Versorgungsausgleich: Abänderung insbes. für Beamte und bei Mütter-Rente

  • 7 Minuten Lesezeit

Der Versorgungsausgleich ist, sofern nicht durch Ehevertrag ausgeschlossen, gesetzliche Folge eines Scheidungsverfahrens. Dabei werden die bei während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften zwischen den Ehegatten aufgeteilt.

Während dies vor der Neuregelung des VersAusglG eine komplizierte Angelegenheit war, bei der es nach der schwierigen Umwandlung aller Rechte in dieselbe Maßeinheit über Bilanzierung und letztendliche Verrechnung lediglich einen Berechtigten gab, wird bei Scheidungen, welche nach dem 01.09.2009 erfolgen, nunmehr jedes Anrecht einzeln zwischen den Ehegatten aufgeteilt.

Der jeweils ausgleichsberechtigte Ehegatte hat danach ein eigenständiges Anrecht auf spätere Rente gegen den Versorgungsträger.

Dies erfolgt grds. im Wege der sog. internen Teilung, d.h. der Begründung eines eigenständigen Anrechts für den anderen Ehegatten beim jeweiligen Versorgungsträger.

Z.B. hat ein Ehegatte Anrechte bei der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV), der andere Pensionsanwartschaften als Bundesbeamter, so erhält jeder Ehegatte die hälftigen Anrechte bei der GRV und die hälftigen Pensionsanwartschaften gegenüber dem Bund.

Ausnahmsweise ist eine sog. externe Teilung vorzunehmen, d. h. der Teilung des Anrechts und Begründung des hälftigen Anrechts bei der GRV. Häufigster Anwendungsfall sind Pensionsanwartschaften von Landesbeamten (z. B. Polizisten, Lehrer)

Z. B. hat ein Ehegatte Anrechte bei der GRV, der andere Pensionsanwartschaften als Landesbeamter, so behält der Beamte die Hälfte seiner Pensionsanwartschaften und erhält die hälftigen Anrechte aus der GRV seines Ehegatten. Dieser wiederum erhält zu der Hälfte seiner Anrechte aus der GRV die hälftigen Pensionsanwartschaften seines Ehegatten ebenfalls in der GRV.

Die in der Vergangenheit meist wertbeständigeren und auch in ihren Bezugsvoraussetzungen oder ihrer Höhe vorteilhafteren Pensionsanwartschaften gehen also zum Teil verloren und werden durch Anwartschaften in der GRV ersetzt.

Um dies zu vermeiden bietet sich ein Ausschluss des VA oder eine sog. Saldierungsabrede der Ehegatten im Rahmen einer ehevertraglichen Regelung an. Dies insbesondere, wenn beide Ehegatten Landesbeamte sind und auf beiden Seiten die Pensionsanwartschaften verloren gehen würden.

Dabei werden die Anrechte der Ehegatten (vergleichbar zur alten Regelung des VA) miteinander verrechnet und Pensionsanwartschaften lediglich in der der hälftigen Differenz beider Anrechte in die GRV übertragen.

Dies hat zur Folge, dass für den Nichtbeamten rechtlich kein Nachteil entsteht, da er ja weiterhin seine Anrechte bei der GRV behält und die auszugleichende Differenz weiterhin erhält. Der Beamte wiederum behält seine Pensionsanwartschaften anstatt Ersatz in der GRV zu erhalten.

Ein Anspruch des Landesbeamten gegen seinen Ehegatten auf Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung ist seitens der Rechtsprechung noch nicht geklärt, wird aber von einigen Stimmen der Rechtsprechung sowie der Literatur aufgrund des fehlenden rechtlichen Interesses des Ehegatten in der GRV bejaht.

Ähnlich liegt der Fall bei ausländischen Anwartschaften eines Ehegatten oder noch nicht verfestigten Anrechten (insbes. noch verfallbare Anrechte auf Betriebsrente), vor allem wenn diese auch als Einmalzahlung ausgekehrt werden können.

Diese unterliegen nicht dem öff. Versorgungsausgleich bei der Scheidung, d. h. der Teilung der Anrechte direkt beim Versorgungsträger, da eine Teilung insoweit zum Zeitpunkt der Scheidung oder seitens eines dt. Gerichts nicht möglich ist. Diese Anrechte sind im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zwischen den Ehegatten auszugleichen.

Dies bedeutet, dass der Ausgleichsberechtigte Ehegatte Anrechte, über die bei Scheidung noch nicht entschieden wurde, erst mit dem Rentenbezug beider Ehegatten (sog. Doppelter Rentenfall) als Anspruch gegen den ausgleichspflichtigen Ehegatten geltend machen kann.

