Wann darf ich in der Elternzeit einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen?

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Das hat das Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 05.09.2023 entschieden ( Aktenzeichen 9 AZR 329/22 )

Keine automatische Verlängerung des befristeten Teilzeitverlangens


Ein Arbeitnehmer hat zwar das Recht, die vor der Elternzeit bestehende Teilzeitarbeit unverändert während der Elternzeit fortzusetzen. Das gilt aber nur für die unbefristete Teilzeitvereinbarung. Sie gilt nicht, wenn Teilzeitarbeit verlängert werden soll, die befristet für die Dauer einer vorangegangenen Elternzeit bestanden hat. Der Gesetzgeber wollte keinen zusätzlichen Anspruch auf Teilzeitarbeit begründen, sondern lediglich klarstellen, dass andere, bereits bestehende Ansprüche auf Teilzeitarbeit nicht eingeschränkt werden. Die Regelung soll der Planungssicherheit des Arbeitgebers dienenNicht möglich ist es, dass der Arbeitnehmer eine weitere befristete Teilzeitarbeit beantragt. Hintergrund ist, dass der Arbeitgeber seine Planungen auf die Fortsetzung der Vollzeittätigkeit des Arbeitnehmers nach Ablauf der auf die erste Elternzeit befristeten Teilzeit ausrichten können muss. Die Fortführung der befristeten Teilzeitarbeit hängt daher von seiner Zustimmung ab.


Die Verlängerung von Elternzeit bedarf stets einer Zustimmung des Arbeitgebers

Das BEEG sieht bei der Elternzeitverlängerung keine Zustimmungsfiktion vor. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer einen Antrag sowohl auf eine Verlängerung der Elternzeit zur Betreuung und Erziehung seines ersten Kindes als auch auf eine Teilzeitbeschäftigung während einer Elternzeit bezogen auf sein zweites Kind gerichtet war, ändert daran nichts. Es ist von einem einheitlichen Antrag auszugehen, der auf einem Formular zusammengefasst war, und vom Arbeitgeber nur einheitlich angenommen oder abgelehnt werden konnte.

Dementsprechend kann auch eine Zustimmungsfiktion, die eine Annahme ersetzt, nur einheitlich und nicht begrenzt auf unterschiedliche Tatbestände eintreten. Da eine Fiktion bezüglich der Teilzeitverlängerung nicht möglich ist, scheidet sie insgesamt aus.

Eine Zustimmung des Arbeitgebers gilt auch nicht zu dem Antrag des Arbeitnehmers fingiert, wenn der Arbeitgeber das Teilzeitersuchen unter Hinweis auf betriebliche Gründe form- und fristgerecht abgelehnt hat.

Ein Arbeitnehmer kann grundsätzlich die Verringerung seiner Arbeitszeit während der Elternzeit verlangen, wenn dringende betriebliche Gründe dem Teilzeitverlangen nicht entgegenstehen.

Dringende betriebliche Gründe sind nicht aufgrund eines zwischen den Betriebsparteien geschlossenen Interessenausgleichs zu vermuten. Sind bei einer Betriebsänderung Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass eine daraufhin ausgesprochene Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Diese gesetzliche Vermutung ist aufgrund des eindeutigen Wortlauts in auf betriebsbedingte Kündigungen beschränkt, die gegenüber einem im Interessenausgleich namentlich bezeichneten Arbeitnehmer ausgesprochen werden. Unterbleibt der Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung aus Rechtsgründen, lässt sich die Vorschrift nicht dahin auslegen, dass auch das Vorliegen eines dringenden betrieblichen Grunds zu vermuten ist, der einem Teilzeitverlangen entgegengehalten werden könnte.

Betriebliche Gründe, die den Arbeitgeber berechtigen ein Teilzeitverlangen abzulehnen, sind nicht automatisch in einem Interessenausgleich zu sehen.

Für eine wortsinnübersteigende Gesetzesanwendung durch Analogie bedarf es einer besonderen Legitimation. Die analoge Anwendung einer Norm setzt voraus, dass eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassene Lücke besteht und diese Planwidrigkeit aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden kann. Anderenfalls könnte jedes Schweigen des Gesetzgebers – also der Normalfall, wenn er etwas nicht regeln will – als planwidrige Lücke aufgefasst und diese im Weg der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden. Analoge Gesetzesanwendung erfordert darüber hinaus, dass der gesetzlich ungeregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nach der gleichen Rechtsfolge verlangt wie die gesetzessprachlich erfassten Fälle.

