Wechsel in befristetes Arbeitsverhältnis führt nicht unbedingt zur Sperre beim Arbeitslosengeld

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Dies entschied unlängst das Sozialgericht Speyer (SG Speyer 17.02.2016, S 1 AL 63/15).

Ein Wechsel von einem zunächst unbefristeten in ein befristetes Arbeitsverhältnis, welches sodann endet und in der Arbeitslosigkeit mündet, hat nicht ohne Weiteres zwingend eine Sperrzeit für das ALG I zur Folge.

Eine solche kommt nur dann in Betracht, wenn dem Arbeitnehmer ein anderes Verhalten hätte zugemutet werden können. Diese Frage ist zu verneinen, wenn die befristete Beschäftigung deutlich bessere Arbeitsbedingungen beinhaltet als die vorhergehende unbefristete Beschäftigung.

In dem vom Sozialgericht entschiedenen Fall hatte ein als Maurer tätiger Arbeitnehmer sein unbefristetes Arbeitsverhältnis, bei dem er seine Tätigkeit ca. 50 Kilometer von seinem Wohnort entfernt verrichten musste, gekündigt und sodann in ein befristetes Anstellungsverhältnis bei einem Arbeitgeber in der Nähe seines Wohnsitzes gewechselt.

Zusätzlich zu dem kürzeren Arbeitsweg erhielt der Arbeitnehmer im Rahmen seiner neuen, befristeten Anstellung auch noch einen ca. 20 Prozent höheren Stundenlohn als bei seinem vorherigen Arbeitgeber. Das neue Arbeitsverhältnis lief entsprechend der Befristung nach zwei Monaten aus, sodass der Kläger sich in der Folge arbeitslos melden musste und Arbeitslosengeld I beantragte. 

Die Beklagte, die für den Kläger zuständige Arbeitsagentur, verweigerte jedoch unter Feststellung einer Sperrzeit von zwölf Wochen zunächst die Zahlung von ALG I. Als Begründung hierfür berief sich die Agentur darauf, dass der Kläger aus eigenem Antrieb ein unbefristetes Arbeitsverhältnis gekündigt und damit bewusst seine Arbeitslosigkeit im Anschluss an die Beendigung des neuen befristeten Arbeitsverhältnisses herbeigeführt und damit verschuldet habe.

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage machte der Kläger geltend, dass die befristete Beschäftigung ihm viele Vorteile geboten habe: Durch die geringe Entfernung zu seinem Wohnort habe er in erheblichem Umfang Fahrtkosten eingespart. Zudem sei er in dem unbefristeten Arbeitsverhältnis untertariflich bezahlt worden und habe seinen Lohn häufig nicht pünktlich erhalten.

Das SG gab der Klage statt und begründete dies wie folgt: 

Die Feststellung einer Sperrzeit seitens der Beklagten und damit die Verweigerung der Zahlung von Arbeitslosengeld seien zu Unrecht erfolgt, da der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Auflösung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses gehabt habe. 

Ein Wechsel eines Arbeitnehmers von einem unbefristeten in ein befristetes Arbeitsverhältnis führe nur dann zu einer rechtmäßigen Sperrzeit, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles sowie der Abwägung seiner eigenen Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten hätte zugemutet werden können.

Dies sei nicht der Fall, wenn das neue befristete Arbeitsverhältnis erheblich bessere und attraktivere Arbeitsbedingungen beinhalte als die vorhergehende unbefristete Anstellung.

Von einer derartigen Konstellation ging das Sozialgericht im vorliegenden Fall aus, da der Kläger durch die Verkürzung des Anfahrtsweg zur Arbeit zum einen seine Fahrtkosten drastisch verkürzen konnte, was letztlich mittelbar zu einem deutlich höheren Arbeitsentgelt geführt habe. Zum anderen sei von Relevanz, dass der neue Arbeitgeber einen um ca. 20 Prozent höheren Stundenlohn gezahlt habe. Vor diesem Hintergrund waren die Arbeitsbedingungen im befristeten Arbeitsverhältnis erheblich attraktiver als in dem unbefristeten Arbeitsverhältnis.

Aus diesen Gründen sei es dem Kläger zuzugestehen gewesen, in ein befristetes Arbeitsverhältnis zu wechseln, ohne dabei nach Beendigung desselben mit einer Sperrzeit rechnen zu müssen. 


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