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Wann kann anderweitiger Verdienst bei einer Freistellung angerechnet werden?

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Mit dieser Thematik befasst sich ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 13. Mai 2020.

LAG Hamm, Urt. v. 13.5.2020 – 6 Sa 1940/19 = BeckRS 2020, 31491

Über folgenden Sachverhalt hatte das Gericht zu entscheiden:

Der Arbeitnehmer hatte 2018 ein Aufhebungsvertrag mit dem Arbeitgeber geschlossen, wonach das Arbeitsverhältnis Ende April 2019 endete und er ab September 2018 unwiderruflich freigestellt wurde. Die Parteien vereinbarten auch eine so genannte Turboklausel, wonach der Arbeitnehmer mit einer kurzen Ankündigungsfrist das Arbeitsverhältnis vorzeitig beenden konnte und in diesem Falle die ersparten Gehälter „On Top“ auf die Abfindung bekommen sollte. Im Januar 2019 nahm der Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit auf und teilte dies dem Arbeitgeber auch mit. Von der vereinbarten Turboklausel machte er keinen Gebrauch. Der Arbeitgeber machte, bezogen auf die Gehälter von Januar bis April, ein Zurückbehaltungsrecht geltend und zahlte diese nicht. Der Arbeitnehmer klagte daraufhin auf Zahlung dieser Gehälter.

Das Gericht hat folgendes entschieden:

Die Gerichte haben dem Arbeitnehmer Recht gegeben. Im Ergebnis ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Gehälter zu zahlen. Die Frage war insoweit, ob der Arbeitnehmer sich den Verdienst aus seinem neuen Arbeitsverhältnis anrechnen lassen muss. Eine solche Anrechnung ist möglich. Sie ergibt sich aus § 615 S. 2 BGB. Allerdings haben die Gerichte in diesem Fall entschieden, dass dieser Paragraf in diesem Fall keine Anwendung findet. Begründet wird dies damit, dass sich der Anspruch auf Zahlung der Vergütung in diesem Fall nicht aus dem Arbeitsvertrag ergibt, sondern unmittelbar aus dem Aufhebungsvertrag. Auch die vereinbarte Sprinterklausel spricht nicht hiergegen, trotzdem sei es für den Arbeitnehmer zulässig gewesen, innerhalb der Freistellung ein neues Arbeitsverhältnis zu begründen, ohne dass sich dies auf die Vergütungspflicht des Arbeitgebers auswirkt, heißt, der alte Arbeitgeber muss zahlen.

Fazit:

Wenn es keine ausdrücklich vereinbarte Regelung zur Anrechnung anderweitig erzielten Verdienstes während der Freistellung gibt, ist eine Anrechnung anderweitigen Verdienst für den Arbeitgeber schwierig. Voraussetzung für die Möglichkeit der Anrechnung anderweitigen Verdienstes ist in dieser Konstellation grundsätzlich, dass die Parteien dies ausdrücklich vereinbaren. Eine solche Regelung ist in der Praxis auch üblich und findet sich regelmäßig in entsprechenden Vereinbarung und Gerichtsvergleichen. Fehlt eine solche Regelung, ist es schwierig für den Arbeitgeber, anderweitigen Verdienst des Arbeitnehmers innerhalb der Freistellung anzurechnen. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zugelassen, es bleibt daher abzuwarten, ob im Falle einer Revision das Bundesarbeitsgericht anders entscheidet.


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