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Was passiert, wenn der Arbeitnehmer der Einführung von Kurzarbeit widerspricht? Kann der Arbeitgeber kündigen?

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Mit dieser Thematik befasst sich ein Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 22.10.2020.

ArbG Stuttgart , Urteil vom 22.10.2020 , 11 Ca 2950/20; nicht rechtskräftig

Über folgenden Sachverhalt hatte das Gericht zu entscheiden:

Die Klägerin war seit 2011 als Personaldisponentin bei einer Leiharbeitsfirma beschäftigt. In dem Zeitraum vom 6. April 2020 bis Anfang August 2020 war die Klägerin durchgehend arbeitsunfähig krank. Am 9. April 2020 bat der Geschäftsführer der Beklagten die Klägerin telefonisch um die Unterzeichnung einer Vereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit. Die Klägerin lehnte dies ab. Die zuständige Behörde hat der Beklagten ab dem 1. April 2020 die Einführung von Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld für die betroffenen Arbeitnehmer bewilligt. Am 22. April 2020 sprach die Beklagte der Klägerin gegenüber eine fristlose, hilfsweise fristgerechte Änderungskündigung aus. Die Beklagte bot der Klägerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen an. Die Änderung bezog sich auf die Einführung der Kurzarbeit. Die Klägerin nahm die Änderungskündigung an, unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung der Sozialwidrigkeit der vorgenommenen Änderung. Die Frage, ob die fristlose, hilfsweise fristgerechte Änderungskündigung sozial gerechtfertigt war, wurde von dem Arbeitsgericht Stuttgart in diesem Rechtsstreit entschieden.

Das Gericht hat folgendes entschieden:

Das Arbeitsgericht Stuttgart hat entschieden, dass die fristlose Änderungskündigung sozial gerechtfertigt gewesen ist. Die Voraussetzungen für eine solche Kündigung liegen nach Einschätzung des Gerichts vor. Durch die Einführung von Kurzarbeit gibt es ein dringendes betriebliches Erfordernis für ein solches Änderungsangebot. Dieses Änderungsangebot musste die Klägerin auch billigerweise hinnehmen, da es im Ergebnis verhältnismäßig gewesen ist. Angesichts des Arbeitsausfalls bei der Beklagten war ein milderes Mittel als der Ausspruch der außerordentlichen Änderungskündigung nicht ersichtlich. Da ein Betriebsrat bei der Beklagten nicht besteht und eine individualvertragliche Regelung über die Kurzarbeit wegen der Ablehnung der Klägerin ausscheidet, bleibt nur noch die Möglichkeit einer Änderungskündigung. Auch die außerordentliche Änderungskündigung ist nach Auffassung des Gerichts begründet. Das Gericht argumentiert insoweit, dass dem Arbeitgeber ein abwarten bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar ist, da diese zeitliche Verzögerung zu einer nicht mehr möglichen sinnvollen Nutzung des Instruments der Kurzarbeit führen würde. Außerdem seien mildere Mittel, als die fristlose Änderungskündigung nicht ersichtlich. Unerheblich sei insoweit die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin in diesem Zeitraum.

Fazit:

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es bleibt somit abzuwarten, ob diese Entscheidung auch in der Berufungsinstanz Bestand haben wird. Grundsätzlich gibt es bei dem Ausspruch einer Änderungskündigung drei Möglichkeiten, hierauf zu reagieren. Erstens: Man kann die Änderungskündigung annehmen, dann ändert sich das Arbeitsverhältnis entsprechend, im vorliegenden Fall gilt dann die Kurzarbeit für den vorgesehenen Zeitraum. Zweitens: Man kann die Änderungskündigung komplett ablehnen, dann wandelt sich die Änderungskündigung in eine Beendigungskündigung. Es geht dann um den Bestand des Arbeitsverhältnisses. Drittens: Wie im vorliegenden Fall auch, kann man auch die Änderungskündigung unter Vorbehalt annehmen. Dann entscheidet ein Gericht, ob die Änderung als solche gerechtfertigt gewesen ist oder nicht.

Im vorliegenden Fall hat das Gericht die Einführung der Kurzarbeit so bewertet, dass der Arbeitgeber auch zu einer fristlosen Änderungskündigung berechtigt ist, wenn der Arbeitnehmer diese ablehnt. Insoweit sollte sich der Arbeitnehmer gut überlegen und abwägen, ob er das Angebot des Arbeitgebers zur Kurzarbeit annimmt oder ablehnt. Die Ablehnung hat sich vorliegend für die Klägerin zwar nicht unmittelbar negativ ausgewirkt, da das Arbeitsverhältnis ja fortbesteht. Fraglich ist jedoch, ob die Ablehnung nicht eventuell zu Spannungen innerhalb des Arbeitsverhältnisses füh

rt.


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