ist eine der gravierendsten Neuregelungen im Rahmen des FinAnlVG. Allerdings gibt es eine relativ lange Übergangsfrist. Die Änderungen der GewO treten erst ab dem 1. Januar 2013 in Kraft. Im Übrigen können Vermittler, die am 1. Januar 2013 eine Erlaubnis nach § 34c GewO haben, eine Erlaubnis nach § 34f GewO unter erleichterten Bedingungen beantragen. In diesem Fall erfolgt keine Prüfung der Zuverlässigkeit und der Vermögensverhältnisse. Der Sachkundenachweis der bisherigen Inhaber einer § 34 c GewO-Erlaubnis muss allerdings bis zum 1. Januar 2015 vorgelegt werden. Dies ist zwingend, andernfalls erlischt die Erlaubnis. Eine Ausnahme besteht nur für Personen, die seit dem 1. Januar 2006 ununterbrochen als Anlagevermittler oder tätig waren (sogenannte alte-Hasen-Regelung).

KKWV-Kanzlei für Kapitalanlagerecht, Wirtschaftsrecht und Verbraucherrecht ist seit vielen Jahren auf dem Gebiet des Anlegerschutzes tätig und verfügt über langjährige Erfahrung im Bank- und Kapitalmarktrecht. Wir vertreten bundesweit vorwiegend die Interessen von geschädigten Kapitalanlegern. Die Haftung von Banken, Initiatoren und Vermittlern bei allen Anlageformen des sog. „Grauen Kapitalmarkts", insbesondere auch bei geschlossenen Fonds, bilden dabei den Schwerpunkt unserer Tätigkeit. Ansprechpartner in der Kanzlei ist Herr Rechtsanwalt Rainer J. Kositzki.


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