Vorsicht bei der Werbung mit einer Auszeichnung

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Rechtsanwalt Andreas Kempcke

Natürlich ist die Freude groß, wenn das eigene Unternehmen für ein Testergebnis oder eine Zertifizierung ausgezeichnet wird und es für diese Auszeichnung auch noch eine ganz offizielle Urkunde gibt. Leider gibt es im Bereich der Zertifizierung von Unternehmen wie überall nicht nur seriöse Geschäftsmodelle sondern auch eher fragwürdige. Und so kann die Freude über eine Auszeichnung schnell zu einer Abmahnung und Ärger führen. Im nachfolgenden Beitrag erläutere ich die Problematik:

Werbung mit Auszeichnung zu einem Testergebnis oder zu einer Zertifizierung


Die gute Nachricht vorweg: Die Werbung mit einem guten Testergebnis, einer Zertifizierung oder einem Qualitätssiegel ist grundsätzlich zulässig. Wichtig ist aber, dass mit der entsprechenden Werbung keine Irreführung erfolgt.


Für die Werbung mit einem Testergebnis ist anerkannt, dass die Werbung zulässig ist, wenn das beworbene Produkt dem getesteten Produkt entspricht, das Testergebnis aktuell ist und durch die Werbung kein falscher Eindruck entsteht. (Unzulässig wäre daher beispielsweise die Bewerbung eines Produktes mit einem Testergebnis „gut“, wenn ein anderes Produkt des Herstellers getestet worden ist, inzwischen einen aktuelleres schlechteres Testergebnis vorliegt oder wenn bei der Bewerbung kein Hinweis darauf erfolgt, dass alle anderen Produkte das Testergebnis „sehr gut“ erzielt haben.) Auch wichtig: Wenn Sie mit einem Testergebnis werben wollen, müssen Sie Angaben zur Fundstelle machen, damit die Angaben über den Test nachgeprüft werden können.


Die Werbung mit einer Zertifizierung ist zulässig, wenn die Zertifizierungsprüfung im Hinblick auf die Einhaltung bestimmter Anforderungen durch eine unabhängige (nicht notwendig amtliche) Stelle erfolgt und sich nach festgelegten Standards richtet. Fragwürdig sind nach meiner Auffassung Zertifizierungen, die ohne entsprechenden Auftrag durchgeführt werden und bei denen die Kriterien der Zertifizierung unklar sind. Besondere Vorsicht ist also geboten, wenn Sie eine Zertifizierungsurkunde erhalten, obwohl Sie gar keine Zertifizierung in Auftrag gegeben hatten.


Fragwürdige Geschäftsmodelle im Bereich der Unternehmenszertifizierung


Klar, eine Urkunde mit der Bestätigung eines Testergebnisses oder einer Zertifizierung als „SUPER-DUPER UND ÜBERHAUPT TOP IRGENDWAS“ sieht toll aus. Am besten natürlich, wenn es irgendwie um Zukunft und Digitalisierung geht. Und wenn das Zertifizierungsunternehmen dann sogar noch einen besonders seriös klingenden Namen hat und auf der Urkunde ein hübsches Logo des Zertifizierers prangt, dann ist die Freude über eine entsprechende Auszeichnung natürlich groß. Klingt zu schön, um wahr zu sein? Tja, das könnte daran liegen, dass manche Geschäftsmodelle im Bereich der Unternehmenszertifizierung nach meiner Auffassung vorsichtig ausgedrückt eher fragwürdig sind. Aber wo ist der Haken?


Stellen Sie sich zwei einfache Fragen:


  • Warum sollte ein Zertifizierer ohne einen entsprechenden Auftrag den Aufwand eines Prüfverfahrens auf sich nehmen? und
  • Was hat das Zertifizierungsunternehmen davon?

Lassen Sie uns zusammen überlegen:


Warum betreiben manche Zertifizierer ohne einen entsprechenden Auftrag den immensen Aufwand eines umfangreichen Prüfverfahrens? Mitunter lässt sich diese Frage bereits durch eine kurze Internet-Recherche zum Prüfverfahren des Zertifizierers klären. Wenn die Standards des Prüfverfahrens vollkommen unklar sind oder sich in der Prüfung einer recht kurzen Checkliste z.B. anhand des Internetauftritts des zu zertifizierenden Unternehmens erschöpfen, dann scheint der Aufwand für das Prüfverfahren gar nicht so groß zu sein. Der Aussagegehalt des Prüfergebnisses dürfte dann allerdings auch eher gering sein.


