Abdichtungsarbeiten: Verlängerung der Verjährungsfrist auf 10 Jahre in AGB zulässig!

  • 2 Minuten Lesezeit

Der AN saniert und erweitert ein Hallen- und Freizeitbad. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des AG sehen für Dichtungsarbeiten eine Gewährleistung von 10 Jahren vor. Davon abweichend steht im späteren Abnahmeprotokoll eine Gewährleistungsfrist von nur 5 Jahren. Nach Ablauf von fünf Jahren, aber vor Ablauf von 10 Jahren fordert der AG wegen gravierender Abdichtungsmängel Schadensersatz i.H.v. rund 3 Mio. Euro. Der AN beruft sich auf Verjährung. 

Das Landgericht Ravensburg weist die Klage zunächst ab, weil es die Ansprüche als verjährt ansieht. Das OLG Stuttgart verweist den Rechtsstreit in der Berufung an das Landgericht zurück. Die Klage hat sodann Erfolg. Das OLG führt in seinem Verweisungsbeschluss aus, dass der Anspruch nicht verjährt sei. Für besonders gefahrträchtige Abdichtungsarbeiten könne die Verjährung auch in AGB des AG wirksam auf 10 Jahre verlängert werden. Eine unangemessene Benachteiligung des AN liege darin nicht. Mängel an Abdichtungsarbeiten treten oft erst spät zutage und verursachen große Schäden. Das rechtfertige auch in AGB des AG eine deutlich verlängerte Mängelfrist. 

Auch im Rahmen der Abnahme sei die 10-Jahres-Frist nicht verkürzt worden. Durch Auslegung sei in den Fällen der Wille der Parteien zu ermitteln, wenn das Abnahmeprotokoll eine andere Mängelfrist als der Bauvertrag nenne. Nur wenn danach feststehe, dass das Abnahmeprotokoll die vertragliche Regelung ändern solle, käme die Abänderung der verlängerten Gewährleistungsfrist in Betracht. Ohne greifbare Anhaltspunkte für einen konkreten Änderungswillen der Parteien bleibe es aber bei der vertraglich vereinbarten Frist.

Die Entscheidung zeigt: Voraussetzung für eine in AGB deutlich verlängerte Gewährleistung sind schutzwürdige Interessen des AG. Dafür spricht bei Abdichtungsmaßnahmen die Wahrscheinlichkeit gravierender "Spätschäden". Insoweit müssen AGB-Regelungen klar und so gefasst werden, dass sie nur entsprechend risikoträchtige Bauleistungen betreffen, weil sie sonst unwirksam sind. Stimmen Hinweise im Abnahmeprotokoll mit dem Vertrag überein, sind sie überflüssig. Weichen sie davon ab, ist dann durch Auslegung zu ermitteln, ob das Abnahmeprotokoll die vertragliche Regelung nur wiedergeben oder ändern soll. Die Darlegungs- und Beweislast für eine ändernde Vereinbarung trägt, wer sich darauf beruft. Ohne greifbaren Anlass hat der Auftraggeber regelmäßig keinen Grund, sich bei der Abnahme auf eine Verkürzung der vereinbarten Mängelhaftung einzulassen.

(OLG Stuttgart vom 17.10.2017, 10 U 55/17)

Dr. Thomas Gutwin

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

WEISS GLIMM GUTWIN Rechtsanwälte Partnerschaft 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Thomas Gutwin

Beiträge zum Thema