Wie berechnet man die Vorfälligkeitsentschädigung?

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Wenn ein Darlehen vor der vereinbarten Laufzeit zurückbezahlt wird, etwa, weil das Darlehen gekündigt wurde, oder weil sich die Vertragsparteien über eine vorzeitige Rückführung verständigt haben, kann der Kreditgeber, i.d.R. eine Bank, verlangen, dass sie so gestellt wird, als ob der vereinbarte Darlehensvertrag erfüllt worden wäre. Mit anderen Worten hat der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber den Schaden zu ersetzen, der diesem durch die vorzeitige Beendigung entsteht (vgl. § 490 Abs. 2 S. 3 BGB). In Verbraucherkreditverträgen, also wenn der Darlehensgeber Unternehmer und der Darlehensnehmer Verbraucher ist, ist nach Art. 10 Abs. 2 lit. r der Verbraucherkreditrichtlinie (RL 2008/48) in klarer und prägnanter Form die Art der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung anzugeben.

Der Europäische Gerichtshof musste sich in der Entscheidung vom 09.09.2021 (C 33/20) mit der folgenden Klausel auseinandersetzen:

„Den Schaden wird die Bank nach den vom BGH vorgeschriebenen finanzmathematischen Rahmenbedingungen berechnen, die insbesondere:

  • Ein zwischenzeitlich verändertes Zinsniveau,
  • Die für das Darlehen ursprünglich vereinbarten Zahlungsströme, 
  • Den der Bank entgehenden Gewinn,
  • Den mit der Rückzahlung verbundenen Verwaltungsaufwand
  • Die infolge der vorzeitigen Rückzahlung ersparten Risiko- und Verwaltungskosten

berücksichtigen.“

Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs genügt diese Klausel den strengen Anforderungen nicht. Der Unternehmer muss den Verbraucher in klarer und prägnanter Form über den Inhalt der Vorschriften belehren, damit der Verbraucher seine Rechte und Pflichten zur Kenntnis nehmen kann. Ein bloßer Verweis auf die Berechnung der Entschädigung nach den vorgegebenen finanzmathematischen Rahmenbedingungen wird diesen Erfordernissen nicht gerecht. Der Verbraucher kann den Umfang seiner Verpflichtung nicht dem Vertragstext entnehmen. Der Durchschnittsverbraucher muss die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung anhand der im Vertrag erteilten Informationen bestimmen können (Rn. 100 ff).

Infolge dieser unzureichenden Angaben kann der Darlehensvertrag vom Verbraucher widerrufen werden. Die zweiwöchige Frist beginnt nicht zu laufen. Des Weiteren kann keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangt werden.

Es dürften viele Verträge mit unzureichender Information zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung im Umlauf sein. Für die Bankenseite ergibt sich ein erheblicher Nachholbedarf. Eine ausreichende Information zu erstellen, ist nicht einfach und hängt stark vom Einzelfall ab. Für Kunden ergeben sich Widerrufsmöglichkeiten und die Möglichkeit, keine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen.



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