Bleibt die Frage, was der Zertifizierer eigentlich davon hat, Unternehmen ungefragt zu prüfen und den Unternehmen dann eine Zertifizierungsurkunde zu schicken. Die Antwort auf diese Frage versteckt sich im „Kleingedruckten“. Wer mit der Zertifizierungsurkunde werben möchte, der soll hierfür eine Lizenz erwerben, also zahlen. Das steht auch durchaus in den Schreiben, mit denen die Zertifizierungsurkunden versandt werden. Aber wer liest denn das alles im Überschwang der Freude über die Auszeichnung und die hübsche Urkunde?


Böse Falle: schnell mal ein Foto mit der Urkunde im Internet posten


Zugegeben, eine Auszeichnung verführt recht leicht dazu, schnell mal ein Foto mit der Urkunde im Internet zu posten, sei es bei Facebook, Instagram, Tik Tok oder auf der eigenen Website. Hierauf scheint es nach meiner Auffassung auch manch ein Zertifizierer anzulegen. Man könnte sogar fast meinen, dass entsprechende Veröffentlichungen geradezu provoziert werden sollen, in dem die Urkunden quasi gebrauchsfertig zur Verfügung gestellt werden.


Ohne entsprechende Lizenz (und Zahlung an den Zertifizierer) steht wegen der Veröffentlichung des Fotos mit der Urkunde im Internet dann jedoch relativ schnell der Vorwurf einer Urheberrechtsverletzung durch eine unzulässige werbliche Nutzung der Urkunde mit dem darauf befindlichen Logo des Zertifizierers im Raum. Mögliche Folgen: Abmahnung mit Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung, Forderung von Schadenersatz und Rechtsanwaltskosten. Spätestens dann verfliegt die Freude über die Auszeichnung.


Meine Einschätzung: 


So groß die Freude über eine Auszeichnung auch sein mag: Seien Sie skeptisch, wenn Ihnen eine Urkunde über das Ergebnis eines Tests oder einer Zertifizierung geschickt wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn Ihnen das Unternehmen, das den Test oder die Zertifizierung durchgeführt hat, vollkommen unbekannt ist.


Meine Empfehlungen:


Wenn Sie eine Urkunde über das Ergebnis eines Tests oder einer Zertifizierung erhalten haben, sollten Sie zunächst überprüfen, ob es dabei nicht vorrangig um den Abschluss eines Lizenzvertrages über die werbliche Nutzung der Urkunde geht. Sofern dies der Fall sein sollte, sollten Sie sehr genau überlegen, ob der Werbeeffekt überhaupt die Kosten für die Lizenz rechtfertigt.


Wenn Sie ein Foto einer Urkunde über das Ergebnis eines Tests oder einer Zertifizierung im Internet veröffentlicht haben und deswegen eine Abmahnung erhalten haben:


  1. Unterschreiben Sie auf keinen Fall ohne anwaltliche Beratung voreilig die vorformulierte Unterlassungserklärung.
  2. Nehmen Sie ohne vorherige Beratung auch keine Zahlungen vor.
  3. Lassen Sie sich zunächst anwaltlich beraten.


Zu mir und meiner Tätigkeit:


Ich berate als Fachanwalt für IT-Recht bei Internetrecht-Rostock.de ständig Abgemahnte wie Sie und verfüge daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Abmahnverfahren.


Weitere Informationen zu mir und meiner Tätigkeit können Sie meiner Profilseite, meinen Rechtstipps und meinem Bewertungsprofil entnehmen.


Ich berate Sie bundesweit auch kurzfristig telefonisch.


Sie haben eine Abmahnung erhalten?


Wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben:


  • Rufen Sie mich einfach an unter: 0381 260 567 30
  • Schicken Sie mir eine E-Mail an: rostock@internetrecht-rostock.de
  • Oder lassen Sie mir über die Funktion „Nachricht senden“ direkt unter diesem Rechtstipp eine Mitteilung zukommen.


Andreas Kempcke

Rechtsanwalt 

Fachanwalt für IT-Recht

Internetrecht-Rostock.de

Foto(s): Andreas Kempcke

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