Warnung vor Verwirkung - Widerrufsrecht sofort ausüben! Verjährung für Bearbeitungsentgelte 2014!

  • 14 Minuten Lesezeit

Sehr geehrte Frau Bankkundin,

Sehr geehrter Herr Bankkunde,

Sie hatten ein Darlehen im Zeitraum 2004 -2009 bei einer Raiffeisen oder Volksbank bzw. Sparkasse, Hypothekenbank, Privatbank abgeschlossen und konnten feststellen, dass die in Ihrem Fall verwendete Widerrufsbelehrung fehlerhaft war? Dann widerrufen Sie Ihr Darlehensvertragsverhältnis jetzt bevor ggf. Verwirkung eintritt. Ggf. hat Ihre Bank schon Verwirkung eingewandt, oder aber u.E. zu Unrecht darauf hingewiesen, dass für Sie kein Widerrufsrecht besteht.

Ich empfehle die unverzügliche Ausübung des Widerrufsrechtes, um dem Rechtseinwand der Verwirkung der zu erwarten ist wenn Sie jetzt noch länger zuwarten, vorzubeugen.

Außerdem können Sie nur so noch größeren Druck zumindest außergerichtlich auf die Gegenseite ausüben.

Ich gehe nicht davon aus, dass die Gegenseite sofort zur Rückabwicklung auffordert, da in der Rechtspraxis verschiedene Ansichten vertreten werden ob und wie überhaupt das Vertragsverhältnis rückabzuwickeln wäre, Die seitens unserer Kanzlei eng am Gesetzeswortlaut vorgestellten Widerrufsfolgen sind insbesondere hinsichtlich folgender Punkte in der Rechtspraxis umstritten.

  • Kann ein Darlehensnehmer nach relativ langer Vertragslaufzeit überhaupt noch widerrufen?
  • Ist für den Fall, dass dies gestattet ist und nicht der Rechtseinwand der Verwirkung gegeben sein sollte, der Mangel in der Widerrufsbelehrung so wesentlich, dass ein erkennendes Gericht davon ausgeht, dass aufgrund der ursprünglich fehlerhaften Widerrufsbelehrung die Frist zur Ausübung des Widerrufsrechtes nicht in der Vergangenheit aufgrund der zwei Wochen Frist abgelaufen ist?
  • Wird dies bejaht, ist die Frage, ob tatsächlich 30 Tage nach Ausübung des Widerrufsechtes die Verzugswirkungen eintreten, umstritten. Dies, weil unklar ist, ob neben der Rückgewähr der gegenseitig bereits erbrachten Leistungen (Forderung der Rückzahlung der geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen Zug um Zug gegen Rückzahlung der Darlehensvaluta mit marktüblichen Zinssatz verzinst) die Nutzungen, die die Bank gezogen hat, ebenso im Zug-um-Zug-Verhältnis herauszugeben sind.  
  • Ist die Bank tatsächlich zur Herausgabe der Nutzen, die sie aus dem Vertragsverhältnis gezogen hat, verpflichtet? Schließlich ist für diesen Fall unklar, in was dieser Nutzen bestehen soll und ob sie – da Ihnen ja unbekannt ist, was die Bank an Ihrer Vertragsdurchführung verdient hat, Ihnen gegenüber diesbezüglich auskunftspflichtig ist.  

In den seitens unserer Kanzlei vertretenen Fällen hat die jeweils finanzierende Bank in keinem einzigen Fall einer Rückabwicklung eines Vertragsverhältnisses zugestimmt. Auf der anderen Seite konnten mit Ausübung des Widerrufsrechtes relativ häufig eine Ablösung der Darlehensvaluta mit geringerer oder keiner Vorfälligkeitsentschädigung erreicht werden.

Wenn dies auch Ihrer Zielsetzung an der Beauftragung unserer Kanzlei entspricht, bitten wir umgehend, spätestens bis zum 30.11.2014 um Auftragserteilung zur Ausübung des Widerrufsrechtes. Für diesen Fall wird auch Ihre Rechtschutzversicherung auch voraussichtlich die Deckungszusage für die außergerichtliche Rechtsverfolgung erklären. Dies, zumal ein Versicherungsfall nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nur in diesem Fall anzunehmen ist.

