Wer muss in Deutschland an wen Unterhalt zahlen?

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Das deutsche Unterhaltsrecht kennt eine Reihe von Unterhaltspflichten, unter anderem profitieren Kinder, Ex-Partner und Eltern von den Regelungen. Eine der wichtigsten Grundsätze besteht darin, dass nur eine bedürftige Person von einer leistungsfähigen Person Unterhalt verlangen kann. In diesem Artikel finden Sie einen Überblick darüber, welche Unterhaltsarten es in Deutschland gibt, wie Sie Unterhalt bekommen (Sie müssen ihn einfordern) und was Sie bei privaten Unterhaltsvereinbarungen beachten sollten.

Welche Unterhaltsarten gibt es in Deutschland (Überblick)?

  • Unterhaltspflicht während der Ehe aus Verantwortung für die Familie (Familienunterhalt)
  • Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren Kindern nach der Trennung und Scheidung (Kindesunterhalt)
  • Unterhaltspflicht von Ehepartnern gegenüber dem Partner nach der Trennung (Trennungsunterhalt)
  • Unterhaltspflicht zwischen Ehepartnern gegenüber dem Partner nach der Scheidung (nachehelicher Unterhalt, Ehegattenunterhalt)
  • Unterhaltspflicht zwischen Kindern und Eltern (Elternunterhalt)
  • Unterhaltspflicht zwischen den Eltern eines nichtehelichen Kindes

Familienunterhalt

Während der Ehe sind die Ehegatten verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Ist einem Ehegatten die Haushaltsführung überlassen, erfüllt er/sie die Unterhaltsverpflichtung in der Regel dadurch und durch die damit meist verbundene Betreuung der Kinder.

Kindesunterhalt

Elternteile sind nach ihrer Trennung verpflichtet, ihren Kindern Kindesunterhalt zu leisten. Der Elternteil, der das Kind in seinem Haushalt betreut, erfüllt seine Unterhaltspflicht, indem er/sie dem Kind Unterkunft und Verpflegung gewährt. Der andere Elternteil, der das Kind nicht ständig betreut, leistet Barunterhalt in Form von Bargeld. Betreuungsunterhalt und Barunterhalt gelten als gleichwertige Unterhaltsleistungen.

Die Höhe des Unterhalts bemisst sich nach der Düsseldorfer Tabelle. Darin ist am Alter des Kindes sowie dem unterhaltsrelevanten Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils die Unterhaltshöhe abzulesen. Das betreffende Einkommen ist nicht das vom Gehaltszettel, sondern ein reduziertes (wobei weitere Einkünfte, durch Mieteinnahmen zum Beispiel, das Einkommen auch erhöhen können).

Die Unterhaltspflicht besteht gegenüber

  • minderjährigen Kindern immer und
  • volljährigen Kindern bis zum 21. Lebensjahr, die sich in der Schul- oder Berufsausbildung befinden und im Haushalt eines Elternteils leben,
  • volljährigen Kindern, die auch nach der Vollendung des 21. Lebensjahres eine berufliche Erstausbildung betreiben,
  • behinderten Kindern.

Zahlt der unterhaltspflichtige Elternteil keinen oder unzureichend Kindesunterhalt, kann der betreuende Elternteil beim Jugendamt Unterhaltsvorschuss beantragen. Das Jugendamt wird allerdings versuchen, den unterhaltspflichtigen Elternteil in Regress zu nehmen.

Trennungsunterhalt zwischen Trennung und Scheidung

Trennen sich Ehepartner, hat der bedürftige Ehepartner für den Zeitraum der Trennung Anspruch auf Trennungsunterhalt. Die Höhe des Unterhalts bemisst sich nach dem Lebensstandard während der Ehe und danach, ob und inwieweit dem bedürftigen Ehegatten eine eigene Erwerbstätigkeit zugemutet werden kann.

Gibt es keine Kinder zu betreuen und beide Partner sind in annähernd gleichem Maße leistungsfähig, fällt unter Umständen auch kein Trennungsunterhalt an.

Ehegattenunterhalt nach der Scheidung

Nach der Scheidung sind geschiedene Ehegatten für sich selbst verantwortlich. Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt besteht nur, wenn ein Ehegatte ehebedingte Nachteile geltend macht und es nicht zuzumuten ist, den Lebensunterhalt selbst verdienen zu müssen. Das Gesetz beschreibt in sieben Tatbeständen, wann ehebedingte Nachteile anzunehmen sind:

  • Unterhalt wegen der Betreuung eines Kleinkindes bis zum dritten Lebensjahr und darüber hinaus, wenn das Kind aufgrund seiner Lebenssituation weiterhin betreuungsbedürftig ist.
  • Unterhalt wegen Alters.
  • Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechlichkeit.
  • Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit.
  • Aufstockungsunterhalt, wenn die eigenen Einkünfte nicht für den vollen Unterhalt ausreichen.
  • Unterhalt bei Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung.
  • Unterhalt aus besonderen Gründen, wenn es die Lebenssituation des Ehepartners rechtfertigt, Unterhalt zu beanspruchen.

