Abmahngefahr: Unzulässige Werbung mit ISO 9001 Zertifizierung im Briefkopf

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Unzulässige Werbung mit ISO Zertifizierung mangels Hinweises

Mit dem Urteil vom 23.05.2019 entschied das OLG Düsseldorf, dass eine Werbung mit der Angabe „Zertifiziert nach ISO 9001“ nur dann legitim ist, wenn erkennbar ist, für welchen Bereich im Unternehmen diese Zertifizierung gilt. Mithin ist unter Umständen ein erläuternder Hinweis erforderlich, dass sich das Zertifikat zum Beispiel ausschließlich auf die Büroorganisation und nicht auch auf die eigentliche Dienstleistung bezieht. Anderenfalls liegt eine irreführende geschäftliche Handlung i.S.d. § 5 UWG und somit eine unzulässige Werbung vor (OLG Düsseldorf, 2 U 50/18). 

Zertifizierung ISO 9001 

Die internationale Zertifizierung nach ISO ist ein anerkannter Standard, der bestimmte Anforderungen an ein Qualitäts-Management-System (QMS) im Unternehmen definiert. Solche Zertifizierungen werden von unabhängigen Stellen nach festgelegten Standards vergeben (BGH, GRUR 2012, 215 Rn. 12). Der Verkehr geht deshalb von einer Überprüfung von Dienstleistungen durch eine unabhängige Stelle aus, die auf eine besondere Qualität hinweist (OLG Hamm, GRUR-RR 2012, 285, 286).

Die ISO 9001 legt die Mindestanforderungen fest, die nötig sind, um die Kundenanforderungen sowie weitere Anforderungen an Produkt- bzw. Dienstleistungsqualität zu erfüllen. Ein wesentlicher Grundsatz ist hier der prozessorientierte Ansatz. Ein prozessorientiertes QMS prüft und dokumentiert alle wesentlichen betrieblichen Prozesse. Dadurch können Optimierungsmöglichkeiten aufgedeckt werden, um die Qualität und Kundenzufriedenheit zu verbessern.

Anwälte werben im Briefkopf mit Zertifizierung ISO 9001

Die Abgemahnte selbst ist eine Anwaltskanzlei, welche auf ihrem Briefkopf – unmittelbar unter den Namen der Rechtsanwälte und oberhalb der Bankverbindung – die Zertifizierung „ISO 9001“ auswies. Mit dieser Werbung im Briefkopf wurden u. a. auch potentielle künftige Mandanten angesprochen, darunter insbesondere die bislang von einem gegnerischen Rechtsanwalt vertretene Personen, welche im Rahmen einer Auseinandersetzung die angefertigte Korrespondenz der Anwälte (mit Briefkopf) übermittelt bekommen.

Der Mitbewerber, ebenfalls eine Anwaltskanzlei, mahnte dies als wettbewerbswidrig ab. Vorwurf: ein nicht unerheblicher Teil nimmt bei dieser Art der Werbung mit der Zertifizierung irrig an, dass sich die beworbene Zertifizierung auch auf die Qualität der (anwaltlichen) Dienstleistungen der Rechtsanwälte bezieht. Diese wurde allerdings nicht geprüft. Ein Durchschnittsverbraucher wird deshalb ohne einen erläuternden Hinweis in dem angegriffenen Briefkopf zu der irrtümlichen Auffassung gelangen, dass die anwaltliche Dienstleistung im Rahmen eines Verfahrens zertifiziert und damit von besonderer Qualität ist.

I. Instanz Landgericht 

Das Urteil des LG Düsseldorf fiel zugunsten der werbenden Kanzlei aus. Eine Irreführung liege nicht vor, da der angesprochene Verkehrskreis wegen der vorliegend erfolgten optischen Abgrenzung der Zertifizierungsangabe erkenne, dass sich die Angabe auf die Gesellschaft und das Qualitätsmanagement (Betrieb), nicht aber auf die anwaltliche Beratung beziehe – somit bestünde auch kein Unterlassungsanspruch.

II. Instanz: Entscheidungsgründe des OLG

Für das OLG Düsseldorf war die gestalterische Abtrennung des Vermerks auf dem Briefkopf nicht ausschlaggebend. Dem Großteil des angesprochenen Verkehrskreises fehle es bereits an entsprechenden Vorkenntnissen bezüglich der Zertifizierung. Der durchschnittliche Verbraucher werde die Zertifizierung aber auch bei Vorkenntnissen diesbezüglich nicht ausschließlich auf die Büroorganisation, sondern vielmehr auf die anwaltlichen Dienstleistungen beziehen

Ein Durchschnittsverbraucher wird deshalb mangels eines erläuternden Hinweises in dem angegriffenen Briefkopf zu der irrtümlichen Auffassung gelangen, dass die anwaltliche Dienstleistung zertifiziert ist (vgl. OLG Hamm, GRUR-RR 2012, 285, 286; LG Hannover, Urt. v. 21.10.2915 – 23 O 51/15, Anlage F 15). Er gewinnt mithin den Eindruck, dass die von der Klägerin bzw. den Anwälten der klägerischen Sozietät angebotene Dienstleistung im Rahmen eines Zertifizierungsverfahrens überprüft worden sei. Eben auf diese Dienstleistung wird er die Zertifizierungsangabe beziehen.So gehe er zwangsläufig von einer Überprüfung der Anwälte selbst aus. Dies beeinflusse seine Entscheidungsfindung, da er auf der Suche nach einem Anwalt dazu tendiere, den vermeintlich qualifizierteren Anwalt zu beauftragen. Somit sei die Fehlvorstellung der Verbraucher auch wettbewerblich relevant. Eine entsprechende Deutlichmachung zur Vermeidung von Missverständnissen hätte der Klägerin laut Auffassung des Gerichts keine große Mühe bereitet.

Die Mitbewerber haben also mit der Verwendung der Zertifizierungsangabe in der konkreten Verletzungsform auf dem in die Abmahnung einbezogenen Briefbogen eine irreführende geschäftliche Handlung vorgenommen, die unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über ihre fachliche Qualifikation enthält. 

Fazit

Im Wettbewerbsrecht sind u. a. solche geschäftlichen Handlungen unzulässig, welche sich an Verbraucher richten und nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen, beziehungsweise dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen. 

Dabei stellt man stets auf den durchschnittlichen Verbraucher, beziehungsweise auf das durchschnittliche Mitglied des angesprochenen Verkehrskreises ab (vgl. § 3 UWG). 

Gerade bei Werbemaßnahmen ist somit darauf zu achten, Angaben so vollständig, präzise und unverschleiert wie möglich zu machen. Anderenfalls kommt es schnell zu einer Irreführung, was nicht zuletzt auch eine Angriffsfläche für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen bietet. Selbst objektiv zutreffende Angaben können insoweit die Gefahr einer Irreführung begründen, wenn sie aufgrund missverständlicher Verwendung lückenhaft und daher zur Irreführung geeignet sind.

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