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Werbung für Bordelle und Escort-Agenturen – was in steuerlicher Hinsicht unbedingt zu beachten ist

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Die Außendarstellung eines Betriebes – ob nun in der Erotikbranche oder sonstiges Branchen – ist von großer Relevanz in Bezug auf die Kundengewinnung. Eine keinesfalls zu unterschätzenden Rolle kann die Außendarstellung durch Werbemaßnahmen aber auch in Bezug auf die steuerliche Beurteilung des Betriebes spielen. Die „falsche“ bzw. unbedachte Werbung des Betreibers eines Prostitutionsgewerbes – also beispielsweise eines Bordells, eines bordellartigen Betriebs, einer Escort-Agentur o. ä. – kann katastrophale Folgen für den Betrieb haben. 

Entsteht nämlich durch die Werbung bei den beteiligten Verkehrskreisen der Eindruck, dass der Betreiber im Außenverhältnis als Erbringer sämtlicher Dienstleistungen (einschließlich der Verschaffung der Möglichkeit, den Geschlechtsverkehr auszuüben) anzusehen ist, kann und wird er von den Finanzämtern auch zur Zahlung der Umsatzsteuer in Bezug auf die von den Prostituierten erbrachten Leistungen herangezogen werden. Dies unabhängig von der Frage, ob die Prostituierten als Arbeitnehmer(innen) oder als selbstständig tätige (Sub-)Unternehmer(innen) des Bordellbetreibers o. ä. an einem Leistungsaustausch beteiligt sind. 

In der Praxis stellen sich derartige Fallgestaltungen zumeist wie folgt dar: 

Der Bordellbetreiber oder Betreiber einer Escort-Agentur erklärt gegenüber dem jeweils zuständigen Finanzamt in seiner Umsatzsteuererklärung die Entgelte, die er von Prostituierten – etwa eine Zimmermiete oder eine Vermittlungsprovision – sowie von Freiern – z. B. ein Eintrittsgeld oder Getränkeerlöse – erhält. 

Der Betrieb wird in der Folgezeit überprüft, entweder im Rahmen einer Betriebsprüfung oder einer Steuerfahndungsprüfung. 

Das Finanzamt „durchleutet“ den Betrieb und schaut sich auch dessen Außendarstellung genauestens an. Unter anderem aufgrund dieser Außendarstellung sieht das Finanzamt den Betreiber als Erbringer sämtlicher Dienstleistungen (einschließlich der Verschaffung von Geschlechtsverkehr) an und erhöht die Umsätze des Betreibers zusätzlich um die geschätzten Dirnenentgelte. Die Schätzung betrifft natürlich auch einen Zeitraum, der etliche Vorjahre mit umfasst. 

Der Betreiber – der sich nun zum Teil mit 6 - 7-stelligen Forderungen des Finanzamts auseinandersetzen muss – erhebt Klage vor dem Finanzgericht. Zum Teil ist diese Klage erfolgreich, nämlich in Bezug auf die Höhe der geschätzten Umsätze. Zur Frage der grundsätzlichen Zurechnung der Umsätze der Prostituierten auf den Betreiber erfolgt allerdings durch die gerichtliche Überprüfung keine Änderung, sodass der Betreiber zum Teil ruinöse Nachzahlungen zu leisten hat, auch wenn die Schätzung möglicherweise keinen Bestand hat. Mitunter werden zudem noch strafrechtliche Verfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet. 

Rechtsmittel gegen die Entscheidungen der Finanzgerichte werden ganz überwiegend vom Bundesfinanzhof (BFH) per Beschluss zurückgewiesen (z. B. BFH, Beschluss vom 29.01.2008 – Aktenzeichen V B 201/06; BFH, Beschluss vom 26.9.2017 – Aktenzeichen XI B 65/17)

Bei einer Lektüre entsprechender Entscheidungen der Finanzgerichte wird deutlich, welche werblichen Äußerungen als Beleg dafür herangezogen werden, dass die Betreiber für die Verkehrskreise als alleinige Leistungserbringer angesehen werden. Nachfolgend werden einige Beispiele angeführt: 

  • Werbung in Zeitungsinseraten mit dem Hinweis der „Annahme aller Kreditkarten“ durch den Betreiber (Finanzgericht München, Urteil vom 12.10.2006 – Aktenzeichen 14 K 5153/03), da hierdurch der Eindruck einer „einheitlichen Zahlung“ nur an den Betreiber entsteht.
  • Darstellung der im Betrieb tätigen Prostituierten auf der betriebseigenen Website in einer Rubrik mit der Bezeichnung „Unsere Girls“ (Finanzgericht München, Urteil vom 12.10.2006 – Aktenzeichen 14 K 5153/03), da hierdurch die Prostituierten klar dem Betrieb zugerechnet werden und der Eindruck entstehen könnte, es handele sich um Angestellte.
  • Werbeaussagen auf der betriebseigenen Website unter der Rubrik „Unser Service“, dass ständig eine höhere Anzahl an Damen im Club bereitstünde; mehrfache Bezeichnung der Prostituierten als „unsere Damen“; Betonung, dass die Zufriedenheit „unserer Kunden“ an erster Stelle stehe (Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 12. Dezember 2012 – Aktenzeichen 2 K 88/11) aus den oben dargestellten Gründen.
  • Die Preise für sexuelle Dienstleistungen sind vom Betreiber vorgegeben und können von Kunden nicht mit den Prostituierten ausgehandelt werden (Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 12. Dezember 2012 – Aktenzeichen 2 K 88/11), da die Vorgabe der Preise nur für ein Angebot des Betreibers spricht.
  • Nutzung eines Schaukastens im Eingangsbereich des Bordells, in dem Fotos der Prostituierten ausgestellt wurden (Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17.11.2015 – Aktenzeichen 4 K 81/13).
  • Versuch der Anwerbung neuer Prostituierter über die betriebseigene Website und Darstellung der Prostituierten unter der Rubrik „Girls“ mit Bild und Namen (Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17.11.2015 – Aktenzeichen 4 K 81/13).

Im Ergebnis kann nur jedem Betreiber eines Prostitutionsgewerbes nahegelegt werden, die eigenen Werbemaßnahmen einer genauen Prüfung zu unterziehen und die betriebseigene Website entsprechend zu überarbeiten. In keinem Fall sollte der Eindruck entstehen, dass der Betreiber alleiniger Leistungserbringer ist. 

Begriffe wie „Unsere Damen“, „Unsere Kunden“ o. ä. haben nichts auf der eigenen Website zu suchen. Es sollte vielmehr klar herausgestellt werden, dass es sich bei den Prostituierten um selbstständige Unternehmerinnen handelt und Freier die Vereinbarung betreffend sexuelle Dienstleistungen ausschließlich mit den Prostituierten aushandeln. Preise für sexuelle Dienstleistungen dürfen nach dem ProstSchG ohnehin nicht vom Betreiber vorgegeben werden. Es kann insoweit dementsprechend herausgestellt werden, dass sämtliche Details zu sexuellen Dienstleistungen mit den Prostituierten zu besprechen sind. 

Zum Teil wird vertreten, dass Betreiber keine Fotos der Prostituierten auf ihrer Website verwenden sollten. Nach hier vertretener Ansicht sollte dies jedoch – allerdings mit einem entsprechenden Hinweis, durch den die Unternehmereigenschaft der Prostituierten klar gestellt wird – möglich sein. 

Auf keinen Fall sollte dem Außenauftritt auch mit Blick auf die steuerrechtliche Problematik zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt werden.


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