Dies gilt aber wiederum nur dann falls nicht Ausschlussklauseln greifen, die Fälle, die im Zusammenhang mit dem Bau oder der Errichtung von Wohnungs-oder sonstigen Immobilieneigentum ggf. in den Allgemeinen Rechtschutzbedingungen geregelt sind. Auch falls eine Rechtsschutzversicherung nicht greift, können wir nach relativ kurzer Betrachtung mitteilen, wie hoch ggf. die von Ihnen zu erreichenden wirtschaftlichen Vorteile sind (im Regelfall Wegfall der Vorfälligkeitsentschädigung) ggf. auch rückwirkend ggf. etwas günstiger Zinssatz als derjenige, der der Ihnen berechnet wurde. Kosten hierfür? 

Eine Erstberatungsgebühr liegt bei 226,10 €. Dann haben Sie ggf. etwas mehr Klarheit. Einfach Darlehensunterlagen einscannen und an uns übermitteln. Derzeitige Bearbeitungsdauer: 14 Tage.

Im Rahmen der in unserer Kanzlei zum Jahreswechsel obliegenden Prüfung, betreffend laufende Verjährungsfristen, darf ich folgende Hinweise erteilen:

I. Keine Verjährung des Gestaltungsrechtes Widerruf! § 199 BGB: Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch zum Entstehen gelangt ist.

  •  Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre

Nach der Legaldefinition der Vorschrift des § 194. I BGB ist ein Anspruch das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (Anspruch). Dieser Rechtsanspruch unterliegt der Verjährung. Nicht aber das Gestaltungsrecht selbst!

Ergebnis: Eine Verjährung des Widerspruchsrechts ist damit nach den gesetzlichen Regelungen nicht möglich.

Soweit es Ihnen allerdings um die Rückforderung von Bearbeitungsgebühren geht. Hier verjährt voraussichtlich alles zum Jahresende. Dies, weil nach Ansicht des BGH seit 2011 Rechtsklarheit herrscht, dass man die Gebühren zurückfordern kann. Und ab diesem Zeitpunkt haben Sie dann 3 Jahre um den Eintritt drohender Verjährung durch Klageerhebung oder Beantragung eines Mahnbescheides zu unterbrechen. Sie können auch einen Güteantrag an eine Schiedsstelle oder ein Ombudsmannverfahren durchführen. Der Weg zum Anwalt kann in Bezug auf diese Positionen schwer sein, da die Arbeitsauslastung zum Jahreswechsel hoch ist ...

Verjährung kommt aber nicht bei Ihrem Widerrufsrecht in Betracht.

Hier ist die Rechtslage im Fall der Zielsetzung des Widerrufes des Darlehensvertrages, um sich die Vorfälligkeit zu sparen, eine andere. Achten Sie aber auf Verwirkung. Dies kann hier ein sehr scharfes Schwert sein, um Ansprüche gerichtlich zu versagen. Aber die Hoffnung sollte auf Ihrer Seite sein:

II.) Kein Verzicht auf das Recht des Widerrufes als Gestaltungsrecht möglich:

Auf ein Widerrufsrecht kann auch grundsätzlich nicht verzichtet werden. Unter Umständen erlischt das Widerrufsrecht, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers vollständig erfüllt wird. Das Vertragsverhältnis wurde noch nicht zu Ende geführt, deshalb kann auch ein Verzicht auf das Gestaltungsrecht des Widerrufes grundsätzlich nicht angenommen werden. In der Rechtsprechung ist auch anerkannt, dass selbst im Fall von abgelösten Darlehensvertragsfällen die Ausübung des Widerrufsrechtes des Altvertrages grundsätzlich möglich ist (BGH, 24.11.2009 – XI ZR 260/08 bestätigt durch: BGH, Urteil vom 26. Oktober 2010 – XI ZR 367/07). Dies betraf allerdings den Spezialfall des Widerrufsrechtes nach dem Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetztes als mit den gesetzlichen Neuregelungen im Kalenderjahr 2003, kein normiertes Erlöschen in den neu eingeführten Vorschriften feststellbar war.[1]

