Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte bei Versammlung in Stuttgart

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Ein Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte im Sinne von § 113 Abs. 1 StGB kann nach Beschluss des OLG Stuttgart vom  30.07.2015 - 2 Ss 9/15 selbst  dann vorliegen, wenn bei einer voraussehbaren Vollstreckung die Zeitspanne zwischen der Widerstandshandlung und ihrer Wirkung bei einer Vollstreckungsmaßnahme mehrere Stunden beträgt.

Das LG Stuttgart hatte am 20.Oktober 2014 die Teilnehmer freisprochen. Diese hatten sich nebeneinander mit der Vorderseite ihres Körpers auf den gefrorenen Boden gelegt und jeweils einen Arm in ein PVC-Rohr mit einem Durchmesser von 100 bis 120 mm, welches am unteren Ende mit einer Stahlkette und einem Bügelschloss einbetoniert war, gesteckt und mit einer am Handgelenk angebrachten Manschette und einer Kette fixiert.

Das Landgericht Stuttgart hatte den Freispruch damit begründet, dass ich sich die Amtsträger - die Polizeibeamten - bei der zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt am 14. oder 15. Februar 2012 prophylaktisch erfolgten Widerstandshandlung nicht im „Kontaktbereich“ der Angeklagten befunden hätten.

Das OLG Stuttgart begründete die Aufhebung damit, dass unter Widerstand leisten i.S.d. § 113 StGB das – auch untaugliche oder erfolglose – Unternehmen zu verstehen sei, den Amtsträger durch ein aktives Vorgehen zur Unterlassung der Vollstreckungshandlung als solcher zu nötigen oder diese zu erschweren. Die Erschwerung der Räumung, die nach Ansicht des 2. Strafsenats vom Eventualvorsatz der beiden Angeklagten umfasst war, genüge nach Ansicht der Richter für die Annahme einer Widerstandsleistung.

Die Richter des OLG Stuttgart beriefen sich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 104, 92, 102; BVerfG, Beschl. vom 7. Februar 2002 - 2 BvR 1262/01) zum strafrechtlichen Gewaltbegriff. Demnach liegt auch in solchen Fällen Gewalt vor, in denen die Schwelle zum rein passiven Widerstand bzw. zivilen Ungehorsam überschritten wird und über eine rein psychische Zwangswirkung hinaus ein physisch wirkendes Hindernis zur Verhinderung einer bevorstehenden Vollstreckungshandlung errichtet wird; auf die Entfaltung körperlicher Kraft durch die Täter selbst komme es insoweit nicht an (BGHSt 44, 34, 39 f.).

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Foto(s): Fotolia_9978283_XS Verhaftung.jpg

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