Vorladung oder Anklage in einem Encro-Chat Verfahren erhalten? Sind die Chats verwertbar?

  • 2 Minuten Lesezeit

Um dieses Video anzuzeigen, lassen Sie bitte die Verwendung von Cookies zu.

EncroChat – Verfahren sind seit geraumer Zeit in aller Munde. Es gab bereits einige Anklagen. Mehrere hundert Ermittlungsverfahren laufen noch.

Die Berliner Justiz reagiert nun auf die Schwämme von Strafverfahren in diesem Zusammenhang – den „EncroChat-Verfahren“ – mit der Bildung einer eigenen Abteilung bei der Berliner Staatsanwaltschaft und neuer eigens hierfür zuständigen Strafkammern.

Doch was sind Encro-Chat Verfahren?

Zusammengefasst war Encro-Chat das Whatsapp der Unterwelt und der organisierten Kriminalität mit eigenen abhörsicheren teuren Geräten. Mit dem Versprechen verschlüsselter Kommunikation nutzten hunderte Menschen den Messenger für Kommunikation über Geldwäsche, Erpressung, Bedrohung, Drogenhandel und allen anderen kriminellen Tätigkeiten, die einem so einfallen können.

Es gelang jedoch französischen und niederländischen Behörden, die sicher geglaubte Kommunikation zu hacken. Es konnten hunderttausende Chatverläufe sichergestellt werden, die jetzt europaweit von den Behörden aufgearbeitet werden.

Seit nun schon geraumer Zeit beschäftigt sich die Justiz mit der alles entscheidenden Frage:

Sind die EncroChat-Protokolle strafrechtlich verwertbar?

Eigentlich scheint der weitere Verlauf nun klar. Die Chatverläufe beweisen schließlich die Begehung der jeweils vorgeworfenen Straftaten.

Aber tun sie das wirklich? Möglich.

Das Problem liegt aber darin, ob diese Beweise auch im Strafverfahren verwertet werden können.

Kann sich eine Verurteilung darauf stützen, dass ein entschlüsselter Chatverlauf die Begehung der Straftat beweist?

Die Gerichte sind sich dahingehend nicht einig.

Fest steht ganz allgemein im Strafprozess: Nicht alle Beweise können verwertet werden. Das Strafverfahren enthält zahlreiche Eingriffe in die Rechte – auch die Grundrechte – des Beschuldigten. Anders wäre eine effektive Strafverfolgung oftmals auch nicht möglich. Das gebietet aber, dass ein gewisser Ausgleich geschaffen wird. Ein Ausgleich zwischen den Rechten des Beschuldigten und einer funktionsfähigen, effektiven Strafverfolgung.

Beweisverwertungsverbote sind im Grunde ein solcher Ausgleich. Ein Urteil darf sich nur auf verwertbare Beweise stützen.

Überwiegend wird von den Instanzgerichten die Verwertbarkeit der EncroChat – Chatverläufe bislang aber bejaht.

Im Sommer 2021 verneinte jedoch das Landgericht Berlin die Verwertbarkeit der Beweise. Es hatte über die Eröffnung des Hauptverfahrens (das ist der Teil des Strafverfahrens, in dem die Hauptverhandlung vor Gericht stattfindet) zu entscheiden.

Das Kammergericht Berlin, das anschließend über die Eröffnung des Hauptverfahrens zu entscheiden hatte, teilte diese Ansicht aber nicht.

Das Kammergericht entschied unter anderem, dass – entgegen der Ansicht des Landgerichts – bereits das Nutzen solcher Chat Dienste einen entsprechenden Tatverdacht begründen können.

Grund für diese Annahme war für das Kammergericht zum Beispiel der Umstand, dass die Geräte, die zum Nutzen dieses Chats benötigt wurden, sehr teuer waren und dementsprechend wohl nicht von jedermann „einfach so“ genutzt werden würden.

Es gibt aber aktuell noch keine höchstrichterliche Entscheidung dazu, so dass es hier mehr als spannend bleibt.

Wenn Sie Beschuldigter eines Encro-Chatverfahrens sind, können wir Ihre Verteidigung übernehmen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Benjamin Grunst

Beiträge zum Thema