Welche Strafen drohen für die Teilnahme an illegalen Autorennen? Anwalt bei Vorladung, Anklage Vorwurf Autorennen

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Bereits seit einigen Jahren gehen vermehrt Meldungen über illegale Autorennen regelmäßig durch die Presse. Der „Ku´damm Raser Fall“ aus Berlin ging sogar bis zum Bundesverfassungsgericht.

Im Jahr 2017 wurde ein neues Strafgesetz in das Strafgesetzbuch eingeführt. § 315d StGB normiert Strafbarkeiten in Bezug auf verbotene Kraftfahrzeugrennen.

Sind Autorennen strafbar?

Das ist möglich. Die Teilnahme oder das Durchführen bzw. Veranstalten von Autorennen kann eine Strafe nach sich ziehen. Dies gilt für verbotene Kraftfahrzeugrennen, die gem. § 315d StGB strafbewehrt sind.

Wie hoch ist die Strafe für die Teilnahme oder die Veranstaltung illegaler Autorennen?

Grundsätzlich droht für die Veranstaltung, Durchführung und die Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen im Sinne des § 315d Abs.1 StGB eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe. In bestimmten Konstellationen wird die Strafandrohung allerdings höher.

Kann ich bei einer Verurteilung wegen verbotener Autorennen meinen Führerschein verlieren?

Gerade bei Straßenverkehrsdelikten wie dem § 315d StGB können außer einer Geld- oder Freiheitsstrafe weitere empfindliche Folgen im Falle eines Strafverfahrens und einer Verurteilung drohen. Hierzu gehört auch der mögliche Verlust der Fahrerlaubnis. Gerade bei Straßenverkehrsdelikten kann es sein, dass bereits im Strafverfahren der Führerschein vorläufig beschlagnahmt wird. Eine Verurteilung kann dann möglicherweise auch dazu führen, dass ein Fahrverbot für eine bestimmte Zeit angeordnet wird oder der Beschuldigte sogar die Fahrerlaubnis verliert. Wenn man die Fahrerlaubnis verliert, muss man – sobald man dies wieder darf – sogar die Führerscheinprüfung noch einmal ablegen.

Wann macht man sich wegen verbotener Kraftfahrzeugrennen nach § 315d StGB strafbar?

Strafbar ist gem. § 315d Abs.1 StGB …

  • das Ausrichten,
  • das Durchführen,
  • die Teilnahme

an solchen verbotenen Kraftfahrzeugrennen sowie

  • das rücksichtslose und grob verkehrswidrige Fortbewegen mit nicht angepasster Geschwindigkeit mit dem Ziel eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen (§ 315d Abs.1 Nr.3 StGB).


Hierdurch entsteht bereits abstrakt betrachtet eine Gefahr. Solche Handlungen enthalten in sich die Eignung zur Verursachung von Schäden im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr. Und bereits diese Schaffung einer solchen abstrakten Gefahr genügt auch schon, um eine Strafbarkeit nach § 315d Abs.1 StGB zu begründen.

Was ist ein verbotenes Autorennen?

Damit ist zunächst zu klären, was denn überhaupt ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen in diesem Sinne ist.

Ein Autorennen zeichnet sich dadurch aus, dass mindestens zwei Autofahrer dabei mitmachen. Es handelt sich um eine Art Wettbewerb, sodass ein Ziel des Vorhabens ist, eine höhere Geschwindigkeit als der jeweils andere zu erreichen. Dabei muss sich dieses Geschehen auf eine nicht nur unerhebliche, geringfügige, Wegstrecke beziehen. Vgl. BGH, Beschluss v. 08.12.2021 – 4 StR 224/20.


Ob das Autorennen verboten (illegal) ist, hängt davon ab, ob eine entsprechende Genehmigung hierfür vorliegt.

Macht man sich wegen eines illegalen Autorennens nur dann strafbar, wenn es zu einem Unfall kommt?

Nein. Das Entstehen bzw. das Verursachen einer konkreten Gefahr (und damit einer „brenzligen Situation“ oder gar eines tatsächlichen Unfalls) ist nicht erforderlich, um sich strafbar zu machen. Verursacht man aber einen solchen „Beinaheunfall“, so droht unter den Voraussetzungen des § 315d Abs.2 StGB eine höhere Strafe.

Kann es strafbar sein, wenn man alleine möglichst schnell fährt?

