Abgasskandal – Rücktritt bei Schummelsoftware möglich

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Viele Käufer eines VW- oder Audi-Neufahrzeuges, welches mit einer so genannten Abschaltsoftware ausgestattet ist, fragen sich, ob Sie den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären können. Bei einem Rücktritt vom Kaufvertrag würde der Kaufpreis abzüglich eines Betrages für die gezogenen Nutzungen zurückerstattet werden. Diese Beträge für die gezogenen Nutzungen sind vergleichsweise gering. So würde bei einem Kaufpreis von 30.000 € und einer unterstellten Lebenslaufleistung des neu erworbenen Fahrzeuges von 200.000 km (bei Dieselfahrzeugen keine Seltenheit) lediglich ein Betrag i.H.v. 0,15 € pro gefahrenem Kilometer gezahlt werden.

Grundsätzlich gilt, dass ein mit einer Schummelsoftware manipulierter Motor mit einem Sachmangel behaftet ist. Der Käufer eines solchen Fahrzeuges muss dem Verkäufer das Recht zur Nachbesserung einräumen. Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung ist nicht entbehrlich. Sollte diese jedoch abgelaufen sein, stellt sich die Frage, ob dem Käufer ein Rücktrittsrecht zusteht.

Die Rechtsprechung ist in dieser Frage uneinheitlich. Einige Gerichte haben ein Rücktrittsrecht mit dem Hinweis darauf abgelehnt, dass lediglich ein unerheblicher Mangel vorliegt. Begründet wurde dies damit, dass die Kosten der Umrüstung unter 5 % des Kaufpreises liegen. Anders das Landgericht Braunschweig (LG Braunschweig, Urteil vom 12.10.2016; 4 O 202/16). Dieses hatte sich jetzt mit einem Fall zu befassen, bei welchem der Käufer eines fabrikneuen Skoda Fabian 1,6 TDI der Baureihe EA 198 das Fahrzeug aufgrund der eingebauten Abschaltsoftware zurückgeben wollte. Das Gericht bejahte das Rücktrittsrecht des Käufers und gab der Klage statt. Es geht davon aus, dass die installierte Schummelsoftware einen Sachmangel darstellt. Der Pkw weise keine Beschaffenheit auf, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Interessant ist die Formulierung „die Installation und Verwendung einer so genannten Abschaltsoftware ist bei PKW anderer Hersteller in einer vergleichbaren Fahrzeugklasse jedenfalls nicht bekanntermaßen üblich“.

Das Gericht geht ferner davon aus, dass der Mangel erheblich ist und der Kläger somit vom Kaufvertrag zurücktreten kann. Der Beklagte konnte sich nicht darauf berufen, dass der Mangel für weniger als 5 % des Kaufpreises beseitigt werden könnte. Das Gericht stellte dabei maßgeblich darauf ab, dass ein unerheblicher Mangel dann nicht vorliegt, wenn die Beseitigung des Mangels tatsächlich nicht in absehbarer Zeit durchgeführt werden kann. Die Richter weisen zu Recht darauf hin, dass es erheblichen rechtlichen Bedenken begegnet, wenn sich der Verkäufer einerseits darauf beruft, dass die Pflichtverletzung unerheblich ist andererseits die Entwicklungsprozesse für die Beseitigung des Mangels bereits mehr als ein Jahr in Anspruch nehmen. Es steht immer noch kein Zeitpunkt in Aussicht, zu welchem beim dem Fahrzeug eine neue Software aufgespielt werden, und der Mangel damit nach Behauptung des Verkäufers vollständig beseitigt werden kann. Das Gericht geht davon aus, dass bereits der erhebliche Zeitaufwand, welcher für die Entwicklung der neuen Software notwendig ist eindeutig dafür spricht, dass die Pflichtverletzung des Verkäufers erheblich ist.

Dies bedeutet, dass dem Käufer eines Fahrzeuges mit Abschaltautomatik nach Fristablauf ein Rücktrittsrecht zusteht.

Zu beachten ist jedoch, dass Gewährleistungsansprüche beim Kauf von Neufahrzeugen nach zwei Jahren verjähren. Beim Vorliegen von Arglist auf Seiten des Verkäufers kommt eine dreijährige Verjährungsfrist in Betracht. Eile ist daher geboten, damit eventuell einem zustehende Ansprüche nicht verjähren. Lediglich der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Verkehrsrechtsschutzversicherungen bei der Geltendmachung von begründeten Gewährleistungsansprüchen grundsätzlich Deckungsschutz erteilen.



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