Widerrufsjoker: Vorsicht bei Kombination von Kündigung und Widerruf

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Der Widerrufsjoker ist in aller Munde: Darlehensverträge, die eine nicht ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung (später auch Widerrufsinformation genannt) aufweisen, können auch noch mehrere Jahre nach Vertragsschluss widerrufen werden. Mittels des Widerrufes kann der Verbraucher aus dem Darlehen aussteigen und die aktuelle Niedrigzinsphase ausnutzen. Nach einer für Verbraucher nachteiligen Gesetzesänderung galt, dass Verträge, die vor dem 10. Juni 2010 geschlossen wurden, nur noch bis zu dem 21. Juni 2016 widerrufen werden konnten. Jeder Widerruf eines solchen Altvertrags ist somit heute zu spät, ganz gleich, ob die Widerrufsbelehrung falsch ist oder nicht. Kreditverträge, die nach dem 10. Juni 2010 geschlossen wurden, können dagegen immer noch widerrufen werden, sofern die Widerrufsbelehrung Fehler aufweist.

Ein immer wiederkehrendes Argument der Banken ist dabei, dass der Widerruf lange nach Vertragsschluss „verwirkt“ sei. Verwirkung bedeutet, dass ein Recht dadurch verloren geht, dass es über einen langen Zeitraum nicht genutzt wird. Dieses Rechtsinstitut beruht auf dem allgemeinen Grundsatz des Treu und Glaubens.

Aber berufen sich die Banken zu Recht auf Verwirkung?

Der Bundesgerichtshof (BGH) versucht, den Begriff der Verwirkung näher zu fassen. Die Verwirkung setzt dem BGH zufolge neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, sodass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Bei beendeten Verträgen ist bei der Bewertung, ob der Verbraucher das Widerrufsrecht verwirkt hat, dem BGH zufolge mit zu berücksichtigen, ob die Parteien auf Wunsch des Verbrauchers den Darlehensvertrag einverständlich beendet hatten. Der BGH rügte ausdrücklich die Entscheidung eines Oberlandesgerichtes, das diesen Gesichtspunkt nicht ausreichend berücksichtigt hatte. 

Spielen Verbraucher also mit dem Gedanken, einen Vertrag vorzeitig zu beenden, sollten Sie die verschiedenen Möglichkeiten der vorzeitigen Beendigung in der richtigen Reihenfolge ausüben. Zuerst sollte widerrufen werden. Im Nachgang sollte das Sonderkündigungsrecht gemäß § 489 BGB ausgeübt oder, falls Sie die Immobilie verkaufen wollen, aus berechtigtem Interesse gekündigt werden. Erfolgt der Widerruf wesentlich später als die Kündigung und ist das Darlehen schon lange nach Maßgabe der Kündigung abgerechnet und zurückgezahlt worden, kann ein vermeidbares Prozessrisiko entstehen.

Der Verfasser prüft gerne Ihre Möglichkeiten. Nehmen Sie unverbindlich Kontakt per E-Mail und Telefon auf. Bevor Kosten entstehen, weist Sie der Verfasser ausdrücklich darauf hin.



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