Von Polizei festgenommen – was soll ich tun? Verhaltenstipps bei Festnahme durch Polizei

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Für wohl die meisten Menschen ist die Festnahmesituation durch die Polizei eine Ausnahmesituation und kann ganz schön beängstigend sein. In solchen Momenten ist es wichtig, ruhig zu bleiben und sich richtig zu verhalten, um Konflikte zu vermeiden und seine Rechte schützen zu können.

Die nachfolgenden Punkte sollten Sie in einer Festnahmesituation mit der Polizei beachten, um mit dieser angemessen umzugehen. 


1. Ruhe bewahren

Es ist entscheidend, ruhig zu bleiben. Ein respektvolles Verhalten gegenüber den Polizeibeamten kann maßgeblich dazu beitragen, die Situation zu deeskalieren und Missverständnisse zu vermeiden. 


2. Kommunikation und Kooperation

Es ist wichtig, klar und höflich mit den Polizeibeamten zu kommunizieren. 

Beantworten Sie die Fragen der Polizeibeamten ehrlich und direkt, aber nur, solange Sie sich nicht selbst dadurch belasten! Allgemein gilt: Werden Sie als Beschuldigter von der Polizei festgenommen, sollten Sie lieber schweigen und möglichst zeitnah einen Anwalt kontaktieren. Fordern Sie dieses Recht unbedingt ein! Oftmals ist den Beschuldigten zum Zeitpunkt der Festnahme nicht klar, welcher Tatvorwurf ihnen gemacht wird. Unüberlegte Äußerungen können dazu führen, dass der Tatvorwurf gestärkt wird, da diese genau dokumentiert werden. Dabei haben Sie ein umfassendes Schweigerecht als Beschuldigter einer Straftat. Haben Sie aber erst einmal etwas gesagt, steht diese Aussage im Raum und ist mitunter schwer bis gar nicht mehr „wegzuverteidigen“.


Polizeibeamte versuchen oft, den Festgenommenen durch ein lockeres Gespräch dazu zu bringen, sich selbst zu belasten. Dies geschieht meist unbewusst. Es ist deshalb ratsam, bei einer Festnahme oder auch einer Wohnungsdurchsuchung keinen Smalltalk zu führen. Nach der Festnahme wird der Betroffene zur Polizeidienststelle gebracht, wo eine förmliche Vernehmung stattfindet. Auch hier sollten Sie standhaft bleiben und weiterhin von dem Aussageverweigerungsrecht gebrauch machen.


Versprechungen von Polizisten sollten mit äußerster Vorsicht betrachtet werden. Die Entscheidung über die Freilassung und den Verfahrensausgang liegt nicht bei den Polizeibeamten, sondern alleine bei dem Ermittlungsrichter. 


3. Rechte einfordern

Als Bürger haben Sie bestimmte Rechte. Fragen Sie nach dem Grund für Ihre Festnahme. Verlangen Sie einen Anwalt und machen Sie keine Aussage ohne vorherige rechtliche Beratung. Die Polizei ist verpflichtet, Ihnen Ihre Rechte zu erklären. 


4. Körperliche Interaktion vermeiden

Versuchen Sie körperliche Interaktion mit den Polizeibeamten zu vermeiden. Widerstand oder Flucht könnte die Situation verschlimmern und zusätzliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. 


5. Notwendigkeit der Zusammenarbeit

Eine gewisse Zusammenarbeit mit den Polizeibeamten ist bei einer Festnahmesituation unumgänglich. Beachten Sie jedoch, dass dies nicht bedeutet, dass Sie auf Ihre Rechte verzichten müssen. 


Das Schweigen gilt „nur“ in Bezug auf die Sache, also den konkreten Tatvorwurf. Der Festgenommene ist auch als Beschuldigter dennoch verpflichtet, der Polizei gegenüber Angaben zu seiner Person zu machen. Dazu zählt der Name, die Anschrift, das Geburtsdatum und -ort, die Staatsangehörigkeit, der Familienstand und der Beruf. 


Wieso wurde ich von der Polizei festgenommen?

Eine Festnahme kann entweder vorläufig oder aufgrund eines Haftbefehls erfolgen. 

Eine vorläufige Festnahme nach § 127 StPO kann in Betracht gezogen werden, wenn eine Person unmittelbar während oder nach einer Straftat ergriffen wird und Fluchtverdacht besteht oder die Identität des Täters nicht festgestellt werden kann

Alternativ wird eine Person aufgrund eines Haftbefehls vor der Polizei gesucht und festgenommen. Ein Haftbefehl wird auf Antrag der Staatsanwaltschaft vom Ermittlungsrichter erlassen, wenn der Beschuldigte dringend verdächtigt wird, eine Straftat begangen zu haben, und ein Haftgrund vorliegt. Mögliche Haftgründe sind: 

  • Fluchtgefahr,
  • Flucht,
  • Verdunklungsgefahr und
  • die Wiederholungsgefahr gem. §§ 112, 112a StPO. 

Ihnen muss bei der Verhaftung eine Abschrift des Haftbefehls ausgehändigt werden oder es muss Ihnen unverzüglich mitgeteilt werden, welcher Tatvorwurf gegen Sie erhoben wird und welche Gründe für die Festnahme vorliegen. 

Auch hier sollten Sie unverzüglich einen Anwalt kontaktieren und keine Aussage tätigen!


Wie lange darf ich festgenommen werden?

Nach einer Festnahme muss der Betroffene innerhalb von 24 Stunden dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden. In diesem Vorführtermin entscheidet der Ermittlungsrichter, ob der Betroffene in Untersuchungshaft genommen oder wieder freigelassen wird. 


Wie bekomme ich einen Verteidiger?

Wer bereits einen Strafverteidiger kennt, darf diesen telefonisch kontaktieren.

In anderen Fällen ist es die Aufgabe der Polizei, bei der Auswahl eines Verteidigers zu helfen. Außerhalb der regulären Bürozeiten, also nachts oder am Wochenende, kann der Strafverteidigernotruf kontaktiert werden. 

Sobald ein Strafverteidiger kontaktiert wurde, wird dieser Einsicht in die Ermittlungsakte beantragen und mit Ihnen eine geeignete Verteidigungsstrategie besprechen. 

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