Zwei selbstständige Regelfahrverbote können nicht schlicht addiert werden

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Zwei jeweils mit einem Regelfahrverbot bedrohte Verkehrsverstöße führen grundsätzlich nicht zu einer Addition der beiden Fahrverbote.

Folgender Sachverhalt lag (gekürzt) der Entscheidung des Kammergerichts Berlin zugrunde: Das Amtsgericht hatte gegen den Betroffenen mit Urteil auf seinen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid des Polizeipräsidenten wegen Zuwiderhandlung gegen die §§ 41 Abs. 1, 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO gemäß § 24 StVG eine Geldbuße in Höhe von 160,-- Euro verhängt, gemäß § 25 StVG ein zweimonatiges Fahrverbot angeordnet und bestimmt, dass dieses entsprechend der Regelung des § 25 Abs. 2a StVG wirksam werden soll. Das Amtsgericht begründete die Verhängung des zweimonatigen Fahrverbots lediglich mit der Vorbelastung des Betroffenen, gegen den wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 32 km/h am 28. Juni 2012 eine Geldbuße in Höhe von 120,-- Euro verhängt worden ist.

Hiergegen hatte der Betroffene Rechtsbeschwerde erhoben.

Das KG hat die Einschätzung des Amtsgerichts, ein Fahrverbot zu verhängen, sodann nicht geteilt. Die Vorbelastung mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung habe nämlich bereits dazu geführt, dass das Amtsgericht zutreffend von einem beharrlichen Verstoß gemäß § 4 Abs. 2 BKatV ausgegangen ist. Soweit daneben auch das Vorliegen einer groben Pflichtverletzung gemäß § 4 Abs. 1 BKatV i.V.m. Tabelle 1 c) laufende Nr. 11.3.6 indiziert ist, führt dies ebenfalls nicht zu einer Addition der Regelfahrverbote.

Bei der Erfüllung zweier Tatbestände der Bußgeldkatalogverordnung (die jeweils ein Regelfahrverbot vorsehen) durch eine Handlung ist bei Vorliegen des Regelfalls die Dauer der Regelfahrverbote nicht zu addieren (vgl. OLG Stuttgart NZV 1996, 159 m. w. N).

Dies ist darin begründet, dass dem Ordnungswidrigkeitenrecht – ebenso wie dem Strafrecht – bei Tateinheit die Addition von Rechtsfolgen grundsätzlich fremd ist. Auch wenn die Vorschrift des § 4 BKatV den Fall der tateinheitlichen Verwirklichung mehrerer Bußgeldtatbestände mit Regelfahrverbot nicht behandelt, ist kein Grund ersichtlich, warum dies bei der Bemessung des Regelfahrverbots anders sein soll. § 19 Abs. 2 Satz 2 OWiG sieht im Übrigen bei Tateinheit keine Addition der im Gesetz angedrohten Nebenfolgen vor. Dies stünde auch in systematischem Widerspruch zu § 19 Abs. 2 Satz 1 OWiG. Das Fahrverbot soll den Betroffenen warnen und ihm nachhaltig seine Pflichten als Führer eines Kraftfahrzeugs bewusst machen. Diese spezialpräventive Wirkung verlangt eine Gesamtbetrachtung der abzuurteilenden Tat.

Die Erhöhung des Fahrverbots über die Dauer eines Monats hinaus kommt daher lediglich dann in Betracht, wenn gewichtige, für den Betroffenen nachteilige Umstände vorliegen, die erkennen lassen, dass ein Fahrverbot von einem Monat nicht ausreicht, um ihn nachhaltig zu beeindrucken. Diese Gründe sind im Urteil darzulegen (vgl. OLG Brandenburg NStZ-RR 2011, 153; OLG Stuttgart, a. a. O., jeweils m. w. N.). An der Darlegung derartiger Gründe fehlte es im angefochtenen Urteil, zudem hat das Kammergericht auch keine erkennen können. Der Betroffene hat die vorliegende Tat lediglich fahrlässig begangen und es ist bisher auch noch kein Fahrverbot gegen ihn verhängt worden.

Das Kammergericht hat die Sache daher an das Amtsgericht zurückverwiesen, damit dieses über den Rechtsfolgenausspruch nach § 79 Abs. 6 OWiG erneut selbst entscheiden könne, zur Vermeidung weiterer Fehler hat es dem Amtsgericht dabei direkt mit auf den Weg gegeben, dass das Fahrverbot auf einen Monat festzusetzen ist. Gründe, die ausnahmsweise ein Absehen vom Fahrverbot rechtfertigen würden, seien nicht ersichtlich. Es sei allerdings auch nicht erkennbar, dass die Verhängung eines einmonatigen Fahrverbots eine außergewöhnliche Härte für den Betroffenen darstellt.

Hierbei führt das Kammergericht auch noch aus, welche Voraussetzungen zur Annahme eines Härtefalls vorliegen müssen:

Es ist nämlich nicht ausreichend, dass der Betroffene als Rechtsanwalt regelmäßig Gerichtstermine außerhalb Berlins wahrzunehmen hat. Allein das berufliche Angewiesensein auf eine Fahrerlaubnis rechtfertigt ein Absehen von der Auferlegung eines Fahrverbots nicht (vgl. KG, Beschluss vom 23. Januar 2013 – 3 Ws (B) 33/13 – m. w. N.). Ausnahmen davon können lediglich vorliegen, wenn dem Betroffenen infolge der Länge des Fahrverbots Arbeitsplatz- oder sonstiger wirtschaftlicher Existenzverlust droht und diese Konsequenz nicht durch zumutbare Vorkehrungen abgewendet oder vermieden werden kann, mithin ein Härtefall ganz außergewöhnlicher Art vorliegt (vgl. KG, a. a. O., m. w. N.).

(KG Berlin, Beschluss vom 12.12.2014 – 3 (B) Ws 601/14)


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