Folge ist also, dass trotz rechtskräftiger Scheidung und ggf. bereits jahrzehntelanger Funkstille zwischen den Ex-Ehegatten nun doch noch Ansprüche gegeneinander geltend gemacht werden könnten und müssten.

Auch ist das Gericht lediglich verpflichtet auf diese noch nicht ausgeglichenen Anrechte in der Begründung des Scheidungsbeschlusses aufmerksam zu machen, nicht jedoch im Tenor. Die noch nicht ausgeglichenen Anrechte werden daher häufig auch vergessen und der berechtigte Ehegatte damit mangels entsprechender Geltendmachung „nachträglich“ übervorteilt.

Dies auch, wenn der im Rahmen der Scheidung durchzuführende Zugewinnausgleich bereits rechtskräftig entschieden ist und ein Ausgleich eines als Einmalzahlung ausgekehrten Anrechts insoweit nicht mehr erfolgt.

Des Weiteren erlischt gem. § 31 III VersAusglG der Anspruch auf schuldrechtlichen Versorgungsausgleich, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte vor dem Rentenfall stirbt. Diese gehen gerade nicht als Nachlassverbindlichkeit auf die Erben des Verpflichteten über.

Hier bietet es sich an mittels einer vertraglichen Vereinbarung die entsprechenden Anwartschaften gegen Abfindung vom VA auszuschließen oder die Vermögenswerte über den Zugewinnausgleich auszugleichen, um das Risiko eines Verlustes für den ausgleichsberechtigten Ehegatten zu mindern und eine finale Trennung der Ehegatten zu ermöglichen.

Dies ist gerade durch die Einbeziehung des VA in eine Gesamtregelung aller in Betracht kommenden Scheidungsfolgen ermöglicht.

Eine solche Vereinbarung zum Versorgungsausgleich bedarf zu ihrer Wirksamkeit der notariellen Beurkundung oder eines gerichtlichen Vergleichs unter anwaltlicher Vertretung beider Ehegatten.

Wichtiger sind jedoch die Fälle, in denen eine bereits ergangene Entscheidung zum VA abgeändert werden kann. Dies sind:

  • Anpassung wegen Unterhalt, § 33,34 VersAusglG
  • Anpassung wegen Invalidität der ausgleichsberechtigten Person oder einer für sie geltenden besonderen Altersgrenze, §§ 35,36 VersAusglG

Und v. a. hier näher erläutert:

  • Anpassung wegen Tod der ausgleichsberechtigten Person, §§ 37,38 VersAusglG

Es ist hierbei zu unterscheiden, ob der Tod

  • Vor Rechtskraft der Scheidung (und der VA-Entscheidung)
  • Nach Rechtskraft der Scheidung, aber vor Rechtskraft der VA-Entscheidung (z. B. im Falle einer abgetrennten VA-Sache oder einer Auslandsscheidung ohne Versorgungsausgleich)
  • Nach Rechtskraft der VA-Entscheidung

eingetreten ist.

Im 1. Fall findet kein weiterer VA statt. Vielmehr erhält der noch überlebende Ehegatte Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung, d. h. „Witwenrente“, ohne selbst Anrechte abgeben zu müssen.

Im 2. Fall kann der überlebende Ehegatte den Wertausgleich des VA von den Erben des verstorbenen Ehegatten geltend machen, § 31 VersAusglG. Die Erben selbst können keine Ausgleichsansprüche geltend machen.

Allerdings darf der überlebende Ehegatte nicht bessergestellt werden, als wenn der VA durchgeführt worden wäre. Hat also der überlebende Ehegatte die wertmäßig höheren Anrechte, darf aber seine Anrechte vollumfänglich behalten, kommt kein weiterer Anspruch auf Wertausgleich in Betracht. Der überlebende Ehegatte mit den wertmäßig niedrigeren Anrechten hingegen kann die sich nach einer dann vorzunehmenden Gesamtsaldierung aller Rechte ergebende Ausgleichswertdifferenz verlangen.

Im 3. Fall ist wiederum zu unterscheiden:

  • Liegt eine Altentscheidung zum VA vor dem 31.08.2009 vor und hat der überlebende Ehegatte eine Abänderungsmöglichkeit i. S. d. § 51 VersAusglG?