III.) Keine Ausschlussfristen:

Für einseitige Gestaltungsrechte, wie z.B. Anfechtung, Rücktritt/Widerruf oder Kündigung etc. vertritt auch die Literatur, dass diese nicht verjähren. Manche Gestaltungsrechte können aber nur innerhalb gesetzlicher Ausschlussfristen ausgeübt werden. So grundsätzlich auch das Recht zur Anfechtung bzw. zur außerordentlichen Kündigung § 626 Abs. 2 BGB zur Kündigung zum Rücktritt/Widerruf §§ 350/355 BGB. Es gilt somit der rechtliche Grundsatz, dass nach Ablauf der Ausschlussfristen der Gläubiger selbst(!) nicht mehr berechtigt ist, das einseitige Gestaltungsrecht auszuüben, also anzufechten, zurückzutreten/zu widerrufen oder zu kündigen.) Wäre im vorliegenden Fall also eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erfolgt, wäre auch die 14-Tagesfrist, die das Gesetz für die Ausübung des Widerrufes vorsieht, abgeblaufen (§ 355 II BGB). Dies ist aber nach neuem und altem Recht dann nicht der Fall, wenn die Belehrung über das Widerrufsrecht unrichtig und damit unwirksam war. Unabhängig vom Rechtseinwand der Verjährung ist im Fall längerer Zeitabläufe auch immer der Rechtseinwand der Verwirkung zu beachten.

IV.) Eine Verwirkung

Kann nach einer langen Zeit nur im Einzelfall in Verbindung mit anderen Umständen als Ausnahme der Fall sein.

Für die Verwirkung gilt die Vorschriften des § 242 BGB:

Die Verwirkung ist ein Rechtseinwand, der nicht speziell gesetzlich geregelt ist, sondern in der Rechtsprechung als eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Verwirkung bedeutet, dass sich die Ausübung eines einer Person oder sonstigen Rechtsträgers (jur. Personen des öffentlichen oder des Privatrechts) zustehenden (Gestaltungs-) Rechtes (oder -Rechtsanspruches) als unzulässig darstellt und daher nicht gestattet ist.

Der Bundesgerichtshof definiert Verwirkung wie folgt (zuletzt u.a. im Beschluss 3.05.2011 XI ZR 374/08:)

Eine Verwirkung als Unterfall der wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung kommt in Betracht, wenn der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage war, und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde (vgl. BGH, Urteile vom 16. Juni 1982 - IVb ZR 709/80, BGHZ 84, 280, 281 und vom 13. Juli 2010 – XI ZR 57/08, ZIP 2010, 2004 Rn. 49, jeweils mwN).

Mit Entscheidung vom 9. Oktober 2013 XII ZR 59/12 hatte der Bundesgerichtshof zum Tatbestand der Verwirkung auf das Verhalten des Berechtigten abgestellt:

Bei dem Rechtsgedanken der Verwirkung kommt es in erster Linie auf das Verhalten des Berechtigten an. Mit der Verwirkung soll die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten gegenüber dem Verpflichteten ausgeschlossen werden. Dabei ist das Verhalten des Berechtigten nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Maßgebend ist insoweit, ob bei objektiver Beurteilung der Verpflichtete dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, ob er sich also darauf einrichten durfte, dass er mit einer Rechtsausübung durch den Berechtigten nicht mehr zu rechnen brauche (BGHZ 25, 47, 52 = NJW 1957, 1358; RGZ 155, 152).

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen daher zu dem reinen Zeitablauf besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (BGHZ 105, 290, 298 = NJW 1989, 836; BGH Urteile vom 18. Januar 2001 – VII ZR 416/99 – NJW 2001, 1649; vom 14. November 2002 – VII ZR 23/02 – NJW 2003, 824 und vom 30. Oktober 2009 – V ZR 42/09 – NJW 2010, 1074). Der Vertrauenstatbestand kann nicht durch bloßen Zeitablauf geschaffen werden (BGH Urteile BGHZ 43, 289, 292 = NJW 1965, 1532; vom 20. Dezember 1968 – V ZR 97/65 – WM 1969, 182; vom 29. Februar 1984 – VIII ZR 310/82 – NJW 1984, 1684 vom 27. März 2001 – VI ZR 12/00 – NZV 2001, 464, 466 und vom 14. November 2002 – VII ZR 23/02 – NJW 2003, 824 juris Rn. 9).

