Wichtige Infos zur Rückzahlungspflicht von Fortbildungskosten im Arbeitsrecht

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Der Arbeitsvertrag regelt arbeitsrechtlich auch Fortbildungskosten.

Der Arbeitgeber hat verschiedene Möglichkeiten, um sicherzustellen, dass die investierten Fortbildungskosten im Unternehmen verbleiben. Schließlich sollen sich die Weiterbildungen der Mitarbeiter für ihn finanziell rentieren. Dafür kommt die Bleibeverpflichtung und Rückzahlungsklausel in Betracht. Zudem stellt sich folgende Frage: Hat der Arbeitgeber einen Anspruch gegenüber dem Arbeitnehmer, wenn dieser die vom Arbeitgeber bezahlte Fortbildung vermasselt?


Die Bindungsfrist im Arbeitsrecht

Grundsätzlich ist es arbeitsrechtlich möglich, Vereinbarungen zur Rückzahlung von Fortbildungskosten zu treffen. Ein Faktor entscheidet über die Wirksamkeit von Rückzahlungsklauseln: die Bindungsfrist. Ist diese zu lang, ist sie arbeitsrechtlich unwirksam. Daher gilt es, eine angemessene Bindungsfrist zu berechnen. Folgende Faktoren spielen hierfür eine Rolle:

  • Dauer der Fortbildung
  • Dauer der bezahlten Freistellung
  • Höhe der vom Arbeitgeber getragenen Kosten
  • erlangte nachhaltige Vorteile auf dem Arbeitsmarkt für den Arbeitnehmer

Vorausgesetzt, der Arbeitgeber stellt den Mitarbeiter für die Dauer der Fortbildung unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeit frei. Dann gelten in den meisten Fällen folgende allgemeine Richtlinien:

  • Eine zweimonatige Fortbildung rechtfertigt eine Bindung von höchstens einem Jahr.
  • Eine Lehrdauer von drei bis vier Monaten rechtfertigt eine zweijährige Bindung.
  • Dauert die Fortbildung zwischen sechs und zwölf Monaten, ist eine Bindung von höchstens drei Jahren zulässig.
  • Bei einer Ausbildungsdauer von mehr als zwei Jahren ist eine Bindung von bis zu fünf Jahren arbeitsrechtlich möglich. Jedoch handelt es sich dabei um die absolute Höchstgrenze. Sie findet nur sehr seltenen Anwendung.

Diese allgemeinen Richtlinien gelten jedoch nur in "Standardfällen". Das bedeutet, dass sie keine Anwendung finden, wenn die vom Arbeitgeber getragenen Kosten außerordentlich hoch oder niedrig sind. Auch wenn der Nutzen für den Arbeitnehmer besonders groß oder gering ist, sind andere Regelungen möglich.


Die AGB im Arbeitsrecht

Damit die Klauseln zur Rückzahlung und Bleibeverpflichtung arbeitsrechtlich gültig und wirksam sind, müssen sie einer AGB-Kontrolle standhalten. Denn derartige vom Ar­beit­ge­ber vor­for­mu­lier­ten Verträge sind wie AGB zu behandeln. Die Wirk­sam­keit und Gültigkeit ist an folgende Punkte geknüpft:

  • Sie dürfen nicht an ver­steck­ter Stel­le auf­tau­chen (sonst wer­den sie als „über­ra­schen­de Klau­seln“ gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht in den Ver­trag ein­be­zo­gen).
  • Sie müssen klar und verständ­lich for­mu­liert sein (sonst sind sie auf­grund ih­rer Un­klar­heit gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB un­wirk­sam).
  • Sie dürfen den Arbeitnehmer nicht unverhältnismäßig lang einschränken. Dabei müssen die Vorteile der Fortbildung und die Aufwendungen des Arbeitgebers mit der Be­rufs­frei­heit des Ar­beit­neh­mers (Art. 12 Grund­ge­setz - GG) in Einklang stehen. Ist dies nicht der Fall, ist die Klausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB un­wirk­sam.

Das Bundes-Arbeitsgericht (BAG; Urt. v. 25.04.2023 – 9 AZR 187/22) entschied zu einem Fall bezüglich der Rückzahlung von Fortbildungskosten bei Nichtbestehen der Prüfung. Das BAG beanstandete hier eine Rückzahlungsklausel. Der Grund: Die Verpflichtung zur Rückzahlung ist ausschließlich an wiederholtes Nichtbestehen der Prüfung geknüpft. Die Klausel berücksichtigte aber die Gründe des Nichtbestehens nicht genauer.


Was ist bei der Gestaltung von Rück­zah­lungs­klau­seln, die sich auf Fort­bil­dungs­kos­ten be­ziehen, zu beachten?

Um sicherzustellen, dass beide Parteien wissen, welche Kosten welche Vertragspartei trägt, hilft eine Auflistung der einzelnen Kostenpunkte. Hierzu zählen die Kosten für:

  • Lehrgang
  • Frei­stel­lung
  • Fahrt
  • Übernachtung
  • Lehr­mit­tel

Im Falle einer Berufsausbildung: Der Arbeitgeber hat kein Recht, Ausbildungskosten vom Lehrling einzufordern. Dies dient dem Schutz der Azubis.


Bindungsfrist beim Dualen Studium

Ein Anhaltspunkt für eine angemessene Bindungsdauer ist bei einem Bachelor-Studium von drei Jahren eine Zeitspanne von ebenfalls drei Jahren. Die endgültige Beurteilung erfolgt jedoch durch die sorgfältige Abwägung aller individuellen Umstände. (BAG; Urt. v. 11. April 1984 – 5 AZR 430/82).


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