Abwicklungsvertrag - Handlungsempfehlung

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Was versteht man unter einem Abwicklungsvertrag?

Arbeitgeber und Arbeitnehmer können nach Ausspruch einer Kündigung, einen Vertrag schließen, der die Folgen einer bereits ausgesprochenen Kündigung, also die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses näher regelt. Einen solchen Vertrag nennen die Arbeitsrechtler einen Abwicklungsvertrag.

Anders als bei Aufhebungsverträgen, die selbst die Beendigung des Arbeitsverhältnisses regeln, ist etwaigen Abwicklungsverträgen stets eine Kündigung voraus gegangen. Ein Abwicklungsvertrag bewirkt also nicht unmittelbar die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sondern regelt lediglich die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses nach Ausspruch einer Kündigung.

Ein Abwicklungsvertrag wird in der Praxis zum Teil auch vor dem Auslaufen von befristeten Arbeitsverträgen vereinbart.

Welcher Regelungen sind in einem Abwicklungsvertrag in der Regel enthalten?

In aller Regel enthalten Abwicklungsverträge zwei wesentliche Bestandteile:

                1. Verzicht auf Erhebung der Kündigungsschutzklage (durch den Arbeitnehmer)

                2. Gegenleistung des Arbeitgebers (in aller Regel eine Abfindungszahlung)

Der Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist nach allgemeiner Auffassung generell zulässig (vgl. BAG, Urteil vom 19. 4. 2007, Az. 2 AZR 208/06). Ferner regeln die Vertragsparteien auch andere Aspekte, die die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses betreffen. Üblich ist z.B. die Gewährung von Resturlaub, die Freistellung von der Arbeitsleistung oder auch die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses, in der Regel wird in Abwicklungsverträgen dann auch gleich die Zeugnisnote geregelt.

Welche Formerfordernisse bestehen für Abwicklungsverträge?

Gemäß § 623 BGB bedarf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

Da Abwicklungsverträge gerade nicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzielen, bedürfen sie auch nicht der Schriftform, so könnte man zumindest annehmen. Richtig ist dies zumindest in den Fällen, in denen einem Abwicklungsvertrag eine wirksame Kündigung vorausgegangen ist (vgl. BAG 17.12.2015, BeckRS 2016, 66413). Mangels Formerfordernissen können Abwicklungsverträge dann auch mündlich oder per E-Mail geschlossen werden.

In den meisten Fällen steht beim Ausspruch einer Kündigung oder bei Abschluss eines Abwicklungsvertrages nicht fest, ob die Kündigung wirksam ist oder nicht. In diesen Fällen könnte ein Abwicklungsvertrag u.U. in einem Aufhebungsvertrag umzudeuten sein, der dann zu seiner Wirksamkeit wiederum der Schriftform bedürfte.

Darüber hinaus bestätigte das BAG bis zuletzt für Klageverzichtsvereinbarungen im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Kündigungsausspruch ein Schriftformerfordernis (vgl. BAG 25.9.2014 – 2 AZR 788/13).

Unter welchen Umständen sind Klageverzichtsklauseln unwirksam?

Rechtlich zu hinterfragen sind vor allem Klageverzichtsvereinbarungen, die vom Arbeitgeber einseitig vorformuliert worden sind. In diesen Fällen gelten sind die §§ 305 ff. BGB anzuwenden, wodurch die Klauseln einer vollumfänglichen AGB-Kontrolle unterzogen werden. Problematisch bzw. unwirksam sind die Klauseln, die keine greifbare Gegenleistung für den Klageverzicht beinhalten (vgl. BAG, Urteil vom 06.09.2007, Az. 2 AZR 722/06). Unwirksam wäre danach bspw. die folgende Klausel:

„Kündigung akzeptiert und mit Unterschrift bestätigt. Auf Klage gegen die Kündigung wird verzichtet.“

Ein angemessener Ausgleich für den Klageverzicht kann sich aus einer in der Abwicklungsvereinbarung vorgesehenen Abfindung ergeben. Wie hoch die Abfindung im Einzelfall zu sein hat, um den Anforderungen der §§ 305 ff. zu genügen, hat das BAG bislang offen gelassen.

