Abmahnungen des Verbands sozialer Wettbewerb e.V. wegen gesundheitsbezogerner Werbung

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Abmahnungen des Verbands sozialer Wettbewerb e.V. wegen gesundheitsbezogerner Werbung erhalten?

Immer wieder werden uns Abmahnungen des Verbands sozialer Wettbewerb e.V. wegen angeblicher Wettbewerbsverstöße, insbesondere wegen gesundheitsbezogener Aussagen und sogenannter Health Claims, vorgelegt. Dazu im Einzelnen:


1. Der Verband sozialer Wettbewerb e.V.

Der Verband sozialer Wettbewerb e.V. ist ein Verein aus Berlin, der laut eigener Angabe rund 350 Mitglieder aus verschiedenen Branchen hat. Sein Tätigkeitsbereich liegt nach eigener Außendarstellung in der Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder und damit insbesondere in der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs und der Wirtschaftskriminalität. Als Verband mache er die Rechte seiner Mitglieder geltend, was diesen insoweit entgegenkommen soll, dass sie die Risiken und Kosten des Tätigwerdens und eines zum Teil damit verbundenen Gerichtsverfahrens nicht selbst tragen müssen. Der Verband sozialer Wettbewerb e.V. wurde 1975 zur Kontrolle eines fairen Wettbewerbs gegründet und ist bundesweit tätig. Die Befugnis zum Tätigwerden ergibt sich aus § 8 Abs. 3 Nr.2 UWG, § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG. Hiernach darf er immer dann tätig werden, wenn ihm eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, wenn er insbesondere nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande ist, seine satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen seiner Mitglieder berührt. Er wird also immer dann tätig, wenn eine erhebliche Zahl seiner Mitglieder dadurch verletzt wird, dass ein deutsches oder ausländisches Unternehmen gegen das deutsche Wettbewerbsrecht verstößt.          

2. Abmahnungen durch den Verband sozialer Wettbewerb e.V.

Im Rahmen seiner Tätigkeit mahnt der Verband sozialer Wettbewerb e.V. diejenigen Unternehmen ab, die im Wettbewerb mit seinen Mitgliedern stehen und gegen das deutsche Wettbewerbsrecht verstoßen.

Der Verein mahnte unter anderem gesundheitsbezogene Aussagen, sogenannte Health Claims, ab, wenn diese rechtswidrig waren. Wann und in welcher Art und Weise solche gesundheitsbezogenen Aussagen getroffen werden dürfen, regeln unter anderem die europäische Lebensmittel-Gesundheitsangaben-Verordnung (LGVO), die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) sowie das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB).

Nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 LGVO bezeichnet der Ausdruck „gesundheitsbezogene Angabe“ jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht.

Sofern eine Aussage oder Angabe hiervon erfasst ist, unterliegt ihre Zulässigkeit bestimmten Anforderungen, welche ebenfalls überwiegend in der Lebensmittel-Gesundheitsangaben-Verordnung geregelt sind.

Gemäß § 10 LGVO sind gesundheitsbezogene Angaben verboten, sofern sie nicht den allgemeinen Anforderungen der Artikel 3-7 LGVO und den speziellen Anforderungen zu gesundheitsbezogenen Angaben gemäß der Artikel 10-18 LGVO entsprechen, gemäß dieser Verordnung zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß der Artikeln 13 und 14 aufgenommen sind.

Nach Artikel 14 LGVO können Angaben über die Verringerung eines Krankheitsrisikos gemacht werden, wenn sie in die Gemeinschaftsliste zulässiger Angaben mit aufgenommen und zugelassen wurden. Außerdem muss eine Kennzeichnung oder die Aufmachung zeigen, dass Krankheiten durch mehrere Risikofaktoren bedingt sind und die Veränderung eines dieser Risikofaktoren eine positive Wirkung haben kann oder auch nicht.

