Vorladung erhalten? Verhaltenstipps

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Bei den meisten Menschen verursacht eine Vorladung zur Vernehmung bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft ein ungutes Gefühl. Das ist absolut nachvollziehbar, denn möglicherweise wissen Sie nicht, warum ausgerechnet Sie zur Vernehmung geladen werden. Oder Sie erahnen den Grund der Ladung bereits, fragen sich jedoch, wie Sie sich verhalten soll? Jetzt kommt es auf zwei Faktoren an:

1. Durch wen soll die Vernehmung erfolgen?

Vorladung durch die Polizei:

Bei einer Vorladung durch die Polizei ist die Antwort kurz: Sie müssen nicht erscheinen!

Weder als Beschuldigter noch als Zeuge sind Sie verpflichtet zu diesem Termin zu erscheinen oder ihn abzusagen. Häufig wird mit einem entsprechenden Hinweis in der Vorladung auf Mitteilung einer Absage oder Benennung der Verhinderungsgrundes der Eindruck erweck, der Adressat der Vorladung habe sich in jedem Fall bei der Polizei zu melden. Dem ist nicht so!

Eine Ausnahme besteht für Zeugen nur dann, wenn die Vorladung durch die Polizei auf einer Anordnung der Staatsanwaltschaft, Sie vorzuladen und zu vernehmen, beruht. Diese Neuerung ist mit der StPO-Reform 2017 in Kraft getreten und es muss in der Vorladung ausdrücklich darauf hingewiesen werden.

Vorladung durch die Staatsanwaltschaft / das Gericht:

Im Gegensatz zur polizeilichen Vernehmung sind sie verpflichtet bei einer Ladung zur Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft oder das Gericht zu erscheinen. Dies gilt unabhängig davon, ob Sie als Zeuge oder Beschuldigter geladen werden. Erscheinen Sie zu diesem Termin nicht, riskieren Sie, dass Sie polizeilich vorgeführt werden. Ich rate dazu diese Vorladungstermine nicht ohne anwaltlichen Beistand wahrzunehmen.

Ob Sie verpflichtet sind auszusagen, hängt von ihrem „Status“ ab!

2. Vorladung als Beschuldigter oder als Zeuge?

Vorladung als Zeuge:

Als Zeuge sind Sie gegenüber der Staatsanwaltschaft / dem Gericht oder gegenüber der Polizei, wenn die Vorladung und Vernehmung auf Anordnung der Staatsanwaltschaft erfolgte, grundsätzlich verpflichtet auszusagen. 

ABER: Bei einer Vorladung als Zeuge ist höchste Vorsicht geboten. Nicht selten kommt es vor, dass der Zeuge im Laufe der Vernehmung den Status des Beschuldigten erlangt. Sie müssen in der Vernehmung zwar über den „Statuswechsel“ informiert und entsprechend belehrt werden, jedoch ist das bislang gesagte nun auch protokolliert und wird Ihnen als Aussage zugerechnet. Ab diesem Zeitpunkt sollten Sie von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen und verlangen einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin zu kontaktieren. Auch kommt es vor, dass eine Beschuldigtenvernehmung in der Vorladung nicht eindeutig erkennbar wird. Dabei wird der Status bewusst offengelassen, um den Anschein einer Zeugenvernehmung zu erwecken.

Um sich keiner unnötigen Gefahr auszusetzen, ist es ratsam sich bei einem entsprechenden „Verdacht“ von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin beraten zu lassen. Dieser wird bei der Ermittlungsbehörde ihren aktuellen „Status“ in Erfahrung bringen und Sie bestenfalls als Zeugenbeistand zu Ihrer Vernehmung begleiten. Denn es kommt nicht selten vor, dass Polizeibeamte Druck auf Zeugen ausüben, um sie dadurch zu einer Aussagen zu „zwingen“.

