Was ist eine verhaltendbedingte Kündigung?

  • 2 Minuten Lesezeit

Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt schuldhaftes vertragswidriges und steuerbares Verhalten trotz vorheriger einschlägiger Abmahnung voraus.

1. Klare Pflichtendefinition und Bekanntgabe der Pflicht ggü. AN

  • z. B. in Arbeitsverträgen, Betriebsordnungen, Hausordnungen, Anweisungen

2. Beweisfähiger Verstoß gegen die Pflichten gemäß Ziffer 1

  • Wichtig: Beweissicherung (auch für den Fall der Abmahnung)

3. Abmahnung

Dreiteilige Struktur

  • Pflicht benennen.
  • Tatsachen, aus denen sich der Verstoß herleitet, konkret und wertungsfrei darstellen.
  • Abmahnsatz ("Sollte sich das abgemahnte Verhalten wiederholen, müssen Sie mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur Kündigung rechnen.").

Keine Wertungen!!!

Tatsächlicher Zugang beweissicher gewährleisten.

4. Neuerlicher beweisfähiger Verstoß gegen die abgemahnten (oder ähnlichen) Pflichten

  • Wichtig: Beweissicherung (auch für den Fall der Abmahnung)

Ausnahme

Vertrauensdelikt, z. B. Diebstahl, Unterschlagung, Betrug, Körperverletzung, Beleidigung, Selbstbeurlaubung

→ dann ggf. Kündigung ohne Abmahnung.

5. Kündigung

  • keine Begründung notwendig
  • gesetzlicher Vertreter unterzeichnet im Original oder Beifügung einer
  • Originalvollmacht
  • tatsächlicher Zugang beweissicher gewährleisten

Kündigung sollte niemals Sanktion sein – sondern Schutz vor neuerlichen Pflichtverletzungen und deren Folgen!

Aktuelle Entscheidungen aus der Rechtsprechung

Verdachtskündigung Azubi – Anhörung Datenerhebung?

Auch im Ausbildungsverhältnis ist eine Verdachtskündigung zulässig.

Der Ausbildende hat erst dann alles ihm Zumutbare zur Aufklärung des Sachverhaltes getan, wenn er dem Auszubildenden Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Es ist dabei grundsätzlich nicht erforderlich, den Auszubildenden vor Durchführung einer Anhörung über den beabsichtigten Gesprächsinhalt zu unterrichten.

Bei der Anhörung handelte sich um eine Datenerhebung i.S.v. § 32 BDSG. Sie soll aber keine Überwachung- oder Kontrollmaßnahme sein und unterfällt daher nicht § 32 Absatz 1 Satz 2 BDSG.

Hier ist allerdings große Vorsicht geboten. Wollen Sie die Anhörung auch gegebenenfalls für strafrechtliche Maßnahmen heranziehen oder können dies vorab nicht ausschließen, könnte dies anders zu sehen sein. Dann müsste der Arbeitnehmer schriftlich der Datenerhebung zustimmen.

BAG | 12.02.2015 | 6 AZR 845/13 (sehr ausführliche und gut begründete Entscheidung)

Schadenersatz wegen heimlichen Videoaufnahmen

Nach § 32 Abs. 1 Satz 2 BGSG dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten zur Aufdeckung von Straftaten (im Betracht kommt die Verschaffung eines rechtswidrigen Vermögensvorteils durch Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit) nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn

  • zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den konkreten Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat,
  • die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist (kein milderes Mittel) und
  • das schützenswerte Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig ist.

Hiernach handelt ein Arbeitgeber, wer der wegen des Verdachts einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit einen Detektiv die Überwachung eines Arbeitnehmers überträgt, rechtswidrig, wenn sein Verdacht nicht auf konkreten Tatsachen beruht. Angesichts des hohen Beweiswertes einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sind zumindest begründete Zweifel an der Richtigkeit der ärztlichen Bescheinigung erforderlich.

Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch eine rechtswidrige Überwachung eines Arbeitnehmers einschließlich heimlicher Videoaufnahmen kann einen Geldentschädigungsanspruch begründen.

BAG | 19.02.2015 | 8 AZR 1007/13


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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