Wirksamer Abschluss eines Aufhebungsvertrages trotz Arbeitsunfähigkeit?

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In einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hessen ging es unter anderem um die Frage, ob der Abschluss eines Aufhebungsvertrages wirksam war, obwohl eine vermeintliche Arbeitsunfähigkeit des Klägers bestand. Hatte die Arbeitgeberin diese in den Verhandlungen bewusst ausgenutzt? Ob der Aufhebungsvertrag letztlich Bestand hatte, dazu mehr.


Worum ging es?

Dem Urteil lag dabei folgender Sachverhalt zugrunde. Der klagende Arbeitnehmer war seit 2014 für die beklagte Arbeitgeberin tätig. Im April 2016 teilte der Kläger mit, dass er gemobbt werde und dass sich dies auf seinen Schlaf sowie seine psychische Gesundheit auswirke. Die Parteien verhandelten daraufhin ab dem November 2017 über einen Aufhebungsvertrag, mit dem das Arbeitsverhältnis beendet werden sollte. In diesem Zeitraum war der Kläger zwischenzeitlich arbeitsunfähig krankgeschrieben.


Die Arbeitgeberin übersandte dem Kläger im Dezember 2017 einen Entwurf der Vereinbarung zu, welcher durch den Rechtsanwalt des Klägers überprüft wurde. Nachdem hinsichtlich einzelner Punkte noch einmal nachverhandelt wurde, schlossen die Parteien letztlich Anfang 2018 den Aufhebungsvertrag, mit dem das Arbeitsverhältnis zum Ende des Jahres 2019 enden sollte. Bis dahin sollte der Kläger unter Fortzahlung des monatlichen Gehalts von der Arbeit freigestellt werden.


Gegen diesen Aufhebungsvertrag klagte der Arbeitnehmer. Er war der Auffassung, dass der Aufhebungsvertrag nur geschlossen wurde, weil die Beklagte seine Arbeitsunfähigkeit sowie seine psychischen Probleme während des Verhandlungszeitraums ausgenutzt habe. Zudem habe er in dieser Zeit unter dem Einfluss von Medikamenten gestanden. Dies alles verletze das Gebot des fairen Verhandelns.


Das Arbeitsgericht wies die Klage in erster Instanz ab. Mit der nunmehr eingelegten Berufung ging der Kläger weiterhin gegen den Aufhebungsvertrag vor.


Wie entschied das Gericht?

Doch auch das Landesarbeitsgericht Hessen sah die Berufung als unbegründet an und wies diese zurück. Die Arbeitgeberin hatte nach Ansicht des Gerichts nicht gegen das Gebot des fairen Verhandelns verstoßen.


Das Gebot des fairen Verhandelns verpflichtet auch im Arbeitsrecht die Vertragspartner zur beiderseitigen Rücksichtnahme auf die jeweiligen Interessen des Anderen. Ein Verstoß ist daher anzunehmen, wenn durch den Aufbau einer psychischen Drucksituation die überlegte und freie Entscheidung des Vertragspartners erschwert oder sogar unmöglich gemacht werde. Dies könnte in Betracht kommen durch das Ausnutzen von Sprachbarrieren, von psychischen oder körperlichen Problemen sowie durch eine zeitliche Überrumpelung. Ob ein Verstoß vorliegt ist letztlich jedoch immer für den Einzelfall und anhand der gesetzlichen Maßstäbe zu beurteilen.


Ein solcher Verstoß können im vorliegenden Fall jedoch nicht angenommen werden. Nachdem sich die Verhandlungen über mehrere Monate hinweg zogen und der Kläger zur Prüfung des Aufhebungsvertrages auch einen Rechtsanwalt beauftragte, liege eine zeitliche Überrumpelung des Klägers schon nicht vor. Der Kläger hatte aufgrund vielfacher Nachverhandlungstermine in diesem Zeitraum zudem ausreichend Gelegenheiten, seine eigenen Wünsche und Forderungen sowie Einwendungen vorzubringen. Ein Ausnutzen von Schwächephasen sowie eine unfaire Behandlung könnten hierin nicht erkannt werden.


Die vom Kläger weiterhin vorgetragenen Phasen unter Medikamenteneinfluss und deren Einfluss auf das Verhandlungsgeschehen im Verhandlungszeitraum waren zudem nicht ausreichend erkennbar oder durch den Kläger dargelegt. Der zwischen den Parteien geschlossene Aufhebungsvertrag war damit ohne Verstoß gegen geltende Grundsätze zustande gekommen und folglich wirksam.


Welches Fazit kann daraus gezogen werden?

Die Verhandlungsparteien müssen auch zukünftig das Gebot des fairen Verhandelns wahren, um einen wirksamen Aufhebungsvertrag abzuschließen. Der vorliegende Fall zeigt jedoch, dass dieses Gebot nicht bereits dadurch verletzt wird, wenn die Gegenseite arbeitsunfähig erkrankt. Sofern dem Vertragspartner in diesen Fällen ausreichend Bedenkzeit gewährt wird, und auch externe Hilfe durch einen beauftragten Rechtsanwalt in Anspruch genommen werden darf, so kann dennoch ein faires Vertragsergebnis erzielt werden.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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