Bezüglich anderer gesundheitsbezogener Angaben als Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos regelt Artikel 13 LGVO, dass diese auch ohne Zulassungsverfahren nach Artikel 15-18 LGVO zulässig sind, sofern sie sich auf allgemein anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse stützen und vom durchschnittlichen Verbraucher richtig verstanden werden. Erfasst werden von dieser Regelung solche Angaben, die von der entsprechenden Gemeinschaftsliste erfasst werden und die die Bedeutung eines Nährstoffs oder einer anderen Substanz für Wachstum, Entwicklung, Körperfunktionen, psychische Funktionen, Verhaltensfunktionen, schlank machende oder gewichtskontrollierende Eigenschaften, Verringerung des Hungergefühls, ein verstärktes Sättigungsgefühl oder eine verringerte Energieaufnahme durch den Verzehr des Lebensmittels beschreiben oder darauf verweisen.

Zu beachten gilt es hierbei, dass zulässige gesundheitsbezogene Angaben nur zu den entsprechenden einzelnen Stoffen gelistet sind und sich deshalb die entsprechenden Angaben ausschließlich auf die entsprechenden Inhaltsstoffe und nicht auf das Gesamtprodukt beziehen dürfen. Beispiele für Stoffe, bezüglich derer bislang keine gesundheitsbezogenen Angaben zugelassen sind, sind Weihrauch und Curcumin. Folglich ist jede gesundheitsbezogene Angabe, wie beispielsweise eine Stärkung der Abwehrkräfte, eine entzündungshemmende Wirkung, lindernde oder gar heilende Wirkungen hinsichtlich dieser Stoffe unzulässig und verstößt gegen die Lebensmittel-Gesundheitsangaben-Verordnung.

Wird dennoch damit geworben liegt ferner ein Verstoß gegen das Verbot irreführender Werbung nach § 5 UWG, § 11 Abs.1 Nr.1 LFGB vor. Denn gemäß § 11 Abs.1 Nr.1 LFGB ist es untersagt Lebensmittel mit solchen Angaben in den Verkehr zu bringen oder damit zu werben, die nicht den Anforderungen des Art. 7 Abs. 1 LMIV entsprechen. Gemäß Art. 7 Abs. 1 LMIV dürfen Lebensmittelangaben nicht irreführend sein, insbesondere nicht in Bezug auf angeblich vorhandene Wirkungen, Eigenschaften oder besondere Merkmale.

Sofern dem Verbraucher in unzulässiger Weise suggeriert wird, dass das Mittel eine Krankheit verhindern, lindern oder beseitigen würde, liegt ferner ein Verstoß gemäß § 11 Abs.1 Nr. 2 LFGB i.V.m. Art.7 Abs.3, 4 LMIV vor. Denn § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB verweist auf die Anforderungen des Art. 7 Abs. 3 LMIV, wonach grundsätzlich nicht der Eindruck hervorgerufen werden darf, dass das Lebensmittel Krankheiten vorbeuge, heile oder zu deren Behandlung diene und entsprechende Angaben daher unzulässig sind.

Das eben Gesagte gilt gemäß Art. 7 Abs. 4 LMIV auch hinsichtlich der Werbung, Verpackung und Darbietung der Mittel.

Die beispielhaft genannten Regelungen sind unter anderem auch dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, sodass die Verletzung dieser Vorschriften ein wettbewerbswidriges Verhalten darstellt. Eine derartige Verletzungshandlung betrifft daher regelmäßig das Verbot irreführender Werbung aus § 5 UWG und ist regelmäßig unlauter im Sinn des § 3a UGW, sodass sie gemäß § 8 Abs.1 UWG zu unterlassen ist. Werden vorstehende Regelungen dennoch verletzt, so kann die entsprechende Verletzungshandlung abgemahnt und die Abgabe einer Unterlassungserklärung gefordert werden, wie es beispielsweise der Verband sozialer Wettbewerb e.V. praktiziert.


3. Beispiele für gesundheitsbezogene Werbung

Wie bereits erläutert wurden für Curcumin und Weihrauch bislang keine gesundheitsbezogenen Aussagen gelistet, sodass diese auch nicht getroffen werden dürfen. Anpreisungen als Unterstützung und Stärkung des Immunsystems, als Abwehrmittel, als natürliches Cortison oder entzündungshemmend sind ebenso zu unterlassen, wie die Behauptung einer angeblichen Linderung von Krankheiten, wie Asthma, Arthritis oder Depressionen. Außerdem darf beispielsweise Curcumin nicht mit Ruhe und Gelassenheit, sowie einer erweiterten pharmakologische und entzündungshemmenden Wirkung beworben werden. Erst recht darf nicht behauptet werden, ein nicht gelistetes Mittel würde gegen Malaria, Covid 19 oder Tumore helfen.