Welche Gegenleistung muss ein Arbeitgeber anbieten, damit der Verzicht auf Erhebung einer Kündigungsschutzklage wirksam ist? Reicht ein „gutes Zeugnis“ als Gegenleistung aus?

In einem kürzlich vom BAG zu entscheidenden Fall (vgl. BAG Urteil vom 24.09.2015 – 2 AZR 347/14) ging es um einen vermeintlichen Abwicklungsvertrag, in welchem der Arbeitnehmer erklärte, auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage zu verzichten, wenn ihm dafür vom Arbeitgeber ein „gutes“ Arbeitszeugnis ausgestellt werden würde. Dem Gericht war diese „Gegenleistung“ nicht genug. Es entschied:

„Die in einer Abwicklungsvereinbarung vom Arbeitgeber übernommene Verpflichtung, dem Arbeitnehmer ein Zeugnis mit einer näher bestimmten (überdurchschnittlichen) Leistungs- und Führungsbeurteilung zu erteilen, stellt keinen Vorteil dar, der geeignet wäre, die mit dem Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verbundene unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers i.S. des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB auszugleichen.“

Der im Abwicklungsvertrag enthaltene Klageverzicht war mithin unwirksam, da das Gericht eine unangemessene Benachteiligung bejahte. Der Arbeitnehmer hatte kurz nach Abschluss und noch innerhalb der Klagefrist eine Kündigungsschutzklage erhoben, über die das Gericht somit entscheiden konnte. Im Ergebnis stellte das Gericht zudem fest, dass auch die Kündigung unwirksam war.

Für die Praxis bleibt allerdings nach wie vor unklar, welche Anforderungen konkret eine an „kompensatorische Gegenleistung“ des Arbeitgebers für den Klageverzicht durch den Arbeitnehmer im Rahmen von Abwicklungsverträgen zu stellen sind. Ein rein prozessuales Entgegenkommen reicht wie soeben aufgezeigt jedenfalls nicht (mehr) aus.

Droht mir bei Abschluss eines Abwicklungsvertrages eine Sperrzeit für den Bezug von Arbeitslosengeld?

Das BSG hat mit Urt. v. 18.12.2003 (vgl. BSG 18.12.2003, NZA 2004, 661) entschieden, dass auch die nachträgliche Vereinbarung über die Hinnahme einer Kündigung durch den Arbeitnehmer vor Ablauf der Klagefrist als Lösen des Beschäftigungsverhältnisses i.S. des § 144 SGB III anzusehen ist.

Abwicklungsverträge sind somit nur mit äußerster Vorsicht zu genießen. Die Bundesagentur für Arbeit hat in Anknüpfung an eine weitere Entscheidung des Bundessozialgerichtes (vgl. Urteil vom 12.07.2006, NZA 2006, 1359) in ihrer Durchführungsanweisung zu Sperrzeiten diese arbeitsrechtliche Bestimmung berücksichtigt. Danach liegt ein die Verhängung einer Sperrzeit ausschließender wichtiger Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages vor, wenn

  • eine betriebsbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt worden ist,
  • diese Kündigung unter Einhaltung der geltenden Kündigungsfrist zu demselben Zeitpunkt, zu dem das Beschäftigungsverhältnis geendet hat, ausgesprochen worden wäre und
  • eine Abfindung von 0,25–0,5 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr an den Arbeitnehmer gezahlt wird (resultierend aus der sog. Korridor-Rechtsprechung).

Sollten Sie einen Abwicklungsvertrag angeboten bekommen, zögern Sie bitte nicht, uns umgehend zu kontaktieren. Häufig können Fachanwälte für Arbeitsrecht solche Angebote optimieren und auf eventuelle Fallstricke hinweisen.

Foto(s): pixelio

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