vorgetäuschte Eigenbedarfskündigung

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Warum wird Eigenbedarf vorgetäuscht?

Verhält sich ein Mieter vertragstreu, zahlt also etwa stets pünktlich die Miete, sieht das deutsche Recht nur wenige Möglichkeiten für den Vermieter vor, ein Mietverhältnis zu beenden. Eine wichtige Ausnahme ist § 573 a BGB, falls Mieter und Vermieter gemeinsam in einem Zwei-Parteien-Haus leben. Dann kann der Vermieter ohne einen besonderen Grund kündigen, die gesetzliche Kündigungsfrist von 3, 6 oder 9 Monaten - je nach Dauer des Mietverhältnisses - verlängert sich jedoch um 3 zusätzliche Monate. Auch bei einem beabsichtigten Verkauf bleibt das Mietverhältnis nach dem Rechtsgrundsatz des § 566 BGB "Kauf bricht nicht Miete" bestehen. Eine Kündigung, um eine höhere Neuvertragsmiete durchzusetzen, ist ebenfalls nicht möglich. Möchte der Vermieter also einen unliebsamen Mieter loswerden, dann erscheinen Eigenbedarfs- oder Verwertungskündigung oft als die einzige Möglichkeit. Dies mag dazu verleiten, eine Eigenbedarfskündigung zu konstruieren.


Was kann ein Mieter tun, wenn er den Eigenbedarf für vorgetäuscht hält?

Jeder Mieter sollte den Eigenbedarfswunsch zunächst überprüfen. Der Vermieter ist gehalten, diesen sehr konkret mitzuteilen, so dass dem Mieter eine Überprüfung auch tatsächlich möglich sein sollte.  Vieles lässt sich im Internet recherchieren, etwa wo eine Person beschäftigt ist und ihren Lebensmittelpunkt hat. In jedem Fall muss der Vermieter mitteilen, für wen der Eigenbedarf besteht und wieso dieser die Wohnung benötigt und ggf. auch warum dieser einen Umzug plant. Hierfür kann es natürlich triftige Gründe wie eine bevorstehende Scheidung der Bedarfsperson, einen beruflich bedingten Ortswechsel oder eine Familiengründung geben.

Ergeben sich am Eigenbedarf aber erhebliche Zweifel, sollte der Mieter diese mitteilen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit verlangen. 

Ist der Eigenbedarf plausibel dargestellt, dann ist der Mieter allerdings auch verpflichtet, umgehend mit der Wohnungssuche zu beginnen. 

Unabhängig davon kann und sollte der Mieter fristgerecht den Härtewiderspruch nach § 574 BGB erheben, wenn die Kündigung für ihn oder seine Familie eine nicht zu rechtfertigende Härte bedeutet. 


Was passiert, wenn der Mieter "freiwillig" auszieht, aber später bemerkt, dass der Eigenbedarf vorgetäuscht war?

Nicht selten passiert es, dass die pflichtgemäß vom Mieter begonnenen Wohnungssuche erfolgreich ist und der Mieter dann entweder einem Aufhebungsvertrag zustimmt oder aber selber kündigt (was er jederzeit mit 3 monatiger Frist tun kann), um die Belastung mit doppelten Mieten zu vermeiden und einen angebotenen neuen Mietvertrag kurzfristig annehmen zu können.

Stellt sich dann nach Auszug heraus, dass der Eigenbedarf vorgetäuscht war  und das Objekt z.B. teurer neu vermietet oder im leeren Zustand zum Verkauf angeboten wird, dann kann trotzdem ein Schadensersatzanspruch entstehen. Es ist hier nämlich davon auszugehen, dass die Kündigung des Vermieters kausal für alle weiteren Schritte des Mieters wie Wohnungssuche und Abschluss eines neuen Mietvertrages war, so dass auch eine eigene Kündigung des Mieters den Kausalzusammenhang nicht unterbricht. 

Vorsicht ist geboten bei Aufhebungsverträgen: Unterschreibt der Mieter eine Abgeltungsklausel und verzichtet auf weitergehende Schadensersatzansprüche oder lässt er sich eine signifikante Umzugsbeihilfe bezahlen, so kann er in der Regel keinen weiteren Schadensersatz vom Vermieter fordern.


