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Verwalter zu Unrecht entlastet – Anfechtung möglich? Und was ist das Vertrauen in ihn wert?

  • 3 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

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Alle Jahre wieder entscheiden Wohnungseigentümer über die Entlastung ihres WEG-Verwalters. Dabei geht es um mehr als eine bloße Formalie. Denn ist der Verwalter entlastet, scheitern nachträgliche Ansprüche gegen ihn. Für Fehler des Verwalters zahlen dann die Wohnungseigentümer. Und das ist nicht die einzige Folge der Entlastung. Allerdings kann schnelles Handeln Schlimmeres verhindern.

Für Klage gegen Entlastung ist nur ein Monat Zeit

Denn Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) sind nicht gleich in Stein gemeißelt. Sie können angefochten werden. Bei erfolgreicher Anfechtung wird der Beschluss so behandelt, als ob er nie erfolgt wäre. Das gilt auch für den Beschluss, mit dem die Eigentümerversammlung dem Verwalter die Entlastung erteilt. Der Verwalter ist für die Anfechtung aber die vollkommen falsche Adresse.

Stattdessen muss zumindest ein Wohnungseigentümer Anfechtungsklage beim Amtsgericht erheben, in dessen Bezirk das Grundstück der WEG liegt.

Wichtig: Die Klage muss unbedingt innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung bei Gericht eingehen. Sonst wird der Beschluss und damit auch die Entlastung bestandskräftig.

Innerhalb von zwei Monaten nach der Beschlussfassung ist die Klage außerdem zu begründen. Dazu sind die gegen die Entlastungserteilung sprechenden Gründe darzulegen und zu beweisen. Auch diese Frist ist unbedingt einzuhalten, damit der Beschluss keine Bestandskraft erlangt.

Berufung möglich

Weist das Amtsgericht die Klage ab, weil der Richter sie für unberechtigt hält, ist es noch nicht vorbei. Es besteht immer noch die Möglichkeit, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen. Häufig erfolgt das durch Berufung, über die das übergeordnete Landgericht verhandelt.

Bevor das Landgericht die Berufung verhandelt, prüft es erst, ob sie zulässig ist. Folgendes ist dafür vor allem mitentscheidend:

Grundsätzliche Bedeutung oder …

Entweder hat das Amtsgericht die Berufung in seinem Urteil ausdrücklich zugelassen. Dafür müsste der Streit grundsätzliche Bedeutung haben, was eher selten der Fall ist. Denn dazu müsste der Sachverhalt eine bislang ungeklärte Rechtsfrage aufwerfen, die zugleich für eine unbestimmte Zahl gleich gelagerter Fälle bedeutsam wäre.

… Streitwert über 600 Euro

Oder der Streitwert der Klage übersteigt 600 Euro. Dann bedarf es keiner besonderen Bedeutung des Falls. Doch wonach richtet sich der Streitwert in solchen Fällen? Hat der entlastete Verwalter fehlerhaft abgerechnet, entspricht der Streitwert der Höhe des gegen ihn möglichen Schadensersatzanspruches. Zu berücksichtigen ist dabei aber der Miteigentumsanteil des Klägers. Beträgt der Anteil beispielsweise 100/1000, ergibt sich bei einer fehlerhaften Abrechnung in Höhe von 5000 Euro ein Streitwert von 5000x100/1000 = 500 Euro. Für die Berufung, deren Zulässigkeit einen Streitwert von mindestens 600,01 Euro verlangt, ist das zu wenig.

Fehlendes Vertrauen in den Verwalter erhöht Streitwert

Daneben gibt es jedoch einen weiteren Umstand, der den Streitwert beeinflusst. Die Entlastung bezweckt zudem, dem Verwalter das Vertrauen auszusprechen. Dieses Vertrauen hat als Grundlage für die weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit ebenfalls einen Wert. Für den Bundesgerichtshof (BGH) ist dieser mit 1000 Euro anzusetzen, wenn besondere Anhaltspunkte für einen höheren Wert fehlen. Mit diesem Streitwert wäre die Hürde für die Berufung übersprungen.

Damit das Gericht diesen Streitwert auch festsetzt, darf kein Vertrauen in den Verwalter mehr bestehen. Zweifelt man als Kläger daher die Arbeit des Verwalters nicht an, geht das Gericht von einem geringeren Streitwert aus (BGH, Beschluss v. 17.03.2016, Az.: V ZB 166/13).

Weitere Folgen der Entlastung

Besser als im Nachhinein gegen die Entlastung gerichtlich vorzugehen, ist es, sie im Vorfeld gut zu bedenken. Der WEG-Verwalter hat keinen gesetzlichen Anspruch auf Entlastung. Ein solcher Anspruch kann sich jedoch aus dem Verwaltervertrag ergeben. Drängt der Verwalter auf seine Entlastung, sollte das Wohnungseigentümer in jedem Fall skeptisch machen.

Mitglieder einer WEG sollten sich die weiteren Folgen einer Entlastung vor Augen führen. Soll der Verwalter abberufen werden, lässt sich das nicht mehr auf Gründe stützen, wegen derer er entlastet wurde. Außerdem ist der Verwalter nicht mehr zur Auskunft über sein Handeln verpflichtet, wenn er entsprechend entlastet wurde.

Fazit: Die Entlastung des Verwalters ist mehr als eine Formalie. Bei Nachteilen ist sie ggf. gerichtlich anzufechten. Dabei hat auch ein fehlendes Vertrauen in den Verwalter einen für das Verfahren wichtigen Wert, den der BGH mit 1000 Euro beziffert.

(GUE)

Foto(s): ©Fotolia.com

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