Abwicklungsvertrag: Klageverzicht wird durch Zusage eines guten Zeugnisses nicht kompensiert

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Ich hatte an dieser Stelle am 17.11.2014 einen Rechtstipp verfasst und auf ein Urteil des Niedersächsischen LAG verwiesen. Seinerzeit hatte das LAG entschieden, dass ein Arbeitnehmer in einem – nach Ausspruch eine Arbeitgeberkündigung geschlossenen – Aufhebungsvertrag wirksam auf sein gesetzliches Klagerecht gegen die Kündigung verzichten kann, wenn er als Gegenleitung ein gutes Zeugnis erhält.

Gegen diese Entscheidung wurde Revision eingelegt. Im Revisionsverfahren hat jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden und das Urteil des LAG aufgehoben.

Das BAG hat klargestellt, dass die Zusage eines guten Zeugnisses in einem Abwicklungsvertrag keine angemessene Kompensation für einen Klageverzicht darstellt.

Wird nach einer arbeitgeberseitigen Kündigung (gegen die dem Arbeitnehmer ein Klagerecht gesetzlich zusteht) ein Abwicklungsvertrag geschlossen, kann in diesem auch wirksam ein Klageverzicht vereinbart werden. Andernfalls wäre der Abwicklungsvertrag für den Arbeitgeber auch uninteressant. 

Der Arbeitnehmer muss aber für den Klageverzicht eine Gegenleistung erhalten und diese muss auch angemessen sein. Erhält er als Gegenleistung nur ein gutes Zeugnis, reicht dies jedenfalls nach der Entscheidung des BAG nicht (BAG, Urteil vom 24.09.2015, Aktenzeichen 2 AZR 347/14).

Mein Rechtstipp vom 17.11.2014 ist also „überholt“.

Wann genau eine Gegenleistung für den Klageverzicht angemessen ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Man wird wohl davon ausgehen dürfen, dass in aller Regel eine Abfindung gezahlt werden muss – alternativ kommt wohl auch eine längere bezahlte Freistellung während der Kündigungsfrist in Betracht.

Wer sich als Arbeitgeber an der Regelabfindung orientiert (je Beschäftigungsjahr ein halbes Bruttomonatsgehalt), dürfte auf der sicheren Seite sein. Je höher aufgrund der konkreten Umstände die Chance ist, dass die Kündigung in einem Kündigungsschutzverfahren vor Gericht als wirksam beurteilt würde, desto geringer darf wohl die Gegenleistung für den Klageverzicht ausfallen.

Das Risiko für den Arbeitgeber besteht darin, dass der Klageverzicht unwirksam ist und der Arbeitnehmer doch eine zulässige Klage erhebt. Aus meiner Sicht sollte daher die Fälligkeit der Arbeitgeberleistungen aus dem Abwicklungsvertrag so geregelt werden, dass die Leistungen erst nach Ablauf der gesetzlichen Klagefrist (3 Wochen ab Zugang der Kündigung) erbracht werden. Da es einige Zeit dauert, bis der Arbeitgeber durch das Arbeitsgericht von der Klage erfährt, sollte ein zeitliches Sicherheitspolster gewählt werden.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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