Voraussetzungen der Verwirkung sind:

(1) Es muss ein erheblicher Zeitablauf feststellbar sein[2],).Wie lang dieser Zeitablauf sein muss ist nicht normiert. Maßgeblich soll der Einzelfall sein.

(2) Ferner muss ein Verhalten des Rechtsinhabers vorliegen, aus dem hervorgeht, dass dieser das Recht nicht geltend machen werde.

(3) Deshalb durfte der Schuldner auf die Nichtausübung des Rechts vertrauen und er muss auch tat sächlich darauf vertraut haben, dass der Gläubiger dieses Recht nicht geltend machen wird.

Bislang sind lediglich Entscheidungen bekannt, dass im Fall schon abgelöster Darlehen der Verwirkungseinwand durchgedrungen ist.

Im Fall eines Darlehensvertrages, der 2007 abgelöst worden war, sah das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 9. Januar 2014 Az. I-14 U 55/13[3] den Eintritt von Verwirkung an, als der dortige Kläger mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 10.04.2012 den Widerruf des Vertragsverhältnisses, welches 2006 abgeschlossen worden war, erklärt wurde. Die Beklagte musste nach knapp fünf Jahren, gerechnet von der vorzeitigen Ablösung an, nicht mehr mit einem Widerruf des Darlehensvertrags rechnen. So das OLG Düsseldorf für den Fall eines abgelösten (und voll erfüllten) Vertrages!

Im Fall von Darlehen, die unverändert von Vertragsbeginn bedient aber nicht abgelöst wurden und bei welchen die Bank nicht bereits durch höchstrichterliches Urteil des BGH verurteilt wurde, scheint eine derartige Argumentation nur eingeschränkt möglich.

In dem vom OLG entschiedenen Fall handelte es sich um die Targobank, als Rechtsnachfolgerin der City Bank. Der Bundesgerichtshof hatte in seiner Grundsatzentscheidung vom 15.12.2009 die Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung der Targobank festgestellt[4]. Ferner war dort das Darlehen (voraussichtlich durch eine Drittbank) abgelöst worden. Falls Sie in der Vergangenheit abgelöst hatten und dies schon länger als knapp 5 Jahre her ist, können daher Probleme aufgrund der Verwirkung bestehen. Dies gilt aber u.E. nicht, wenn sie bei der gleichen Bank geblieben, das Vertragsverhältnis verlängert haben oder den Kredit aufgestockt haben oder über Konditionsänderungsvereinbarungen, Prolongationen oder unechten Abschnittsfinanzierungen immer noch bei der geleichen Bank sind. Warum?

weil dann ein derartiger Sachverhalt wie vom OlG Düsseldorf in Ihrem Fall bzw. im Fall Ihrer Bank bislang nicht festzustellen ist.

Allerdings wurden auf den Bankrechtstagen in München am 20.11.2014 gegenteilige Meinungen von Juristen vertreten die „aus dem Lager der Banken“ stammen dürften:

Konservative und im juristischen Lager der Banken hervorgebrachte Rechtsmeinungen lassen erkennen, dass es ein – wie im Gesetz eigentlich vorgesehenes – unendliches Widerrufsrecht nicht geben soll. Insbesondere für den Fall der vollständigen Vertragsabwicklung (also Rückführung oder ggf. auch Ablösung des Darlehens) soll das Widerrufsrecht der Bank erlöschen. Die Bank habe, nach Auszahlung der Darlehensvaluta ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass der Bankkunde, der jahrelang sein Darlehen bedient nicht nach langen Jahren von seinem Widerrufsrecht mehr Gebrauch macht.

Die Bank ginge von der Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung stets aus. Deshalb würde die Darlehensvaluta auch in der Praxis stets erst ausbezahlt werden, wenn die 14-Tagesfrist die der Darlehensnehmer im Fall einer ordnungsgemäßen Aufklärung über sein Recht zum Widerruf hat, abgelaufen ist.

