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Versteigerung, Wiederversteigerung, nicht bezahlte Gebote

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Der Bundesgerichtshof hatte in einer jetzt veröffentlichten Entscheidung vom 22.02.2019 zum Az. V ZR 244/17 über einen Fall zu entscheiden, der in dieser Konstellation ausgesprochen selten, sogar kurios ist. Hintergrund war die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft. Es wurde mit vermeintlich guten Tricks versucht, einen Erben mittels der Teilungsversteigerung (Versteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft) seiner Rechte zu berauben.

In einem Termin zur Versteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft wurde ein wirksames Gebot abgegeben und die beantragte Sicherheitsleistung erbracht. Das Bargebot wurde zum Verteilungstermin allerdings nicht geleistet. In der daraufhin weiter beantragten Wiederversteigerung wurde erneut ein Gebot abgegeben, bei dem abermals das Bargebot nicht geleistet worden ist.

Der durch Zuschlagsbeschluss jeweils formal eingetragene Eigentümer (Meistbietender) hat sodann nachteilige Verfügungen zulasten eines Mitglieds der Erbengemeinschaft (vormaliger Eigentümer) getätigt. Nunmehr versuchte der Kläger (hier der Ersteher), seinen Miterben in einem Klageverfahren aus der vormals bestehenden Rechtsstellung heraus zu drängen. Der Miterbe wehrte sich mit dem Argument, dieses sei doch ein abgekartetes Spiel „einer Bande“ gewesen.

Das vorgenannte Urteil des Bundesgerichtshofes eröffnet die Möglichkeit, über viele Fehler im Rahmen der Erbauseinandersetzung von Erbengemeinschaften (Gesamthandsgemeinschaft, Bruchteilgemeinschaft), Abschluss von Vergleichen, Verfahrensregelungen in der Zwangsversteigerung in der Teilungsversteigerung (Versteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft) sowie der Wiederversteigerung zu diskutieren. Gegenstand der nachstehenden Darstellung sind Feststellungen des Gerichtes zu nicht ernst gemeinten Geboten, zur Wiederversteigerung und zu Schadensersatzansprüchen pp. sein.

Im Kern stellt der BGH zwei Dinge fest:

  •  „Wer in der Zwangsversteigerung ein Gebot in der Absicht abgibt, das Bargebot nicht zu entrichten oder zu hinterlegen, handelt sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB. (Leitsatz)“
  •  „Dann wäre der Kläger gemeinsam mit der Drittwiderbeklagten zu 2 dem Beklagten zu 1 im Wege des Schadensersatzes nach §§ 826, 830 Abs. 1, § 840, § 249 Abs. 1 BGB zur Rückübertragung des lastenfreien Eigentums an den Grundstücken verpflichtet. (Rdn. 25)“

Ein häufig erteilter Ratschlag von sog. „Versteigerungsverhinderern“ ist die Abgabe eines Gebotes, in dem Wissen, dass dieses nicht bezahlt wird und werden kann. Hierdurch erlange man die Eigentümerstellung und könne dadurch den Zugriff Dritter abwehren, zumindest erschweren.

Richtig ist Folgendes:

  • Wenn ein Zuschlag erteilt worden ist, kann dieser nur durch eine Beschwerde aus der Welt geschafft werden. Hierzu bedarf es sachlicher oder verfahrensrechtlicher Einwände dergestalt, dass das Verfahren formal nicht richtig geführt worden ist. Beispiele sind ein fehlerhafter Vollstreckungstitel, eine falsche Berechnung des geringsten Gebotes, die Nichtbeachtung der Rechte Beteiligter pp. Diese Rechte können allerdings nur innerhalb einer Notfrist von 2 Wochen von einem Verfahrensbeteiligten geltend gemacht werden.

Wird der Zuschlag nach Ablauf der Beschwerdefrist rechtskräftig, steht er „wie in Stein gemeißelt“ dar. Der Zuschlag ist ein rechtsgestaltender Hoheitsakt. Dieser steht unabhängig vom Eigentum des ursprünglichen Schuldners und ohne Rücksicht auf den guten oder bösen Glauben Dritter im Raum. Nur in ganz seltenen Ausnahmefällen kann dieses Prinzip durchbrochen werden.

