Veröffentlicht von:

Wichtig nicht nur für Handwerker – Hinweispflicht des Unternehmers in Bezug auf Nachfolgearbeiten?

  • 2 Minuten Lesezeit

1. Zum Fall:

Ein Unternehmer bringt ein WDVS-System (Wärmedämmverbundsystem) an der Fassade an. Der Anschlussbereich und die Befestigung der unteren Anschlussschiene werden vom Nachunternehmer nicht fachgerecht vorgenommen; es fehlt die Regensicherheit. Wegen dieses Mangels behält der Bauherr einen erheblichen Teil des Werklohns ein und beruft sich auf ein Zurückbehaltungsrecht. Im Prozess trifft ein Sachverständiger die Feststellung, dass für den Mangel zu 60% der planende Architekt des Bauherrn verantwortlich ist und zu 5% der Unternehmer. Das OLG verneint in der Berufungsinstanz ein Zurückbehaltungsrecht des Bauherrn mit der Begründung, dass der Haftungsanteil des Architekten, den sich der Bauherr gemäß § 254 BGB zurechnen lassen muss, den Mitverantwortungsteil des Unternehmers völlig überwiegt, weshalb dieser völlig zurücktreten muss (OLG München, Urteil vom 17.07.2012, 3 U 658/11 - noch nicht rechtskräftig).

2.Anmerkung:

Das Errichten oder der grundlegende Umbau und die Sanierung von Gebäuden ist sehr komplex, und zwar sowohl technisch im Hinblick auf etwaige Mängel als auch rechtlich im Hinblick auf regelmäßig bestehende unterschiedliche Bauverträge und Verantwortlichkeitsbereiche der am Bau Beteiligten. Ist erst einmal ein Mangel entstanden, ist es verständlich, dass sich Bauherren den besten Weg suchen, einen am Bau Beteiligten dafür haftbar zu machen. Der fokussierte Blick der Bauherren fällt dann regelmäßig zunächst auf den Planenden und ggf. Bauüberwachenden Architekten. Der zweite auf die ausführenden Unternehmer.

Im vorliegenden Fall war die bedeutende Frage relevant, ob den Vorunternehmer Hinweispflichten in Bezug auf Nachfolgearbeiten eines anderen Unternehmers treffen?

Mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs arbeitet das OLG München hierzu folgende nach Auffassung von Rechtsanwalt Roland Faust zutreffende Grundsätze heraus:

a. Ein Unternehmer muss seine Leistungen so erbringen, dass sie eine geeignete Grundlage für die darauf aufzubauende weitere Leistung ist.

b. Es ist in der Regel nicht die Aufgabe des Vorunternehmers, auf eine hinreichende Koordinierung der nachfolgenden Arbeiten hinzuweisen.

c. Die Hinweispflicht betrifft grundsätzlich nur die Vorleistungen, nicht auch etwaige Nachfolgearbeiten.

d. Aber ein Unternehmer ist nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB ausnahmsweise dann zu einem weitergehenden Hinweis verpflichtet, wenn erkennbar die Gefahr besteht, dass der zweite Unternehmer auch bei Anwendung der anerkannten Regeln der Technik die Ungeeignetheit der Vorleistung nicht erkennen kann.

Diese Rechtsprechung entspricht den Leitlinien des BGH. Die Grundsätze sind allerdings bei jedem neuen Sachverhalt einzelfallbezogen zu prüfen. Am Ende entscheiden in Bausachen, in denen es um Mängel geht, fast immer die Sachverständigengutachten die Haftungsquoten.

Autor: Rechtsanwalt Roland Faust zugleich Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Kanzlei BMF Rechtsanwälte/ Fachanwälte


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Benholz Mackner Faust

Beiträge zum Thema