Unsere Rechtsansicht ist die Folgende: Wir gehen davon aus, dass in Ihrem Fall noch nichts verjährt ist. Wir begründen unsere Rechtsansicht wie folgt:

Dagegen ist einzuwenden, dass nach der Vertragssphärentheorie jedenfalls zunächst einmal das Risiko einer richtigen oder falschen Widerrufsbelehrung tritt. Auch der Umstand, dass eine Bank ggf. auch aus redlichen Absichten von der Mustervorlage abgewichen ist, ändert an diesen gesetzlichen Ausgangspunkt zunächst einmal nichts. Auch die Möglichkeit das die Bank einem Rechtsirrtum hierbei unterlegen ist, vermag nicht zu einem anderen Ergebnis führen, da bei Einführung der Musterverordnung im Bundesgesetzblatt zu lesen ist, dass nur die Übernahme der Musterwiderrufsbelehrung 1:1 die gesetzliche Schutzwirkung (Fiktion, dass richtig belehrt wurde) zu Gunsten der Bank zur Folge hat.

Wird etwas abgeändert, besteht diese gesetzliche Schutzwirkung nicht. Ferner hat die Bank den ihr aus dem Gesetz obliegenden Auftrag einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung nicht umgesetzt. Der Darlehensnehmer hat. – Jedes Jahr, jeden Monat, jede Woche und jeden Tag , weiterhin einen Rechtsanspruch darauf, richtig über sein Widerrufsrecht belehrt zu werden.

Es lässt sich und dies ist maßgebend nichts aus dem Gesetz herleiten, dass die Bank in den Folgejahren der Durchführung des Darlehensvertragsverhältnisses von dieser gesetzlichen Verpflichtung befreit wird.

Damit fehlt es aufgrund der objektiven Gesetzeslage bereits u. E. an einer Rechtsposition der Bank, aufgrund welcher diese ein Schutzwürdiges Vertrauen entwickeln kann, dass der Darlehensnehmer auf das Recht auf eine richtige Widerrufsbelehrung verzichtet. Dabei ist es gerade hinsichtlich der Frage der Verwirkung wesenseigen, dass der jeweils Berechtigte nicht zwangsnotwendiger Weise Kenntnis von seiner Rechtsposition besitzen muss um bei Vorliegen von Zeit- und Umstandsmoment Verwirkung eintreten zu lassen.

Auf der anderen Seite muss dann aber auch gefordert werden, dass ein von einem Gesetz zu einer ordnungsgemäßen Belehrung des Vertragspartners verpflichteten Rechtsträger nicht eine Schutzwürdigkeit in der Form zugestehen darf, die letztendlich darauf hinausläuft, dass eine Gesetzespflicht die noch in der Gegenwart und sei es auch nach Jahren entfällt.

Dass der Gesetzgeber schließlich vorgesehen hatte, das der Darlehensnehmer im Fall einer zunächst erfolgten falschen Widerrufsbelehrung nachträglich noch ein Recht auf richtige Widerrufsbelehrung besitzt ist der Gesetzessystematik selbst zu entnehmen. In diesem Fall gesteht das Gesetz dem Darlehensnehmer sogar eine längere Frist für die Ausübung des Widerrufsrechtes zu.

V.) Empfehlung:

In Ihrem Fall empfehlen wir in jedem Fall alsbald das Widerrufsrecht gegenüber der Gegenseite auszuüben Außerdem bestehen andernfalls auch keine Chancen die Kosten unserer Beauftragung gegenüber Ihrer Rechtsschutzversicherung abrechnen zu können.


Mit freundlichen Grüßen

Martin J. Haas

Rechtsanwalt

auch Fachanwalt für

Bank- und Kapitalmarktrecht


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[1] BGH, Urteil vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07:

[2] wobei teilweise in der Literatur vertreten wird, dass dieser Zeitablauf kürzer als die Verjährungsfrist/bzw. Ausschlussfrist ist (denn nach Eintritt der Verjährung/des Ausschluss kann der Schuldner ja ohnehin die Verjährungseinrede erheben/bzw. der Gläubiger sein Recht nicht mehr geltend machen! – Kann aber wie aufgezeigt für Gestaltungsrechte kein maßgebliches Kriterium sein.)

