Abnahme und Abnahmearten im Baurecht

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I. Abnahme

Die Abnahme ist als Begriff weder im BGB noch in der VOB/B bestimmt, sondern lediglich beschrieben. Darunter versteht man die Übergabe des hergestellten Werkes verbunden mit der vertragsgemäßen Akzeptanz der Werkleistung durch den Auftraggeber.

Am Ende der erbrachten Bauleistung steht die Abnahme. Sie ist ein ganz entscheidendes Element im Baurecht. Dennoch wird die Bedeutung der Abnahme in der Praxis sehr häufig unterschätzt, obwohl an die Abnahme wichtige Rechtsfolgen, wie z. B. die Beweislastumkehr für das Vorhandensein von Baumängeln, Fälligkeit der Vergütung sowie Fristbeginn für die Gewährleistungsansprüche, geknüpft sind.

Gesetzlich sind die Abnahme und ihre Folgen gemäß §§ 640 ff. BGB geregelt. Diese Regelungen gelten ohne, dass sie von den Vertragsparteien ausdrücklich vereinbart werden.

Anders als bei der VOB/B, welche nur dann gilt, wenn diese zwischen den Parteien als Vertragsbestandteil ausdrücklich als Ganzes vereinbart wurde. Dort finden sich die Bestimmungen für die Abnahme und ihre Folgen in den §§ 12 ff. VOB/B.

II. Folgende Arten der Abnahme kennt man bisher im Baurecht

1. Die ausdrücklich erklärte Abnahme

Von dieser Art der Abnahme spricht man immer dann, wenn die Abnahme durch mündliche oder schriftliche Erklärung des Auftraggebers oder seines bevollmächtigten Stellvertreters erfolgt, wobei bei der Erklärung das Wort „Abnahme“ nicht zwingend vorkommen muss. Es reicht, wenn der Auftraggeber oder sein bevollmächtigter Stellvertreter das Einverständnis mit der Bauleistung mit den Worten „einverstanden“ oder „in Ordnung“ oder „mit den Leistungen zufrieden“ oder „die Nutzung kann nun beginnen“ äußert.

2. Die förmliche Abnahme

Diese Abnahme ist in der Praxis die häufigste Form der Abnahme. Sie wird dadurch vollzogen, dass die Bauleistung durch den Auftraggeber und Auftragnehmer oder dessen jeweiligen Bevollmächtigten gemeinsam nach vorheriger Terminvereinbarung überprüft und das Ergebnis protokolliert wird.

Ist eine förmliche Abnahme vereinbart, kann sich der Unternehmer grundsätzlich nicht auf eine konkludente Abnahme durch Ingebrauchnahme durch den Auftraggeber berufen. Allerdings können die Parteien einvernehmlich auf eine förmliche Abnahme verzichten.

3. Die Abnahme durch schlüssiges Verhalten (konkludente Abnahme)

Diese Abnahmeform ist im BGB nicht geregelt, allerdings anerkannt. Sie setzt ein vom Willen des Auftraggebers getragenes Verhalten voraus. Eine schlüssige Abnahme kommt in Betracht, u. a. durch

  • die vorbehaltlose Zahlung
  • den Bezug des Hauses
  • die rügelose Benutzung des Werks oder der Bauleistung
  • die Auszahlung des Sicherheitsbetrages
  • die Erstellung einer Gegenrechnung durch den Auftraggeber
  • die Veräußerung des Bauwerks
  • den Einbehalt eines Betrages für gerügte Mängel
  • weiteren Aufbau durch den Auftraggeber auf die Leistung des Unternehmers.

Eine vergessene, förmliche Abnahme führt dann dazu, dass ein stillschweigender Verzicht auf die vereinbarte Förmlichkeit der Abnahme eintritt, wenn einer der vorgenannten Bedingungen eingetreten ist, da dann eine stillschweigende Annahme durch schlüssiges Verhalten anzunehmen ist (OLG Frankfurt, Urteil vom 28.09.2005, Aktenzeichen: 7 U 189/03; Werner Pastor „Der Bauprozess“ 16.Auflage, Rn. 1824).

4. Die Abnahme durch Fristablauf (fiktive Abnahme)

Es steht einer Abnahme gleich, wenn eine abnahmereife Leistung innerhalb einer gesetzten angemessenen Frist vom Auftraggeber nicht abgenommen wird, obwohl er dazu verpflichtet ist. Die Rechtslage hierzu hat sich ab dem 01.01.2018 dahingehend geändert, dass die Abnahme bei Benennung von mindestens einem wesentlichen Mangel in konkreter Form durch den Auftraggeber verweigert werden kann.

5. Die Teilabnahme

Diese Abnahmeform setzt eine vorhandene, in sich funktionsfähige Teilleistung voraus. Nach § 641 Abs.1 Satz 2 BGB sind auch Teilabnahmen möglich. Eine Pflicht hierzu besteht jedoch im Gegensatz zu § 12 Abs. 2 VOB/B nicht.


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