Auch der sog. „Solo-Raser“ kann sich nach § 315d Abs.1 StGB strafbar machen. Nach § 315d Abs.1 Nr.3 StGB wird das Fortbewegen eines Kraftfahrzeugs mit nicht angepasster Geschwindigkeit sanktioniert. Dies muss aber auch grob verkehrswidrig erfolgen. In subjektiver Hinsicht ist erforderlich, dass der Täter zum Einen wissentlich und willentlich hinsichtlich dieser Umstände (also vorsätzlich) sowie rücksichtslos handelt und zum Anderen die Absicht der Erreichung einer höchstmöglichen Geschwindigkeit hat.


Erforderlich ist zur Bestimmung dieser Merkmale die Betrachtung des konkreten Einzelfalls, über dessen strafrechtliche Relevanz zu entscheiden ist. Gerade dieser Aspekt spricht dafür, sich beim strafrechtlichen Vorwurf in Bezug auf ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen an einen spezialisierten und erfahrenen Anwalt für Strafrecht zu wenden. Dieser weiß, auf welche Aspekte bei der strafrechtlichen Würdigung Ihres Falles und bei der Erarbeitung einer Verteidigungsstrategie zu achten ist.


Die grobe Verkehrswidrigkeit beschreibt dabei einen besonders starken Verstoß gegen die Regeln des Straßenverkehrs. Dieser kann sich sowohl aus der besonderen Intensität des Verstoßes gegen die  Geschwindigkeitsbegrenzungen ergeben, als auch aus sonstigen mit der Geschwindigkeitsüberschreitung zusammenhängenden Verstößen (vgl. BGH, Beschluss v. 29.04.2021 – 4 StR 165/20).


Rücksichtslos handelt der Täter, wenn er seine eigenen Interessen aus eigensüchtigen Motiven über die gegenüber anderen Verkehrsteilnehmer bestehenden Pflichten stellt oder sein Verhalten gar nicht erst hinterfragt (vgl. z.B. LG Aachen, Beschluss v. 11.02.2021 – 60 Qs 1/21 in openJur 2021, 5691).


Die höchstmögliche Geschwindigkeit im Sinne der Absicht der Erreichung einer höchstmöglichen Geschwindigkeit kann nicht absolut an einem bestimmten Wert bemessen werden (das zeigt auch schon der Wortlaut „einer“ höchstmöglichen Geschwindigkeit, statt „der“ höchstmöglichen Geschwindigkeit).

Maßgeblich sind hier die konkreten Umstände der Tatsituation. Das Ziel der Erreichung einer höchstmöglichen Geschwindigkeit muss sich auf eine nicht nur unerhebliche Strecke beziehen. Vgl. BGH, Beschluss v. 29.04.2021 – 4 StR 165/20.

Wann ist die Strafe für verbotene Kraftfahrzeugrennen höher?

Kommen bestimmte Umstände zu der geschaffenen abstrakten Gefahr durch Vornahme der genannten Handlungen hinzu, so droht eine höhere Strafe.

Die konkrete Gefahr für Menschen oder Sachen – Die Strafe wird höher wenn es zu einem Beinahe Unfall kommt

Die Strafe wegen der Teilnahme an einem illegalen Autorennen (und im Fall eines Einzelrennens im Sinne des § 315d Abs.1 Nr.3 StGB) wird höher, wenn über die diesen Handlungen bereits immanente Gefahr hinaus eine sog. konkrete Gefahr für bestimmte (Individual-) Rechtsgüter verursacht wird, also wenn die geschaffene abstrakte Gefahr in eine sog. konkrete Gefahr „umkippt“. Dies ist der Fall, wenn durch die Vornahme einer der genannten strafbewehrten Handlungen die körperliche Unversehrtheit oder gar das Leben eines anderen Menschen oder eine fremde Sache (die im Eigentum eines Anderen steht) von bedeutendem Wert (die Grenze wird hier bei ca. 750 Euro gezogen, vgl. z.B. BGH Beschluss v. 28.09.2010 – 4 StR 245/10 (zu § 315b StGB)) konkret gefährdet werden.

Von einer konkreten Gefahr spricht man, wenn eine Situation entsteht, bei der es derart brenzlig wird, dass es nur noch vom Zufall abhängt, ob ein Schaden für die genannten Rechtsgüter eintritt bzw. ob es „gerade noch so gut ging“. Man spricht hier auch von einem „Beinaheunfall“. Vgl. z.B. BGH, Beschluss v. 05.11.2013 – 4 StR 454/13 (zu § 315b StGB).


