Wenn der Vermieter selbst einziehen will … Rechtslage bei unberechtigter Eigenbedarfskündigung

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Wenn zwei sich streiten (Vermieter und Mieter) ist der Wunsch des Vermieters oft groß, das belastete Mietverhältnis zu kündigen. Dies führt oft zu Überlegungen, auf welche Art und Weise die Kündigung realisiert werden könnte.

Dabei spielen Kinder, die dann in das Mietobjekt einziehen sollen, eine nicht unerhebliche Rolle. Es wird dann die Frage gestellt, wie lange das Kind bei einer Eigenbedarfskündigung dann in der Wohnung wohnen muss. Diese Frage stellt aus Beratersicht immer das Alarmsignal einer möglichen vorgeschobenen Eigenbedarfskündigung dar. Ich habe dies zum Anlass genommen, die Rechtslage einmal genauer zu beleuchten.

Ein laufendes Wohnraummietverhältnis kann vermieterseits nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses gekündigt werden, vgl. § 573 BGB. Ein solches ist insbesondere dann gegeben, wenn der Vermieter die Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt. Diese Voraussetzung liegt nur dann vor, wenn der Vermieter ein zeitlich nicht befristetes Bedürfnis hat, die Wohnung einer begünstigten Person zu überlassen. Dies bedeutet, dass entgegen der weitverbreiteten Ansicht, dass der Vermieter grundsätzlich ein dauerhaftes Wohnbedürfnis geltend machen muss. Eine gesetzliche Regelung dahingehend, dass der Begünstigte nur eine bestimmte Zeit in der Wohnung ausharren muss, gibt es nicht.

Eine Kündigung sollte daher nur ausgesprochen werden, wenn tatsächlich ein ernsthafter und dauerhafter Eigenbedarf besteht. Vor einer vorgeschobenen Kündigung kann nur gewarnt werden. Eine solche kann mit drastischen Folgen für den Vermieter verbunden sein.

Hintergrund ist, dass eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ohne das Vorliegen eines berechtigten Interesses unwirksam ist und den Mietvertrag nicht beendet. Zieht der Mieter im Vertrauen auf die (tatsächlich nicht gegebene) Wirksamkeit der Kündigung aus, ergeben sich für ihn folgende Möglichkeiten:

1. Er kann vom Vermieter Wiedereinräumung des Besitzes verlangen und dies auch einklagen. Der Vermieter bleibt aufgrund des bestehenden Mietvertrages verpflichtet, dem Mieter die Wohnung wieder zu überlassen. Dies kann für den Vermieter dann problematisch werden, wenn die Wohnung zwischenzeitlich verkauft bzw. anderweitig vermietet wurde. Bis zur hohen Grenze der Unverhältnismäßigkeit (abhängig vom Verschuldensgrad des Vermieters) kann dieser dann verpflichtet sein, das neue Mietverhältnis zu kündigen bzw. die Wohnung zurück zu erwerben. Nur bei absoluter Unverhältnismäßigkeit kann dann der Vermieter mit dem Einwand der Unmöglichkeit die Herausgabe verweigern (BGH NZM 2014, 432).

2. Parallel dazu stellt die vorgeschobene Eigenbedarfskündigung eine Pflichtverletzung dar, welche zu Schadenersatzansprüchen führt. Der Mieter, der auf die Kündigung und dessen Wirksamkeit vertraut, kann in der Folge sämtliche Schäden geltend machen, die ihm durch die unberechtigte Kündigung entstehen. Dies können folgende Schadenersatzforderungen sein:

  • Inseratskosten (BGH NJW 2017, 2819)
  • Maklerkosten (BGH NZM 2021, 132)
  • Umzugskosten bzw. Kosten der Einlagerung des Hausrats
  • Ummeldekosten
  • vermehrte Fahrtkosten zur Arbeit, zu Ehrenämtern, zu Unterhaltsberechtigten und
  • vor allem die Differenzmiete.

Kann der Mieter nämlich nachweisen, dass er zu gleichbaren Bedingungen keine Ersatzwohnung anmieten konnte, sondern für die Ersatzwohnung eine höhere Miete bezahlen muss, so kann die Differenz zwischen der neuen Miete und der alten Miete als Schaden geltend gemacht werden. Voraussetzung ist jedoch die Vergleichbarkeit der Wohnungen. Zeitlich ist dieser Anspruch grundsätzlich unbefristet, d.h. bis zur ersten möglichen ordentlichen Kündigungsmöglichkeit des Vermieters. Dies kann unter Umständen eine sehr lange Zeit ausmachen und zu 6-stelligen Schadenersatzforderungen führen!

3. Zuletzt kann der Mieter seinen Vermieter bei der Polizei Anzeigen wegen Verdacht des Betruges: Sofern der Eigenbedarf nur vorgeschoben war, stellt dies die Erregung eines Irrtums beim Mieter da, die bei diesem idR. zu Vermögensschaden führt, vgl. vorstehende Ziffer 2. Die Strafandrohung beim Betrug beläuft sich auf Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe, es handelt sich damit um ein sog. Verbrechen und nicht nur um ein „Kavaliersdelikt“.

Im Ergebnis ist daher dringend anzuraten, das Instrument der Eigenbedarfskündigung nicht als „Allzweckwaffe“ einzusetzen. Eine Eigenbedarfskündigung sollte nur dann ausgesprochen werden, wenn wirklich ein ernsthafter Grund gegeben ist. Wenn ein solcher vorliegt, aber sich nach Ablauf der Kündigungsfrist die Lebensumstände des Begünstigten nachträglich ändern und dies bei Ausspruch der Kündigung nicht vorhersehbar war, liegt kein Missbrauchsfall vor. Hat der Vermieter die an ihn herangetragenen Nutzungswünsche des Begünstigten sorgfältig geprüft und die Kündigung erklärt, kann ihm somit bei sich ändernden Lebensumständen und ein dadurch verursachter Wegfall des Eigenbedarfs kein Vorwurf gemacht werden. 

Gerne beraten ich Sie im Zusammenhang mit der Erstellung oder Überprüfung von Eigenbedarfskündigungen.

Foto(s): MQ-Illustrations/stock.adobe.com


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