Es fehlt bereits an einer planwidrigen Regelungslücke, die eine analoge Anwendung des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG in den Fällen gestattete, in denen der Arbeitgeber zwar vom Ausspruch einer Kündigung absieht, aber das Teilzeitverlangen eines im Interessenausgleich namentlich genannten Arbeitnehmers unter Berufung auf dringende betriebliche Gründe iSv. § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG zurückweist. Die Vermutungswirkung eines Interessenausgleichs mit Namensliste ordnet § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG ausschließlich für betriebsbedingte Kündigungen an. Das Gesetz kennt eine vergleichbare Vermutungswirkung an keiner anderen Stelle. Ein allgemeiner Plan, in dem das Fehlen einer solchen Vermutungswirkung im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 7 BEEG eine planwidrige Lücke darstellen würde, ist nicht ersichtlich.

Zudem sind beide Fallkonstellationen nicht hinreichend vergleichbar. Es ist weder nach Maßgabe des Gleichheitssatzes noch zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen geboten, die in § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG angeordnete Rechtsfolge über den dort geregelten Fall hinaus anzuwenden. § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG spricht von dringenden betrieblichen Erfordernissen, während § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG dringende betriebliche Gründe verlangt. Schon sprachlich verdeutlicht dies einen qualitativen Unterschied. Systematisch verfolgen die Vorschriften unterschiedliche Ziele. Dringende betriebliche Erfordernisse im Kündigungsrecht iSv. § 1 Abs. 2 KSchG, die nach § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG aufgrund eines Interessenausgleichs mit Namensliste vermutet werden, sind nur gegeben, wenn die dort genannten Arbeitnehmer auf Dauer nicht weiterbeschäftigt werden können. Im Recht der Elternteilzeit kommt es hingegen allein darauf an, ob dringende betriebliche Gründe einer befristeten Beschäftigung zu der gewünschten verringerten Arbeitszeit entgegenstehen. Die betrieblichen Gründe in § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG beziehen sich auf die Verringerung und damit auf den Umfang der Beschäftigung oder die Verteilung der Arbeitszeit und nicht wie bei § 1 Abs. 5 KSchG auf die Beschäftigung als solche. Damit ist das Bezugsobjekt ein anderes. Für Gründe, die einer vorübergehenden Verringerung der Arbeitszeit entgegenstehen, bietet der Interessenausgleich mit Namensliste kein Indiz.

Der Arbeitnehmer hat für die Zeit der Ablehnung jedenfalls einen Anspruch auf Vergütungist.

Dabei ist es unerheblich, dass es sich um unterschiedliche Streitgegenstände handelt.

Stützt der Arbeitnehmer den Klageanspruch auf unterschiedliche Sachverhalte, ohne die Rangfolge zu bestimmen, in der das Gericht die Prüfung der einzelnen Streitgegenstände vorzunehmen hat, erschließt sich dem Arbeitgeber nicht, gegen welchen der Streitgegenstände er seine Rechtsverteidigung in erster Linie richten muss. Dem liegt zugrunde, dass der Arbeitnehmer mit der Angabe einer bestimmten Reihenfolge der Streitgegenstände den Entscheidungsrahmen und damit auch die Prüfungsreihenfolge für das Gericht absteckt. Wäre das Gericht an die vom Arbeitnehmr genannten Reihenfolge nicht gebunden und könnte es die Rechtsgründe in beliebiger Reihenfolge prüfen, liefe der intendierte Schutz des Arbeitgebers bei seiner Rechtsverteidigung leer.

Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Zahlung von Vergütung für die Zeiträume, die vom Teilzeitantrag vom erfasst sind.

Der Arbeitgeber durfte nicht in unvermeidbarer Weise davon ausgehen, dass aus einer Namensliste zum Interessenausgleich gemäß § 1 Abs. 5 KSchG analog auf dringende Erfordernisse nach § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG geschlossen werden könne.



Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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