Wie komme ich raus aus dem Aufhebungsvertrag?

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Arbeitsverhältnisse können auf unterschiedliche Arten beendet werden. Neben der klassischen Kündigung, die wohl jeder kennt, gibt es auch den – vielleicht – weniger bekannten Aufhebungsvertrag, der ebenfalls von erheblicher Bedeutung ist.

Was ist ein Aufhebungsvertrag?

Zunächst wollen wir klären, wovon wir überhaupt reden.
Mit einem Aufhebungsvertrag beenden Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis einvernehmlich. Der Arbeitgeber erspart sich dadurch einen Kündigungsrechtsstreit, der Arbeitnehmer kann – in Abhängigkeit von seiner Verhandlungsposition – eine höhere Abfindung erzielen, als er vor Gericht erstreiten könnte. Beide Parteien wissen, wann das Arbeitsverhältnis endet und zu welchen (gegebenenfalls vereinbarten) weiteren Bedingungen. Die Vorteile einer solchen Lösung sind also nicht von der Hand zu weisen.

Wie kommt ein Aufhebungsvertrag zustande?

Ein Aufhebungsvertrag ist zunächst einmal ein ganz normaler Vertrag. Er muss allerdings schriftlich geschlossen werden. Mit der Unterschrift beider Parteien unter den Vertragstext entfaltet er rechtliche Wirkung.

Warum sollte ich mich überhaupt von dem Aufhebungsvertrag lösen wollen, wenn ich mich erst dafür entschieden habe?

Nicht jeder Arbeitnehmer ist sich über die Folgen des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages im Klaren.
Problematisch ist insbesondere, dass ein Aufhebungsvertrag grundsätzlich eine Sperrfrist für das Arbeitslosengeld I auslöst. Dies ergibt sich aus § 159 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III). Rechtlich ist das nicht zu beanstanden, je nachdem, ob eine Abfindung vereinbart wurde beziehungsweise wie hoch diese ausfällt, kann es aber trotzdem existenzbedrohend wirken. Auch wenn dies nicht der Fall ist, so ist eine solche Sperrzeit doch zumindest unerfreulich.
Auch mag ein Arbeitnehmer übersehen haben, dass die Abfindung brutto gezahlt wird, also noch Steuern und Sozialabgaben abgezogen werden müssen. Auch sonstige Bestimmungen können sich – möglicherweise auch erst nachträglich – als nachteilig herausstellen.

Nicht zu vergessen ist auch, dass der Arbeitnehmer sich einer gewissen emotionalen Drucksituation ausgesetzt sieht, denn wenn erst einmal ein Aufhebungsvertrag im Raum steht, schwingt auch die Kündigung immer mit. 

Tipp am Rande: Einen Arbeitsvertrag sollten Sie nicht sofort unterzeichnen, sondern in jedem Fall in Ruhe durchlesen und gegebenenfalls von einem Rechtsanwalt überprüfen lassen.

Und wie komme ich nun da wieder raus?

Ein Aufhebungsvertrag kann unwirksam sein, er kann auch angefochten werden. Die einvernehmliche Aufhebung des Aufhebungsvertrages ist zwar möglich, dürfte aber die absolute Ausnahme darstellen.

1. Unwirksamkeit
 
Es ist möglich, dass für eine Vielzahl von Arbeitnehmern derselbe Vertragstext verwendet wird. In diesem Fall ist eine Überprüfung nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vorzunehmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist etwa der formularmäßige Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage ohne Gegenleistung unwirksam, weil er eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellt. Auch der Verzicht auf eine Anfechtung des Aufhebungsvertrages ist nicht unter allen Umständen wirksam.
 
Weiter kann – wie das BAG unlängst entschieden hat (Urteil vom 7. Februar 2019, Az.: 6 AZR 75/18) – die Missachtung des Gebots fairen Verhandelns zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages führen. Mit diesem Gebot soll der Überrumpelung des Arbeitnehmers begegnet werden, etwa wenn Vertragsverhandlungen zu ungewöhnlichen Zeiten oder an ungewöhnlichen Orten stattfinden (vgl. BAG, a.a.O., Rn. 31). Ob das Gebot des fairen Verhandelns verletzt ist, kann nur anhand der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden.
 
Möglich (wenn auch nicht sonderlich wahrscheinlich) ist auch, dass ein solcher Aufhebungsvertrag deswegen nichtig ist, weil eine der Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht geschäftsfähig war. 

2. Anfechtung
 
Möglich ist außerdem die Anfechtung des Aufhebungsvertrages. Dies bestimmt sich nach den allgemeinen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Als Anfechtungsgründe kommen sowohl ein Irrtum (§ 119 BGB) als auch eine Täuschung oder eine widerrechtliche Drohung (§ 123 BGB) in Betracht.
 
Eine Irrtumsanfechtung hat grundsätzlich nur geringe Erfolgsaussichten. Das liegt daran, dass im Regelfall nur ein unbeachtlicher Rechtsfolgenirrtum vorliegen wird.
 
Anders verhält es sich mit Anfechtungen wegen Täuschung oder Drohung. Hier können durchaus Erfolgsaussichten bestehen. Allerdings kommt es hier des Öfteren zu Beweisschwierigkeiten, wenn die Angelegenheit schließlich in ein gerichtliches Verfahren überführt wird, um die Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages feststellen zu lassen. Denn regelmäßig werden Arbeitgeber und Arbeitnehmer allein über den Aufhebungsvertrag verhandeln, möglicherweise ist auch eine weitere Person aus dem Lager des Arbeitgebers anwesend, um einen Zeugenbeweis führen zu können.
Ob eine Täuschung oder Drohung vorliegt muss anhand der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden, auch die Frage, ob und inwieweit die Umstände beweisbar sind, ob also ein gerichtliches Verfahren Aussicht auf Erfolg hat.

3. Rücktritt
 
Denkbar ist außerdem ein Rücktrittsrecht. Dieses kann tarifvertraglich verankert sein. Zahlt der Arbeitgeber die vereinbarte Abfindung nicht, so kann auch unabhängig von einer tarifvertraglichen Regelung ein Rücktrittsrecht bestehen. 

Wie Sie sehen, ist ein Aufhebungsvertrag möglicherweise höchst problematisch und die Lösung von einem solchen wünschenswert. Ob die Lösung auch gelingen kann, ist von vielen Faktoren abhängig, deren vollständige Darstellung hier nicht möglich ist, sie können lediglich angerissen werden.

Sollte in Ihrem Fall ein Aufhebungsvertrag abgeschlossen worden sein oder im Raume stehen, so bin ich gerne behilflich, sprechen Sie mich einfach an.


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