[3] OLG Düsseldorf Urteil vom 9. Januar 2014, Az. I-14 U 55/13: Das sog. Zeitmoment ist zur Überzeugung des Senats erfüllt. Die Kläger haben das ursprünglich am 02.01.2006 aufgenommene Darlehen im März 2007 vorzeitig abgelöst, woraufhin die Beklagte am 10.04.2007 das entsprechende Kreditkonto löschte. Ihre auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung haben die Kläger erst mit außergerichtlichem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 02.03.2012 widerrufen. Damit haben die Kläger bis zum Widerruf der vorgenannten Darlehen einen Zeitraum von knapp fünf Jahren verstreichen lassen, also deutlich über die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB - http://dejure.org/gesetze/BGB/195.html) hinaus zugewartet.

bb) Angesichts der vollständigen beiderseitigen Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag aus dem Jahr 2006 ist der Senat der Auffassung, dass auch das sog. Umstandsmoment erfüllt ist. Die Beklagte musste nach knapp fünf Jahren, gerechnet von der vorzeitigen Ablösung an, nicht mehr mit einem Widerruf des Darlehensvertrags rechnen, sondern konnte auf den Bestand der mit der vorzeitigen Ablösung im Frühjahr 2007 erfolgten beiderseitigen Vertragserfüllung vertrauen (vgl. auch KG, Urteil vom 16.08.2012, 8 O 101/12, Juris, OLG Köln, Urteil vom 25.01.2012, I-13 U 30/11, juris – http://openjur.de/u/452944.html). Dementsprechend konnte sich die Beklagte darauf einrichten, von den Klägern nicht mehr in Anspruch genommen zu werden und hat nach der Lebenserfahrung auch entsprechend disponiert, statt diesbezüglich Rückstellungen zu bilden.

cc) In dem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die Kläger von dem eventuell fortbestehenden Widerrufsrecht Kenntnis erlangt hatten, bevor sie den Rechtsrat ihrer Prozessbevollmächtigten in Anspruch genommen haben (vgl. dazu, Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15.12.2009 (XI ZR 45/09, juris – http://openjur.de/u/70770.html)). Denn der Eintritt der Verwirkung, eines Unterfalls der unzulässigen Rechtsausübung, hängt nicht notwendig davon ab, dass der Berechtigte über seine Rechtsposition in Unkenntnis war (vgl. BGH, Urteil vom 16.03.2007, V ZR 190/06, juris – http://openjur.de/u/78975.html – , OLG Köln, Urteil vom 21.01.2012, a.a.O.). Sofern der andere Teil dem Berechtigten nicht eine Rechtsposition treuwidrig verheimlicht hat (vgl. Grüneberg, a.a.O., § 242 Rn. 94), reicht dazu grundsätzlich aus, dass er sie objektiv hätte kennen können.

[4] OLG Düsseldorf Urteil vom 9. Januar 2014 · Az. I-14 U 55/13: Zwar wurden auch schon vor Veröffentlichung des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 15.12.2009 (XI ZR 45/09, a.a.O. – http://openjur.de/u/70770.html) von Teilen der Rechtsprechung und der Literatur insoweit die Voraussetzungen der Belehrungspflichten bei verbundenen Geschäften angenommen, doch ist die Rechtslage erst durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15.12.2009 geklärt worden. Im Hinblick darauf lässt sich nicht feststellen, dass vor Veröffentlichung dieser Entscheidung erteilte unvollständige Widerrufsbelehrungen Folge eines sorgfaltswidrigen Verhaltens waren (vgl. BGH, Urteil vom 18.01.2011, XI ZR 356/09, juris – http://openjur.de/u/163574.html). Erst recht ist nicht zu erkennen, dass die Beklagte sich bewusst und damit ihrerseits treuwidrig über eine entsprechende Rechtspflicht hinweggesetzt hat.


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