Ferner gilt es vorab zu prüfen, ob Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrechte in Betracht kommen. Nach § 52 StPO steht Ihnen als Zeuge ein Zeugnisverweigerungsrecht zu, wenn Sie gegen den Beschuldigten aussagen sollen, der in einem engen Verwandtschaftsverhältnis zu Ihnen steht. Das können z.B. sein: Eltern, Geschwister, Großeltern, aber auch Ehegatten, Lebenspartner oder Verlobte. Ferner ist es möglich, dass Ihnen ein Aussageverweigerungsrecht nach § 55 StPO zusteht. Dies ist der Fall, wenn Sie bei wahrheitsgemäßer Beantwortung von Fragen in der Vernehmung, sich oder einem zuvor genannten nahen Angehörigen der Gefahr aussetzen, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Der Grundsatz, dass ein Beschuldigter sich nicht selbst belasten muss, gilt auch für Zeugen, wenn eine Strafverfolgung in Betracht kommen könnte. Stehen bereits im Vorfeld ein Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht im Raume , sind Sie erst recht nicht verpflichtet bei der Polizei zu Vernehmung zu erscheinen. Ich rate jedoch dazu, die Absage zu diesem Termin zunächst von einem Anwalt oder einer Anwältin prüfen zu lassen und die Absage durch diese formulieren zu lassen. Die richtige Formulierung der Absage kann durchaus heikel sein.

Vorladung als Beschuldigter:

Wenn Sie eine Vorladung als Beschuldigter erhalten, sollten sie schnellstmöglich einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin aufzusuchen. Ihnen wird dann geraten der Vorladung nicht Folge zu leisten und keine Aussage zu machen. In der Praxis ist es so, dass durch die Verteidigung der Polizei mitgeteilt wird, dass Sie zum Vorladungstermin nicht erscheinen werden, Sie von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen und die Polizei von weiteren Vernehmungsversuchen Abstand nehmen soll, da zunächst Akteneinsicht beantragt wird. Die Akteneinsicht erfolgt über den Rechtsanwalt bzw. die Rechtsanwältin. Nur diese haben ein uneingeschränktes Recht auf Akteneinsicht.

Warum ist dieses Handeln zielführen?

Grundregel: „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold!“

Diese Regel sollte der Beginn jeder erfolgreichen Strafverteidigung sein, unabhängig davon, ob Sie „schuldig“ oder „unschuldig“ sind. Ihr Schweigen, darf Ihnen nicht negativ angelastet werden, da das Recht des Beschuldigten zum Schweigen verfassungsrechtlich verankert ist. In Deutschland gilt die sogenannte „Unschuldsvermutung“. Das bedeutet, dass Sie nicht Ihre Unschuld beweisen müssen, sondern der Staat muss durch seine Strafverfolgungsbehörden (in der Regel die Staatsanwaltschaft) Ihnen die Schuld nachweisen. Aus diesem Grundsatz folgt, dass das Schweigen des Beschuldigten ihm auch nicht negativ angelastet werden darf.

Ihnen wird die Chance zu einer möglichen Einlassung auch nicht genommen, nur weil Sie den Vorladungstermin bei der Polizei abgesagt haben. Dies ist Ihr gutes Recht! Es gibt nichts Gefährlicheres als eine Aussage zu tätigen, ohne Akteneinsicht erhalten zu haben. Hieraus ergibt sich der aktuelle Stand der Ermittlungen; d.h.: Was wird Ihnen vorgeworfen? Welcher Sachverhalt liegt zu Grunde? Welche möglichen Beweise wurden bereits ermittelt? Ohne Kenntnis des aktuellen Ermittlungsstandes wäre eine Einlassung gegenüber der Polizei sehr gefährlich! Sie würden sich der Gefahr aussetzen den Behörden bei den Ermittlungen gegen Sie noch behilflich zu sein – höchstwahrscheinlich ohne es zu wollen.

Sie können zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens entscheiden, ob Sie weiter von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen wollen oder sich zum Vorwurf einlassen, sprich aussagen möchten. Dies sollte gemeinsam mit dem Rechtsanwalt oder der Rechtsanwältin als Verteidigungsstrategie – nach Abwägung der Beweislag – entschieden werden.

Haben Sie eine Vorladung erhalten, zögern Sie nicht und kontaktieren Sie mich bitte umgehend unter 0521 – 78715367 oder das Kontaktformular im Profil.


Ludmilla Melcher LL.M. - Strafverteidigerin in Bielefeld

Wenn sie eine Vorladung oder einen schriftlichen Anhörungsbogen erhalten haben, zögern Sie nicht und vereinbaren Sie kurzfristig einen Beratungstermin mit mir.

Sie erreichen mich entweder über das Kontaktformular auf anwalt.de oder unter:

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Foto(s): www.hannover.de/Leben-in-der-Region-Hannover/Sicherheit-Ordnung/Polizei

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