Bei einer wesentlichen Wertänderung eines in die VA-Entscheidung einbezogenen Anrechts nimmt das Gericht auf Antrag eine „Totalüberholung“ der damaligen VA-Entscheidung nach den neuen gesetzlichen Regelungen vor, d. h. das Gericht entscheidet in Altfällen neu über den VA nach neuem Recht und alle dabei zu erfassenden Anrechte.

Hierbei kann insbesondere die Regelung des § 31 VersAusglG jedoch nicht außer Betracht bleiben (BGH FamRZ 2018, 1238, und ganz aktuell BGH, Beschluss vom 05.02.2020, Az. XII ZB 147/18).

Folge ist, dass bereits auf den verstorbenen Ehegatten übertragene Anrechte für die Zukunft ab Antragstellung zurückverlangt werden können und zusätzlich gegenüber dessen Erben ggf. ein weiterer Wertausgleich erreicht werden kann (s.o.).

Dies kann im Einzelfall sogar zu einer Umgehung der insoweit einschränkenden Vorschrift des § 37 II VersAusglG führen, dass der verstorbene Ehegatte lediglich für max. 36 Monate Leistungen seitens des Versorgungsträgers bezogen haben darf (hierzu gleich).

Eine wesentliche Wertänderung i. S. d. § 51 VersAusglG liegt insbesondere vor bei:

  • Erhebliche Änderung der Wertverhältnisse einer betrieblichen Altersvorsorge aufgrund nicht eingetretener Prognoseentscheidungen
  • Änderungen der Versorgungsordnungen, z. B. Beamtenversorgung von 75 % auf 71,75 % (§ 14 I 1 BeamtVG)
  • Erhöhung durch rückwirkende Einführung der Mütterrente
  • Nachträgliche Mindestbewertung von Pflichtbeiträgen zur GRV
  • Nachträgliche Herabsetzung der Bewertung von Ausbildungszeiten

Aber: Nach neuester Entscheidung des BGH vom 17.11.2021 (Az.: XII ZB 375/21) kommt eine Abänderung einer Altentscheidung durch den überlebenden, insgesamt ausgleichspflichtigen Ehegatten nur in Betracht, wenn die Wertänderung zugunsten des antragstellenden Ehegatten sich verbessert. Zu betrachten ist dabei die Gesamtbetrachtung des Ausgleichsergebnisses, das sich hypothetisch im Falle einer Totalrevision ergeben hätte. Hierbei ist die Frage der Anwendung des § 31 I 2 VersAusglG außer Betracht zu lassen. Die Anwendung desselben ist nur die Folge, soweit eine Abänderung nach der entsprechenden Entscheidung überhaupt in Betracht kommt.

Ist das Gesamtsaldo für den antragstellenden Ehegatten ungünstig, genügt auch eine im Einzelnen positive Veränderung eines Anrechts nicht für eine Abänderung und der zeitgleichen Anwendung des § 31 I 2 VersAusglG.

Das OLG Koblenz hat dies im Beschluss vom 19.02.2021 noch anders beurteilt.

Die Möglichkeit der Abänderung von Altfällen dürfte sich dadurch wesentlich erschwert haben.


  • Liegt kein Altfall vor, sondern eine bereits rechtskräftige Entscheidung zum VA nach dem 01.09.2009 kommt gem. §§ 225, 226 FamFG lediglich eine Abänderung im Hinblick auf das Anrecht in Betracht, deren Wert sich wesentlich geändert hat.


  • Liegt hingegen keine wertmäßige Änderung eines Anrechts vor, kommt eine Abänderung einer rechtskräftigen VA-Entscheidung lediglich im Rahmen der §§ 32ff. VersAusglG in Betracht.

Demnach ist eine Härtefallabänderung möglich, wenn Anrechte des Ausgleichspflichtigen aufgrund des VA dauerhaft gekürzt werden, ohne dass der Berechtigte hieraus angemessene Leistungen erhält. In diesen Fällen kann die vorgenommene Kürzung auf Antrag für die Zukunft aufgehoben werden.

Diese sieht sich jedoch strengeren Voraussetzungen als Einschränkung einer Anpassungsmöglichkeit gegenüber, wie z. B. § 37 II VersAusglG:

Die Anpassung einer Kürzung aufgrund Todes des ausgleichsberechtigten Ehegatten „findet nur statt, wenn [diese] die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht nicht länger als 36 Monate bezogen hat.“

Gerne überprüfen wir bereits ergangene Entscheidungen zum Versorgungsausgleich auf Möglichkeiten der Abänderung und die Chance auf mehr Rente für Sie.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Franziska Lechner

Beiträge zum Thema