Verschwiegenheitsklauseln im Arbeitsvertrag können unwirksam sein!
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Mit sogenannten Catch-all-Klauseln im Arbeitsvertrag versuchen Arbeitgeber ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu verpflichten, über sämtliche internen Vorgänge beim Arbeitgeber dauerhaft – auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses – zu schweigen. Das soll den Schutz der Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers sicherstellen. Solche Klauseln sind nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) allerdings unwirksam, weil sie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen unangemessen benachteiligen (BAG, Urteil v. 17. Oktober 2024, Az.: 8 AZR172/23).
Worum ging es vor dem BAG?
Im Fall, den das BAG zu entscheiden hatte, war ein Arbeitnehmer bis Ende 2016 als Produktentwickler bei seinem damaligen Arbeitgeber angestellt. Im Arbeitsvertrag war geregelt, dass er auch nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses über sämtliche Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, aber auch über den Inhalt des Arbeitsvertrages Stillschweigen bewahren sollte. Erfasst waren von dieser Geheimhaltungspflicht darüber hinaus auch alle sonstigen Vorgänge und Angelegenheiten des Arbeitgebers, die dem Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit bekannt wurden.
Lange nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, im Jahr 2018, bekam der Arbeitgeber Wind davon, dass sein ehemaliger Angestellter unter einem Pseudonym diverse E-Mails an ein Konkurrenzunternehmen verschickt hatte. In diesen Mails erwähnte der ehemalige Arbeitnehmer spezifische Details zu Produkten des alten Arbeitgebers. Der Arbeitgeber verlangte vom Arbeitnehmer die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, was dieser aber ablehnte.
BAG erklärt Catch-all-Klausel für unwirksam
Das BAG gab dem Arbeitnehmer Recht. Aus dem Arbeitsvertrag könne der Arbeitgeber keinen Anspruch auf Unterlassung herleiten. Durch die darin enthaltene uneingeschränkte Geheimhaltungsverpflichtung („Catch-all-Klausel“) werde der Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt im Sinne des § 307 Absatz 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Sie sei daher unwirksam.
Das Gericht ist der Auffassung, dass sich eine nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht nur auf ganz konkret definierte Geschäftsgeheimnisse beziehen könne. Darüber hinaus müsse der Arbeitgeber ein überwiegendes Interesse am Schweigen des Arbeitnehmers haben. Die vereinbarte Catch-all-Klausel schränke die Berufsfreiheit (Artikel 12 Absatz 1 Grundgesetz) des Arbeitnehmers übermäßig ein. Außerdem stehe sie im Widerspruch zu den Regelungen des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots im Handelsgesetzbuch (HGB), §§ 74 ff. HGB.
Die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ist nämlich u.a. von einer Entschädigungszahlung abhängig. Eine solche Zahlung war hier nicht vereinbart, dennoch wäre die Einschränkung des Arbeitsnehmers durch die Catch-all-Klausel für den Arbeitnehmer ähnlich weitreichend.
Ist kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart, darf der Arbeitnehmer in Wettbewerb zu seinem ehemaligen Arbeitgeber treten. Dabei darf er auf seine Erfahrungen und sein Wissen aus vorherigen Arbeitsverhältnissen zurückgreifen – auch auf sein Wissen aus Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen.
Was folgt aus dem Urteil des BAG?
Arbeitgeber sollten sich zukünftig gut überlegen, ob sie ein entschädigungspflichtiges nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbaren möchten – oder ob sie mit ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern jeweils einzelvertraglich verhandeln, über welche spezifischen Geschäftsgeheimnisse wie lange Stillschweigen gewahrt werden soll.
In Ihrem Arbeitsvertrag ist eine Geheimhaltungsklausel enthalten? Sie möchten wissen, ob diese wirksam ist? Ihre Standardverträge sind nach der Rechtsprechung des BAG eventuell in Teilen unwirksam? Sprechen Sie mich an! Ich prüfe gerne die Wirksamkeit arbeitsvertraglicher Klauseln und berate Sie zu ggf. erforderlichen Anpassungen. Sie erreichen mich unter der 040/413 46 98 97 oder per E-Mail info@cs-ra.de.
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