Wann ist eine fristlose Kündigung zulässig?

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Diese Frage kann man nicht sicher beantworten, wie erneut eine aktuelle Entscheidung des ArbG Herne (Urteil v. 10.12.2021, 5 Ca 1495/21) zeigt. Ein Kraftfahrer war auf Abwegen und hat während seiner Arbeitszeit häufiger private Dinge, wie z.B. Einkäufe in einem Supermarkt, erledigt. Der Arbeitgeber hat dieses Verhalten durch Beauftragung eines Detektivs aufgedeckt. Das ist ein klarer Arbeitszeitbetrug.

Das Arbeitsgericht hatte zu entscheiden, ob die Kündigung wirksam ist und ob die heimliche Beobachtung durch einen Detektiv als Beweismittel im Prozess verwertet werden darf.

Das Urteil fiel in der Begründung zunächst eindeutig zu Gunsten des Arbeitgebers aus. Das Gericht hat das Verhalten als Arbeitszeitbetrug gewertet und auch die Überwachung durch den Detektiv als zulässig angesehen, denn der Arbeitgeber hatte zuvor konkrete Anhaltspunkte für die Pflichtverletzungen.

Dennoch hat der Arbeitgeber den Prozess verloren. Das Gericht hat bei einer außerordentlichen Kündigung immer eine Abwägung der Interessen der Vertragsparteien vorzunehmen. Hier hatte der Arbeitnehmer viel Gewicht in die Waagschale zu legen: Das Arbeitsverhältnis bestand schon viele Jahre und der Kläger hatte bisher keinen Anlass für Beanstandungen gegeben. Er war zudem bereits 58 Jahre alt und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet. Das Gericht ging deswegen davon aus, dass eine Abmahnung ausreichend gewesen wäre und eine Änderung des Verhaltens des Klägers herbeigeführt hätte. Es sah anhand der Eigenschaften des Arbeitnehmers eine positive Prognose. In einem solchen Fall habe der Arbeitgeber von einer Kündigung als ulitma ratio Abstand zu nehmen.

Diese Entscheidung zeigt einmal mehr, dass im Kündigungsschutzprozess auch bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen immer ein Unterliegen des Arbeitgebers in Betracht zu ziehen ist. Die Entscheidung ist derzeit (10.02.2021) noch nicht rechtskräftig.


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