  • Auch wenn das Eigentum wechselt, verlieren die betreibenden Gläubiger dennoch nicht ihre Rechte. Die Forderung der Gläubiger gegen den Ersteher wird gem. § 118 ZVG auf diese Gläubiger übertragen. Gemäß den gesetzlichen Regelungen kann die sog. Wiederversteigerung aus dem Zuschlagsbeschluss und der übertragenen Forderung gegen den Ersteher eingeleitet werden.
  • Das nichtbezahlte Bargebot kann mittels eines vollstreckbaren Zuschlagsbeschlusses auch im Wege der Vollstreckung in das persönliche Vermögen (z. B. Kontopfändung, Vermögensauskunft) durchgesetzt werden.
  • Auch der ursprüngliche Schuldner wird bezüglich seiner Verpflichtung in Höhe des Gebotes nicht von seiner Schuld befreit. Gemäß § 118 Abs. 2 ZVG wirkt die Übertragung der Forderung auf die berechtigten Gläubiger wie eine Befriedigung aus dem Grundstück, nicht allerdings dann, wenn vor Ablauf von 3 Monaten die sog. Wiederversteigerung beantragt wird.

Der Schuldner und ursprüngliche Eigentümer wird folglich weder seine Schulden los, noch kann er sein Eigentum für sich z. B. durch eine Vereinbarung mit dem Ersteher retten. Es gibt lediglich einen kleinen Zeitaufschub, welcher allerdings mit immensen Kosten und Unannehmlichkeiten verbunden ist. Selbst der Abschluss von den vom Gläubiger benachteiligenden Mietverträgen (Mietvorauszahlungen pp.) kann durch den betreibenden Gläubiger durch die sog. Zwangsverwaltung gegen den Ersteher (gerichtliche Verwaltung) verhindert werden.

Aber auch dem nichtzahlungswilligen Ersteher drohen erhebliche Sanktionen:

  • Zum einen kann nach der nun vorliegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofes ein Beteiligter dem formalen Eigentümer bei der Geltendmachung angeblicher Ansprüche entgegenhalten, er handele rechtsmissbräuchlich. Damit ist dieser gehindert, seine Rechte durchzusetzen.
  • Darüber hinaus bestätigt der Bundesgerichtshof den Anspruch nach § 826 BGB. Danach ist derjenige, welcher einen anderen in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zufügt, diesem zum Schadensersatz verpflichtet.
  • Weiterhin haben bereits diverse Strafgerichte entschieden, dass in der Abgabe eines Gebotes ohne das Bargebot zu zahlen, auch ein strafrechtlich relevantes Verhalten liegen kann (z. B. Vollstreckungsvereitelung).

Der Bundesgerichtshof hat für den Geschädigten zusätzlich die gerichtliche Durchsetzung vereinfacht. Grundsätzlich hat der Geschädigte im Rahmen seiner Darlegungs- und Beweislast die anspruchsbegründenden Tatsachen, also die vorsätzlich sittenwidrige Schädigung, nachzuweisen. Der Bundesgerichtshof führt hier wie folgt aus:

 „Ein solcher Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung bzw. einen Schädigungsvorsatz nach § 826 BGB ist auch gerechtfertigt bei einem Bieter, der bei der Abgabe eines Gebots in einem Zwangsversteigerungstermin vermögenslos ist oder bereits in anderen Zwangsversteigerungsverfahren den Zuschlag erhalten, das Bargebot aber nicht rechtzeitig vor dem Verteilungstermin entrichtet hat und zum anderen auch in dem in Rede stehenden Verfahren das Bargebot nicht rechtzeitig entrichtet. Das Zusammentreffen dieser Umstände rechtfertigt die tatsächliche Vermutung, dass der Bieter schon bei der Abgabe des Gebots beabsichtigte, das Bargebot nicht zu entrichten oder zu hinterlegen. (Rdn. 39)“

Legt der Geschädigte solche Umstände dar, die vielfältiger Art, nicht nur der in dem Urteil beschriebenen, sein können, hat der Schädiger substantiiert darzulegen, dass ein schädigendes Verhalten nicht vorlag. Dieses ist ein erheblicher Vorteil für den Klagenden im Rahmend der Beweislastverteilung.

Im Gegensatz zu den fragwürdigen Tricks im vom BGH zu behandelnden Fall gibt es dagegen viele Möglichkeiten, ein Zwangsversteigerungsverfahren oder ein Teilungsversteigerungsverfahren positiv und rechtlich zulässig zu beeinflussen. Auch für Gläubiger oder andere Beteiligte kann bereits durch die Vertretung im Vorfeld der Versteigerung oder im Zwangsversteigerungstermin durch umsichtige anwaltliche Begleitung z. B. eine Schädigung durch nichtzahlungswillige Bieter verhindert werden.

Wir beraten Sie gerne.



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