Vorfälligkeitsentschädigung! Was ist das und wie berechnet sie sich?

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Vorfälligkeitsentschädigung

Den Begriff kennen die meisten Verbraucher und einige haben bereits auch die schmerzhafte Erfahrung gemacht, eine solche leisten zu müssen. Doch was ist eine Vorfälligkeitsentschädigung eigentlich und wie berechnet sie sich?

Dies möchten wir in diesem Anwaltstipp erläutern.

Der Begriff der Vorfälligkeitsentschädigung findet sich in § 490 Abs. 2 BGB und § 502 BGB. Die speziellere Norm des § 502 BGB regelt die Vorfälligkeitsentschädigung für sog. Verbraucherdarlehensverträge, die sich in Allgemein- und Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge unterteilen. Dabei sind letztere solche, die durch ein Grundpfandrecht gesichert sind.

Werden solche Verbraucherdarlehensverträge nach den Vorgaben des § 500 BGB während einer vereinbarten Zinsbindungsperiode vorzeitig zurück bezahlt, so ist eine Vorfälligkeitsentschädigung zu leisten.

Eine vorzeitige Rückzahlung bei Immobiliar-Verbraucherdarlehen nur bei Vorliegen eines "berechtigten Interesses" des Darlehensnehmers zulässig. Dies entspricht sachlich der Regelung des § 490 Abs. 2 BGB, der für andere Darlehen unter diesen Voraussetzungen ein außerordentliches Kündigungsrecht gegen Vorfälligkeitsentschädigung vorsieht.


Wie berechnet sich die Vorfälligkeitsentschädigung

Zwar sagt die gesetzliche Regelung in § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB bzw. § 502 Abs. 1 Satz 1 BGB, dass dem Darlehensgeber, also regelmäßig der Bank ein Anspruch auf Ersatz des Schaden zusteht, der durch die vorzeitige Rückzahlung bzw. Kündigung entsteht. Keine Aussagen trifft das Gesetz aber dazu, wie dieser Schaden zu berechnen ist. Allein für die Allgemein-Verbraucherdarlehen trifft § 502 Abs. 3 eine betragsmäßige Begrenzung nach oben.

Für die praktisch relevantesten Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge gibt es eine solche Deckelung nicht.

Da eine Berechnungsmethode nicht gesetzlich vorgegeben ist, muss die Berechnung der Bank nur den Anforderungen der Rechtsprechung genügen.

Dabei hat die Rspr des BGH zwei Methoden abgesegnet. Die sog. Aktiv-Aktiv und die Aktiv-Passiv-Methode.

Dies bedeutet vereinfacht, dass die Bank die ausfallenden Zinsen des Darlehensvertrags bis Zinsbindungsende (Aktiv) mit den Zinsen vergleicht, die sie durch die Wiederanlage des vorzeitig erlangten Betrags in andere Darlehen an Kunden (Aktiv) oder aber in sichere Anlagen am Kapitalmarkt, mithin laufzeitkongruente Pfandbriefe (Passiv) vergleicht.

Dieser Zinsverschlechterungsschaden wird dann abgezinst und um ersparte Verwaltungs- und Risikokosten (regelmäßig minimal) reduziert. In der Regel schlagen die Banken dann noch eine Gebühr oder Pauschale für die Berechnung und den Aufwand der vorzeitigen Ablösung zu.

Da die Aktiv-Aktiv-Methode für die Bank natürlich schlechter ist, da die Zinsen bei Wiederausreichung an Kunden höher sind als am Kapitalmarkt, wählen Banken immer die Aktiv-Passiv-Methode, ungeachtet der tatsächlichen Verwendung des Geldes.

Man kann natürlich mit guten Argumenten bezweifeln, ob dieser letztlich fiktiv berechnete Schaden angemessen ist. Eine solche fiktive Schadensberechnung ist letztlich einzigartig im deutschen Recht und wird nur Banken zugestanden. Allerdings hat der BGH dies in stRspr den Banken zugestanden.

Dabei ist allerdings wichtig, dass die Bank nur die entgangenen Zinsen ansetzen darf, die Teil ihrer gesicherten Zinserwartung sind. Sie muss daher vereinbarte Sondertilgungen und auch Tilgungssatzanpassungsrechte so behandeln, als würden diese (fiktiv) vollständig und zum frühestmöglichen Zeitpunkt) vom Darlehensnehmer genutzt. Diese klare Rspr des BGH wird leider immer noch nicht vollständig von Banken unaufgefordert umgesetzt.


Aktuelle Problemfelder

Aktuell kommen allerdings weitere Streitfragen hinzu. 

Da die Wiederanlagezinsen am Kapitalmarkt bei Pfandbriefen aktuell massiv negativ sind, führt die Aktiv-Passiv Methode dazu, dass die Banken als Vorfälligkeit mehr als die bis Zinsende berechtigterweise erwarteten Zinsen verlangen.

Dies macht aktuell regelmäßig 20 % und mehr der verlangte Vorfälligkeit aus. Nach zahlreichen relevanten Stimmen der juristischen Literatur ist dies mindestens bei Verträgen, die ab dem 21.03.2016 abgeschlossen wurden unzulässig, da ab diesem Zeitpunkt die Wohnimmobilienkreditrichtlinie in nationales Recht umgesetzt wurde und der Ansatz von Negativzinsen den Vorgaben der Richtlinie widerspreche.


Prüfung durch Spezialisten

Eine Vorfälligkeit sollte daher immer überprüft werden, da der Anspruch der Bank auf eine Vorfälligkeitsentschädigung auch vollständig ausgeschlossen sein kann, wenn im Vertrag die Angaben über die Laufzeit des Vertrags, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind, § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB.

Auch eine bereits gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung kann so ganz oder teilweise zurück gefordert werden.

Gerne prüfen wir auch Ihren Vertrag zunächst im Rahmen einer kostenfreien Ersteinschätzung. Wir haben die Erfahrung von inzwischen weit über 1.000 geprüften Darlehensverträgen. Wir stellen zudem kostenfrei die Deckungsanfrage bei Ihrer Rechtsschutzversicherung.

Sebastian Koch

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

Foto(s): © SALEO Rechtsanwälte

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