In diesem Fall droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe (§ 315d Abs.2 StGB).

Höhere Strafen, wenn durch das illegale Autorennen jemand stirbt oder an der Gesundheit geschädigt wird

Eine noch höhere Strafandrohung steht dann im Raum, wenn diese konkrete Gefahr für das Leben und die körperliche Unversehrtheit nicht bei einer Gefahr bleibt, sondern tatsächlich eine Verletzung von Menschen verursacht wird oder sogar jemand durch das Rennen zu Tode kommt. Im Hinblick auf die Verletzungen sind schwere Gesundheitsschädigungen gemeint oder die „Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen“ (§ 315d Abs.5 StGB).


Dann droht eine Freiheitsstrafe zwischen einem und zehn Jahren. In sogenannten minder schweren Fällen droht „lediglich“ eine Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und fünf Jahren. Wann ein solcher minder schwerer Fall vorliegt, kann aber nicht pauschal beantwortet werden.

Kann ich mich auch strafbar machen, wenn ich durch das Autorennen niemanden gefährden wollte?

Eine Strafbarkeit nach § 315d StGB wegen Verhaltensweisen in Bezug auf illegale Autorennen setzt zunächst Vorsatz im Hinblick auf die strafbaren Tathandlungen voraus. In Bezug auf die Schaffung einer solchen abstrakten Gefahr, also die Vornahme einer Handlung die für sich genommen dazu geeignet ist, Schäden im Straßenverkehr zu verursachen, ist Vorsatz erforderlich. Vorsatz setzt mindestens (in seiner am schwächsten ausgeprägten Form) voraus, dass der Täter die Tatumstände kennt und daher die Möglichkeit der Verwirklichung des Straftatbestandes erkannt und dies billigend in Kauf genommen hat.


Im Hinblick auf die konkrete Gefährdung von Individualrechtsgütern (Leben und körperliche Unversehrtheit, sowie fremde Sachen von bedeutendem Wert), die eine höhere Strafe nach sich ziehen kann, ist grundsätzlich auch Vorsatz erforderlich, allerdings kann auch das fahrlässige Verursachen einer solchen Gefahr eine höhere Strafe nach sich ziehen. Im Gegensatz zu einer vorsätzlichen Herbeiführung dieser konkreten Gefahr droht bei der fahrlässigen Herbeiführung allerdings „nur“ eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe (§ 315d Abs.4 StGB).

Ist eine Verfolgungsjagd mit der Polizei ein illegales Autorennen?

Auch die Flucht vor der Polizei kann gegebenenfalls den Vorwurf eines illegalen Autorennens in Gestalt eines Einzelrennens tragen.

Ein illegales Autorennen im Sinne der § 315d Abs.1 Nr.2 StGB liegt nicht vor, da die Polizisten rein zur Durchsetzung einer polizeilichen Maßnahme handeln und somit – rechtlich betrachtet – nicht Teil des Autorennens sind.

Wie bereits dargelegt ist aber auch das sog. Einzelrennen strafbar, also grob verkehrswidrige und rücksichtslose Geschwindigkeitsüberschreitungen zur Erreichung einer höchstmöglichen Geschwindigkeit.

Nun könnte man sich die Frage stellen, ob es dem Fahrer in dieser Situation nun wirklich um die Erreichung einer höchstmöglichen Geschwindigkeit geht. Faktisch betrachtet ist das eigentliche Ziel ja das Abhängen der Polizei.

Zu beachten ist aber, dass der Fahrer in dieser Situation zwar das Endziel der endgültigen Flucht vor der Polizei hat, sich aber regelmäßig darüber im Klaren ist, dass das notwendige Zwischenziel hierfür das Erreichen einer höchstmöglichen Geschwindigkeit ist.

Und das soll – so der BGH – genügen. Die Absicht der Erreichung einer höchstmöglichen Geschwindigkeit muss nicht das vordergründige Motiv des Täters sein, sodass auch bei der Flucht vor der Polizei eine Strafbarkeit nach § 315d Abs.1 Nr.3 StGB begründen kann. Zu beachten ist aber, dass nur weil der Täter flüchtet dies noch nicht automatisch die Annahme zulässt, dass er auch eine höchstmögliche Geschwindigkeit erreichen will (vgl. BGH, Beschluss v. 29.04.2021 – 4 StR 165/20.). Es bedarf weiterhin einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls.

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