Welche Ansprüche stehen dem Mieter zu?

Ist der Mieter davon überzeugt, dass der Eigenbedarf tatsächlich nicht besteht, wird er die Kündigung als unbegründet zurückweisen und auch nach Ablauf der Kündigungsfrist in der Wohnung bleiben. Der Vermieter müsste dann auf Räumung klagen und das Bestehen oder Nichtbestehen des Eigenbedarfs wird dann gerichtlich geklärt. 

Stellt sich noch vor Auszug heraus, dass der Eigenbedarf vorgetäuscht war, dann kann der Mieter eine etwaige Eigenkündigung oder einen Aufhebungsvertrag innerhalb eines Jahres wegen Täuschung anfechten. 

Wurde die Wohnung nach dem Auszug noch nicht neu vermietet oder verkauft, bietet es sich ggf. an, Wiedereinräumung des Besitzes an der Mietwohnung zu verlangen. 

Im Regelfall wird der Mieter aber bereits eine neue Wohnung haben, wenn sich herausstellt, dass der Eigenbedarf vorgetäuscht war, und nicht wieder umziehen wollen. Dann kann der Mieter alle ihm durch die vorgetäuschte Eigenbedarfskündigung kausal entstandenen Schäden ersetzt verlangen. 


Wie hoch ist der Schadensersatzanspruch des Mieters?

Ganz allgemein gesagt ist der Mieter so zustellen, wie er ohne die Eigenbedarfskündigung stünde.

Dem Mieter stehen daher die Kosten für die Wohnungssuche, ggf. die Einschaltung eines Maklers, den Umzug (professionell oder im Falle des Umzuges mit Freunden z.B. die Transportermiete, Verpflegung und Trinkgeld)  und z.B. auch Kosten für einen neuen Telefonanschluss zu und auch Kosten, die der Mieter in die alte Wohnung gesteckt hatte, etwa für Renovierungen, die er wegen der Kündigung nicht mehr "abwohnen" konnte.

Den größten Posten stellt aber die Mietdifferenz zwischen alter und neuer Wohnung dar, da die Neuvertragsmieten in der Regel erheblich teurer sind. Hierbei gibt es auch keine zeitliche Begrenzung, wie lange diese Mietdifferenz zu zahlen ist. Zieht der Mieter aber ein weiteres Mal um, z.B. weil er versetzt wird, dann endet damit die Verpflichtung des Vermieters zur Leistung von Schadensersatz. 

Ist die neue Wohnung aber größer oder besser ausgestattet, so wird die Berechnung schwierig und die neue Miete muss für die Berechnung des Schadensersatzes im Vergleich zur alten Miete angepasst werden. Hier darf dann nicht einfach die Differenz zwischen neuer und alter Miete herangezogen werden. Falls die neue Wohnung gleich teuer aber kleiner ist, dann muss ebenfalls eine Umrechnung über die jeweilige Quadratmetermiete erfolgen, da der sich einschränkende Mieter nicht benachteiligt werden darf. Immerhin besteht sein Schaden dann auch in einem weniger an Komfort und /oder Wohnfläche. 

Auch höhere Fahrtkosten zur Arbeit oder der Kinderbetreuung von der neuen Wohnung aus sind ggf. ersatzfähige Kosten. 


Fazit:

Mieter sollten zunächst stichhaltige Beweise dafür sammeln, dass der Eigenbedarf tatsächlich vorgetäuscht war und zusammenstellen, welcher Schaden ihnen dadurch entstanden ist. Da die Durchsetzung der Ansprüche aber komplex und rechtlich anspruchsvoll ist, sollte ab diesem Zeitpunkt unbedingt fachanwaltlicher Rat eingeholt werden. Sprechen Sie mich gerne an, mit langjähriger Erfahrung in diesen Prozessen stehe ich Ihnen kompetent zur Verfügung, um Ihre Ansprüche durchzusetzen oder aber diese abzuwehren, wenn Sie Vermieter sind und den Eigenbedarf entgegen der Vermutung Ihrer Mieter tatsächlich nicht vorgetäuscht haben. Auch dieser Fall kommt vor, etwa wenn sich nach Einzug des Vermieters dessen Lebensplanung unvorhergesehener Weise ändert. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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