Versicherungsvertragsrecht im Überblick: Teil 1 – Anzeigepflichten

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Fast niemand ist heutzutage komplett unversichert. Aufgrund der Relevanz, Vielfältigkeit und Komplexität des Themenfeldes beschäftigen wir uns in einer mehrteiligen Serie mit dem Versicherungsvertragsrecht.

Versicherungsvertragsrecht – vorvertragliche Anzeigepflichten

Versicherungsnehmer müssen vor einem Vertragsschluss alle für den Versicherer relevanten Informationen preisgeben. Allerdings muss der Versicherer diese auch einzeln erfragen. Vergessene Informationen können im schlimmsten Fall zu hohen Rückzahlungen führen. Die Beweislast für ein Vergessen trägt immer der Versicherer.

Wer einen Vertrag schließt, tut dies in dem Glauben, die andere Partei wird ihre Leistungspflicht erfüllen. Oft basiert dieser Glaube auf dem Eindruck, den der Vertragspartner hinterlässt. Dieser entsteht durch sympathisches Auftreten und andere Faktoren. Versicherer müssen bei ihren Verträgen jedoch mehr berücksichtigen. Damit sie ihr Versicherungsunternehmen vernünftig führen können, müssen sie Berechnungen anstellen, wie viel sie ein Versicherungsnehmer wahrscheinlich kosten wird. Für diese Berechnungen brauchen sie möglichst viele Informationen des Versicherungsnehmers. Krankenversicherungen etwa zu Art und Länge bekannter Erkrankungen, Autoversicherer zur Anzahl der bisherigen Unfälle. Zu diesen sogenannten vorvertraglichen Anzeigepflichten, muss der Versicherungsnehmer Auskunft erteilen.

Nicht mitgeteilte Angaben können zu hohen Rückzahlungen führen

Gemäß § 19 VVG hat der Versicherungsnehmer vor einem Vertragsschluss alle für den Versicherer relevanten Informationen mitzuteilen. Da gewisse Informationen einen Vertragsschluss unwahrscheinlich machen, kann es für Versicherungsnehmer reizvoll wirken falsche Angaben zu machen. Wer dies jedoch tut, dem droht die Kündigung und unter gewissen Umständen sogar ein Rücktritt oder die Anfechtung. In letzteren Fällen verliert der Versicherungsnehmer den Versicherungsschutz nicht nur für die Zukunft, sondern auch für die Vergangenheit. Hat er in dem Zeitraum Leistungen erhalten, muss er diese zurückzahlen. Es sollten deswegen unter keinen Umständen falsche Angaben gemacht werden.

Versicherungsnehmer muss nur zu Erfragtem Angaben machen

Allerdings muss der Versicherungsnehmer nur Angaben machen die der Versicherer auch tatsächlich erfragt. Fragt beispielsweise eine private Krankenversicherung nicht nach den Rauchereigenschaften des Versicherungsnehmers, so muss dieser auch keine Angaben dazu machen.

Anzeigepflichtige Angaben müssen im Antragstext hervorgehoben sein

Versicherer müssen den Versicherungsnehmer zudem im Antragsformular darauf hinweisen, welche Folgen ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht haben kann. Dieser Abschnitt des Textes muss sich, laut einer jüngeren Entscheidung des BGH, von dem Rest des Textes in dem Antragsformular abheben.

Wer sich an Angaben hätte erinnern können, droht die Anfechtung

Vorsicht ist geboten, wenn man seine Angaben nicht ausreichend überdenkt oder Umstände vergisst. Eine Versicherungsnehmerin hatte in einem vom OLG Hamm verhandelten Fall, vergessen, dass sie an Wirbelsäulenbeschwerden litt. Sie gab jedoch zu, dass sie bei „zumutbarer Anstrengung“ sich an den erfragten Umstand hätte erinnern können. Dadurch nahm sie, nach Ansicht des Gerichts, zumindest billigend in Kauf, dass ihre Angaben falsch sein könnten und täuschte so den Versicherer arglistig. Dieser durfte den Versicherungsvertrag deswegen zu Recht anfechten.

Versicherer müssen Täuschungen nachweisen

Die Last einem Versicherungsnehmer eine solche Täuschung nachzuweisen, liegt beim Versicherer. Auch ein mit objektiv falschen Angaben ausgefülltes Antragsformular reicht nicht für den Urkundenbeweis aus, solange der Versicherungsnehmer glaubhaft machen kann, dass er gegenüber dem Agenten der Versicherung alle Angaben mündlich korrekt getätigt hat. In einem solchen Fall sind dann die mündlichen Angaben des Versicherungsnehmers ausschlaggebend.

Angaben sorgsam prüfen

Obwohl der Versicherer eine falsche Angabe beweisen muss, sollten Versicherungsnehmer dennoch ihre Angaben geflissentlich überprüfen. Diese können sonst zum Verhängnis werden. Wer auf seine mündlichen Angaben vertraut oder sorgfältig seine Angabe geprüft hat, muss sich keine Sorgen machen. Wenn ein Umstand nicht erfragt wird, so trägt der Versicherungsnehmer nicht die Verantwortung für die Nichterwähnung.

Wer wir sind

Die Rechtsanwaltskanzlei Benedikt-Jansen, Dorst und Kar ist auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert. Herr Rechtsanwalt Benedikt-Jansen ist seit 13 Jahren Vertrauensanwalt der Schutzgemeinschaft für Bankkunden e. V., einem staatlich anerkannten Verbraucherschutzverband zur Bekämpfung unredlicher Finanzdienstleister (z. B. aus dem Bankensektor, Kapitalanlagesektor, Versicherungen etc.). Die Schutzgemeinschaft für Bankkunden hat seit dem Jahr 2004 zehntausende Fälle rechtsmissbräuchlicher Vertragspraktiken (insbesondere unwirksame Vertragsklauseln) erfolgreich bekämpft. Seit 2010 ist Herr Benedikt-Jansen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. Er verfügt über einen außergewöhnlich umfangreichen Schatz an Erfahrungen auf dem Gebiet des bankenrechtlichen Verbraucherschutzes. Für weitere Informationen oder Fragen stehen er und sein Team Ihnen auf seiner Homepage zur Verfügung.


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