Unterhaltspflichten zwischen den Eltern eines nichtehelichen Kindes

Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet, hat der Vater der Mutter für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt Unterhalt zu gewähren. Kann die Mutter nach der Geburt krankheitsbedingt nicht arbeiten, ist der Vater verpflichtet, auch über den Zeitraum von acht Wochen nach der Geburt hinaus Unterhalt zu gewähren. Gleiches gilt, soweit von der Mutter wegen der Pflege und Erziehung des Kindes bis drei Jahre nach der Geburt eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.

Elternunterhalt

Die Unterhaltspflicht besteht auch im Verhältnis von Kindern gegenüber den Eltern. Wird ein Elternteil infolge von Pflegebedürftigkeit oder Unterbringung im Pflege- oder Altersheim bedürftig, sind die eigenen Kinder unterhaltspflichtig. Übernimmt der Träger der Sozialhilfe den Kostenaufwand, sind die Kinder erstattungspflichtig, soweit ihr anrechnungsfähiges Einkommen jährlich 100.000 € netto übersteigt.

Wie komme ich an den Unterhalt heran?

Wer Unterhalt geltend macht, ist darauf angewiesen, dass er/sie die wirtschaftlichen Verhältnisse der unterhaltspflichtigen Person kennt. Deshalb sind unterhaltsberechtigte Verwandte gegenseitig auskunftspflichtig und müssen Auskunft über ihr Einkommen und Vermögen erteilen. Dazu sind Einkommensbelege und ein Verzeichnis über Einnahmen und Ausgaben vorzulegen. Wird die Auskunft verweigert, kann und muss der Unterhaltsberechtigte gerichtlich vorgehen und die Auskunft einklagen. Um die Auskunftserteilung zu beschleunigen, kann das Familiengericht direkt von Arbeitgebern, Versorgungseinrichtungen und Finanzämtern Auskünfte einholen und danach den Unterhalt festsetzen. Die Auskunft kann alle zwei Jahre neu verlangt werden.

Professionelle Unterhaltsberechnung durch iurFRIEND Kanzlei

Verlangen Sie Unterhalt, empfiehlt sich, vorab eine professionelle Unterhaltsberechnung vorzunehmen. Das deutsche Unterhaltsrecht kennt viele Regeln und viele Ausnahmen. Bevor Sie Unterhalt fordern oder sich mit einer Unterhaltsforderung auseinandersetzen, sollten Sie eine professionelle Unterhaltsberechnung vornehmen lassen. Nur wenn Sie ungefähr wissen, wie viel Unterhalt Sie realistischerweise fordern können oder umgekehrt zahlen müssen, lässt sich angemessen verhandeln. Vor allem gilt es, möglichst Streit zu vermeiden und keine Forderungen zu stellen, die in Recht und Gesetz keine Grundlage finden. Umgekehrt gilt es ungerechtfertigte Forderungen auf der Grundlage von Recht und Gesetz zurückzuweisen.

Sind (private) Unterhaltsvereinbarungen erlaubt?

Gerichtliche Verfahren, in denen Unterhalt geltend gemacht wird, sind meist langwierig. Der Unterhaltsberechtigte wartet lange auf Geld, während der Unterhaltspflichtige lange Zeit nicht weiß, ob und was er zahlen muss. Insoweit kann es für beide Parteien immer vorteilhaft sein, die Unterhaltspflicht in einer Unterhaltsvereinbarung festzuschreiben und eine oft langwierige, nervenaufreibende und gebührenintensive gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden.

Lässt sich das Ehepaar scheiden, bietet sich eine sogenannte Scheidungsfolgenvereinbarung dafür an. In einer solchen Vereinbarung kann der Unterhalt im gegenseitigen Einvernehmen geregelt werden und hat (bei einer notariellen oder gerichtlichen Beurkundung) rechtlichen Bestand.

Sie können die Unterhaltshöhe auch durch eine schriftliche Übereinkunft untereinander regeln, ohne Gericht und Anwälte. Sowohl Unterhaltszahler als auch –empfänger sind daran jedoch nicht gebunden und können den Vertrag widerrufen.

Kostenlose Ersteinschätzung Ihres Unterhaltsfalls

Wir empfehlen in Streitfällen immer, den Unterhalt professionell berechnen zu lassen. Es ist jedoch auch denkbar, dass entweder gar kein Unterhaltsanspruch besteht oder die Höhe erkennbar ohne große Überprüfung gegen null geht. Das hätten Sie natürlich gern vorher gewusst. Gerne wenden Sie sich mit Ihrem Fall und einer kurzen Beschreibung auf englisch oder deutsch an uns über das untenstehende Kontaktformular. Ergibt sich ein Anspruch auf Unterhalt für (oder gegen) Sie, halten wir auch ein englischsprachiges Formular für eine professionelle Unterhaltsberechnung bereit.

Ich freue mich auf Ihre Nachricht!

Herzlichst,

Ihr Anwalt Oliver Worms

Foto(s): iurFRIEND

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