VW-Vergleich: Darfs ein bisschen mehr sein?

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10.03.2020 – Bis zum 20. April 2020 können vom Abgasskandal Geschädigte, die sich zur Musterfeststellungsklage angemeldet haben, das Vergleichsangebot von Volkswagen annehmen. Vor der Entscheidung sollten Betroffene jedoch genau rechnen.

Wie das Angebot wirtschaftlich zu bewerten ist

Die Angebote betragen je nach Fahrzeugtyp und Modelljahr zwischen € 1.350 und € 6.257. Am unteren Ende der Skala liegen Kleinwagen wie VW Polo und Skoda Fabia Modelljahr 2008, am oberen Ende liegen neuere Fahrzeuge der Audi-Modelle A6 und Q5. Nach den Angaben von Volkswagen soll die Zahlung im Durchschnitt bei 15 % des Kaufpreises liegen. Die Frage lautet nun: Ist das Angebot akzeptabel oder nicht? Eine pauschale Antwort auf diese Frage gibt es jedoch nicht, weil die denkbaren Konstellationen zu unterschiedlich sind.

Dennoch lässt sich die angebotene Zahlung in die zu vergleichbaren Fällen ergangene Rechtsprechung einordnen. Das Angebot entspricht im Ergebnis der Rechtsfolge einer Minderung. Der Geschädigte behält sein Fahrzeug und erhält einen Ausgleich für den Minderwert seines Fahrzeugs. In dieser Fallkonstellation gehen die meisten Gerichte von einer durch die Abschalteinrichtungen verursachte Wertminderung zwischen 10 % und 15 % des gezahlten Kaufpreises aus. In Ausnahmefällen gab es höhere Entschädigungen von bis zu 25 %.

Ist eine Rückabwicklung wirtschaftlich attraktiver?

In einem ersten Schritt ist zu klären, ob eine Rückabwicklung des Fahrzeugkaufs zu einem besseren Ergebnis führen würde als die angebotene Einmalzahlung. Aktuell berechnen die meisten Gerichte die Zahlung bei einer Rückabwicklung so: Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer. Für diese Nutzungsentschädigung wird regelmäßig eine Gesamtfahrleistung von 250.000 km zugrunde gelegt. Manche Gerichte sprechen den Geschädigten außerdem eine Verzinsung in Höhe von vier Prozent auf den Kaufpreis seit Erwerb des Fahrzeugs zu.

Der so ermittelte Preis wird dann im zweiten Schritt verglichen mit der Summe der angebotenen Zahlung und dem aktuellen Marktwert des Fahrzeugs. Wenn die Rückabwicklung bei diesem Vergleich zu einer wesentlich höheren Zahlung führt, ist der angebotene Vergleich wirtschaftlich unattraktiv. Wenn eine Rückabwicklung keinen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber der angebotenen Einmalzahlung bringen würde, ist das Angebot akzeptabel.

Tendenziell sind die Angebote eher für Besitzer von kleineren Dieselfahrzeugen des VW-Konzerns mit einer hohen Laufleistung, also über 200.000 Kilometer, interessant. Demgegenüber dürfte eine Rückabwicklung lukrativer sein, wenn es um ein Mittel- oder Oberklassefahrzeug mit wenigen Kilometer geht.

Was ist sonst noch wichtig?

Für die endgültige Entscheidung spielen aber weitere Faktoren eine Rolle. Wer eine Verkehrs- Rechtsschutzversicherung besitzt, die mindestens seit dem Kauf des Fahrzeugs besteht, trägt kein Kostenrisiko, wenn er seine Ansprüche gerichtlich weiterverfolgt. Deshalb wird es Geschädigten mit Rechtsschutzversicherung leichter fallen, eine Individualklage gegen Volkswagen zu erheben.

Aus vielen Gesprächen mit betroffenen Fahrzeugbesitzern wissen wir auch, dass es auf der einen Seite etliche Geschädigte gibt, die ihr Fahrzeug unbedingt loswerden wollen, sei es, weil sie akut von Fahrverboten betroffen sind oder weil das Update zu zahlreichen unangenehmen Veränderungen geführt hat. Diese Personen können ihr Ziel durch das Vergleichsangebot nicht erreichen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Betroffene, die das Fahrzeug aus unterschiedlichen Gründen behalten wollen bis es nicht mehr fährt. Dieser Personenkreis sollte das Angebot annehmen.

Am 5. Mai 2020 wird der Bundesgerichtshof (BGH) sich mit dem Abgasskandal befassen. Er wird sich voraussichtlich unter anderem dazu äußern, ob er Schadensersatzansprüche für gerechtfertigt und eine Nutzungsentschädigung für angemessen hält. Ob der BGH Schadensersatzansprüche ablehnt, ob er die bisherige Rechtsprechung bestätigt oder ob er sogar verbraucherfreundlicher urteilt, ist offen. Deshalb gilt für diesen Aspekt: Wer Chancen nutzen will, kann nicht bis zum 05. Mai warten.

Was wir als Kanzlei für Sie tun können

  • Beratung, ob das Angebot im konkreten Fall akzeptabel ist
  • bei vorhandener Rechtsschutzversicherung: kostenlose Durchführung einer Deckungsanfrage

Die Kanzlei von Buttlar Rechtsanwälte

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