Der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 19.11.2014 – Az.: 12 O 482/13 lag die Bewerbung eines „HA-Collestin Drinks“ in einer Dauerwerbesendung zugrunde, welcher angeblich bereits nach einer dreiwöchigen Konsumierung zu einer optischen Verjüngung von 15 Jahren führen solle. Es wurde unter anderem behauptet: „Erstmal haben wir Collagen drin. Was macht Collagen? Collagen stützt die Haut. Und durch dieses Stützen der Haut wird die Haut prall, glatt und fest“, „Dann haben wir drin, Hyaluronsäure. Hyaluronsäure gibt den tieferen Hautschichten Feuchtigkeit. Und Feuchtigkeit bedeutet immer glatte Haut. Das heißt also, selbst wenn Sie schon Falten haben, werden die Falten aufgepolstert von innen.“, „Und drittens, und das ist erstmalig, haben wir Elastin drin. Elastin ist die Substanz, da ist der Name Programm, die für die Elastizität der Haut sorgt. Warum das so wichtig ist, und wie Sie, und jetzt kommt‘s mit dem Elastin, was hier drin ist, sogar es schaffen, Hängewangen und Doppelkinn zu beseitigen, darüber sprechen wir, Sie lehnen sich sehr aus dem Fenster. Jetzt, ja, das ist wissenschaftlich nachgewiesen“. Diese drei Aussagen haben einen Gesundheitsbezug, da der Verzehr in unmittelbaren Zusammenhang mit gesundheitlichen Auswirkungen gebracht wird. Da diese gesundheitsbezogenen Angaben nicht gelistet sind und sie auch die sonstigen Voraussetzungen der Lebensmittel-Gesundheitsangaben-Verordnung nicht erfüllen, die Angaben insbesondere nicht wissenschaftlich fundiert bewiesen wurden, verstoßen sie gegen Artikel 10 der Lebensmittel-Gesundheitsangaben-Verordnung und sind daher unzulässig.

Weitere Beispiele bislang nicht gelisteter und damit unzulässiger Aussagen sind: „Glucosamin für gesunde Knochen und Gelenke“, „Cranberry zur Förderung der Blasengesundheit“, „Probiotische Joghurts wirken positiv auf das Immunsystem“, für das Kinder Beeren Müsli (Hipp): „[…] enthalten die wertvollen Wachstumsbausteine Eisen, Jod, Zink“, für die Beba Kindermilch (Nestlé): „Gesundes Wachstum“ und „Unterstützung des Immunschutzes“, für das Getränk Vitesse für Nerven und Muskeln (Rabenhorst): „Zur Unterstützung von Nerven und Muskeln (…) durch Magnesium und die 8 Vitamine des B-Komplexes ergänzt“, für den Viva Vital Joghurt Erdbeere (Netto Markendiscount): „Verdauungsjoghurt“.

Forderung  

Der Verband sozialer Wettbewerb verlangt neben der Abgabe einer Unterlassungserklärung auch den Ersatz erforderlicher Aufwendungen nach § 13 Abs. 3 UWG in Form der Geltendmachung einer Abmahnpauschale. Eine solche Abmahnpauschale ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH auch zulässig. Sie ergibt sich aus dem Anteil der durch die Abmahnungen entstandenen Kosten an den Gesamtkosten des Verbandes im Vorjahr und belief sich im Jahr 2020 auf € 232,00 pro Abmahnung.          

Fazit zu Abmahnungen des Verbands sozialer Wettbewerb e.V. wegen gesundheitsbezogerner Werbung

Bei der Verwendung von gesundheitsbezogenen Aussagen ist besondere Sorgfalt geboten. Sollten Sie vorhaben derartige Health Claims zu verwenden oder bereits eine Abmahnung von dem Verband sozialer Wettbewerb e.V. oder einem anderen Wettbewerber erhalten haben, rufen Sie uns gerne an oder schreiben Sie uns eine E-Mail. Wir überprüfen für Sie die Zulässigkeit solcher Aussagen oder auch die Wirksamkeit einer erhaltenen Abmahnung.


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