Welche Risiken gehe ich als Geschäftsführer bzw. Unternehmer ein, wenn ich mein Unternehmen fortführe, das bereits in der Krise ist, also schon zahlungsunfähig oder überschuldet?

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Wann besteht eine Insolvenzantragspflicht?

Für Unternehmen, die gegenüber ihren Geschäftspartnern eine beschränkte Haftung in Anspruch nehmen, hat der Gesetzgeber zum Schutz der Vertragspartner eine sogenannte Insolvenzantragspflicht geregelt. Diese Insolvenzantragspflicht gilt also bei Unternehmen, die zum Beispiel als GmbH, als UG, als Aktiengesellschaft oder auch als sogenannte GmbH & Co. KG strukturiert sind.

Die Geschäftsführer bzw. Vorstände sind im Fall einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Unternehmens dann verpflichtet, einen Insolvenzantrag einzureichen.

Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn zehn Prozent oder mehr der aktuell fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr bezahlt werden können.

Überschuldung liegt vor, wenn für das Unternehmen keine Fortführungsperspektive mehr besteht und dann das Vermögen des Unternehmens die Schulden nicht mehr deckt.

Sowohl die Zahlungsunfähigkeit als auch die Überschuldung sind sogenannte Insolvenzgründe.

Welche Zahlungen darf das Unternehmen nach Eintritt des Insolvenzgrundes überhaupt noch leisten?

Ab dem Zeitpunkt des Eintritts eines Insolvenzgrundes, also der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, läuft die sogenannte Antragsfrist, die drei Wochen im Fall der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen im Fall der Überschuldung beträgt.

Innerhalb dieses Zeitraums müssen ernsthafte Sanierungsbemühungen stattfinden oder der Insolvenzantrag muss vorbereitet werden. Wenn dies der Fall ist, dürfen Zahlungen geleistet werden, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen und zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes notwendig sind.

Nach Ablauf der Anmeldefrist, also im Zeitraum der Insolvenzverschleppung, sind dagegen sämtliche Zahlungen, selbst wenn sie für die Betriebsfortführung notwendig sind, verboten.

Diese sehr strenge Regelung ist mit einer Gesetzesänderung zum Ende letzten Jahres eingeführt worden. Hintergrund ist, dass in der Vergangenheit in sehr vielen Fällen viel zu spät ein Insolvenzantrag gestellt wurde. Dies führte zu immensen Schäden bei den Vertragspartnern dieser Unternehmen. Mit der verschärften Regelung will der Gesetzgeber die verantwortlichen Geschäftsführer dazu zwingen, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen.

Welche Folgen hat das für mich als Geschäftsführer, wenn ich das Unternehmen auch noch über die Antragsfrist hinaus fortführe und Zahlungen ausgeführt werden ?

Wenn der Geschäftsführer über die Insolvenzantragsfrist hinaus das Unternehmen fortführt und Zahlungen geleistet werden, unterliegen sämtliche Zahlungen dem Zahlungsverbot. Diese Zahlungen muss der Geschäftsführer im Falle einer späteren Insolvenz aus seinem Privatvermögen zurückzahlen. In vielen Fällen führt dies neben der Unternehmensinsolvenz zu einer Privatinsolvenz des Geschäftsführers. Daneben bestehen noch strafrechtliche Risiken, wie Insolvenzverschleppung und Eingehungsbetrug.

Wir erleben in sehr vielen Fällen, dass den Geschäftsführern dieses Risiko gar nicht bewusst war, sondern bis zum Ende alles versucht wurde, das Unternehmen zu retten. Das böse Erwachen kommt dann später, wenn der Insolvenzverwalter einen solchen Anspruch geltend macht.

Es ist davon auszugehen, dass gerade jetzt infolge der Auswirkungen der Corona-Krise und trotz der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, die eben nicht für alle gilt, viele Geschäftsführer und Unternehmer hier voll im Risiko stehen.

Wie kann ich als Geschäftsführer diese Haftungsrisiken vermeiden?

Der Gesetzgeber hat die Geschäftsführer ebenfalls im Rahmen der Gesetzesänderung Ende des Jahres 2020 verpflichtet, ein Frühwarnsystem im Unternehmen zu installieren. Mittels einer hinreichenden Finanzplanung muss frühzeitig erkennbar sein, wenn Liquiditätsschwierigkeiten drohen.

Sobald hieraus ersichtlich ist, dass ein Insolvenzgrund vorliegt, muss sofort die rote Ampel aufleuchten. Jede Zahlung muss hier gesondert und einzeln auf Betriebsnotwendigkeit geprüft werden. Daueraufträge, Abbuchungsermächtigungen, Lastschriften etc. sollten sofort gestoppt werden, um die Kontrolle über jede einzelne Zahlung zu haben. Innerhalb der Antragsfrist muss ein Insolvenzantrag vorbereitet und eingereicht werden.

Falls Sie als Geschäftsführer oder Unternehmer unsicher sind, ob eine Insolvenzantragspflicht besteht oder die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zum Tragen kommt, kann es durchaus sinnvoll sein, hier proaktiv ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung einzuleiten. Hierbei handelt es sich um ein besonderes Insolvenzverfahren, das die Sanierung des Unternehmens zum Ziel hat und bei dem der Geschäftsführer weiter "an Bord bleibt" und die Sanierungsoptionen maßgeblich mitbestimmt.

Im Falle der Einleitung eines solchen Verfahrens ist jedenfalls der Geschäftsführer auf der sicheren Seite und muss dann nicht mehr mit den Haftungsrisiken wegen Insolvenzverschleppung rechnen. Zudem bietet das Verfahren verschiedene Sanierungswerkzeuge, die helfen, das Unternehmen wieder profitabel zu machen. Viele Unternehmen haben auch zu Corona Zeiten dieses Sanierungsinstrument erfolgreich genutzt.

Bei der Prüfung einer Insolvenzantragspflicht und den bestehenden Optionen beraten wir Sie gerne im Rahmen eines kostenlosen Erstgesprächs.


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