Änderungen für Plattform-Betreiber wegen EU-Verordnung Platform-to-Business (P2B) ab 12.07.2020

  • 4 Minuten Lesezeit

Für viele Unternehmer sind Plattformen essenziell für den Umsatz und geschäftlichen Erfolg. Manchmal jedoch entstehen Konflikte zwischen diesen Plattform-Nutzern und den Plattform-Betreibern bzw. Plattform-Anbietern. Letztere sind häufig bei Angebotssperren oder Rankingstreit in einer besseren vertraglichen und tatsächlichen Position und können schlicht Fakten schaffen.

Die EU will dieses Ungleichgewicht besser regeln und hat neue Regelungen erlassen: Die Verordnung (EU) 2019/1150 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten (nachfolgend P2B-Verordnung oder P2B-VO genannt). Das neue Recht gilt ab dem 12.07.2020 und hat auf die Plattform-Betreiber folgende Auswirkungen:

1. Wer ist von der Verordnung betroffen?

Die P2B-Verordnung (P2B-VO) gilt für Online-Vermittlungsdienste und Online-Suchmaschinen, über welche Plattform-Nutzer den Verbrauchern Produkte oder Dienstleistungen anbieten. Dabei ist es unerheblich, ob der Vertragsschluss über die Plattform, über eine verlinkte Unternehmenswebsite oder offline stattfindet. Neben klassischen Marktplätzen und App-Stores erfasst die P2B-Verordnung Social-Media-Netzwerke und Buchungs- und Preisvergleichsportale (nachfolgend alle als Plattformen bezeichnet).

Von der P2B-Verordnung sind nur reine Business-to-Business (B2B) Plattformen sowie Peer-to-Peer (P2P) Vermittlungen nur für Verbraucher erfasst. Ausgenommen sind auch Online-Zahlungs- und Online-Werbedienste.

2. Welche neuen Pflichten gelten ab dem 12.07.2020?

In der P2B-Verordnung sind für Plattformbetreibern viele Pflichten enthalten, die sicherlich ganz neue technische und organisatorische Prozesse erfordern, die bis zum 12.07.2020 eingeführt werden müssen:

2.1 Anforderungen an die AGB (Art. 3, 8 und 9 P2B-VO)

Nach Art. 3 P2B-VO müssen Plattform-Betreiber konkrete Angaben in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (nachfolgend AGB genannt) machen, damit die Plattformnutzer wichtige Vertragspunkte unmittelbar erkennen und bewerten können.

Art. 3 Abs. 1 P2B-VO lautet:

Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten stellen sicher, dass ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen

a)    klar und verständlich formuliert sind;

b)   für gewerbliche Nutzer zu jedem Zeitpunkt ihrer Geschäftsbeziehung mit dem Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten, auch während der Phase vor Vertragsabschluss, leicht verfügbar sind;

c)    die Gründe benennen, bei deren Vorliegen entschieden werden kann, die Bereitstellung ihrer Online-Vermittlungsdienste für gewerbliche Nutzer vollständig oder teilweise auszusetzen oder zu beenden oder sie in irgendeiner anderen Art einzuschränken;

d)   Informationen über zusätzliche Vertriebskanäle oder etwaige Partnerprogramme enthalten, über die der Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten die vom gewerblichen Nutzer angebotenen Waren und Dienstleistungen vermarkten könnte;

e)     allgemeine Informationen zu den Auswirkungen der allgemeinen Geschäftsbedingungen auf die Inhaberschaft und die Kontrolle von Rechten des geistigen Eigentums gewerblicher Nutzer enthalten.

Art. 3 Abs. 2 P2B-VO enthält genaue Vorgaben dazu, mit welchem zeitlichen Vorlauf (nämlich 15 Tage oder gegebenenfalls auch mehr) der Plattform-Betreiber seine AGB-Änderungen gegenüber Plattform-Nutzern ankündigen muss.

Verstoßen die Plattform-Betreiber gegen die Pflichten aus Art. 3 Abs. 1 oder Abs. 2 P2B-VO, sind die AGB nach Art. 3 Abs. 3 P2B-VO unwirksam; hier besteht also eine erhebliche Gefahr.

2.2 Nutzungseinschränkungen und -kündigung (Art. 4 P2B-VO)

Ein Plattform-Betreiber kann seine Dienste für einen Plattform-Nutzer einschränken oder aussetzen. Allerdings dürfen solche Maßnahmen nach Art. 4 Abs. 1 P2B-VO nur erfolgen, wenn der Plattform-Betreiber vor oder gleichzeitig mit der Einschränkung oder Aussetzung seine Entscheidung gegenüber dem Plattform-Nutzer begründet. Dies schließt den Verweis auf eine entsprechende AGB-Klausel und einer etwaigen Mitteilung eines Dritten an den Plattformbetreiber (z. B. Nutzer- oder Mitbewerberbeschwerde). 

Bei einer Kündigung muss der Plattform-Anbieter nach Art. 4 Abs. 2 P2B-VO dem Plattform-Nutzer 30 Tage vorher eine Begründung liefern. Ausnahmen von dieser Regel sind in Art. 4 Abs. 4 P2B-VO genannt.

2.3 Die Offenlegung von Parametern fürs Ranking (Art. 5 P2B-VO)

Nach Art. 5 Abs. 1 und Abs. 2 P2B-VO müssen Plattform-Betreiber wichtigste Rankingparameter und deren Gewichtung beschreiben. Auch hier gelten die AGB-Prinzipien: Also klare, zugängliche und verständliche Sprache. Diese Angaben müssen bei Rankingänderungen aktualisiert werden.

Falls die Plattform-Nutzer aufgrund Zahlungen das Ranking beeinflussen können, müssen die Plattformbetreiber nach Art. 5 Abs. 3 P2B-VO beschreiben, wie sich diese Entgelte auf das Ranking auswirken.

2.4 Bestpreisklauseln (Art. 10 P2B-VO)

Verwenden die Plattform-Betreiber sogenannte Bestpreisklauseln, mit welchen sie die Plattform-Nutzer verpflichten, andere Vertriebskanäle nicht zu nutzen, müssen sie in ihren AGB die Gründe für diese Einschränkung angeben und diese öffentlich leicht verfügbar machen.

2.5 Beschwerdemanagement (Art. 11 und 12 P2B-VO)

Plattform-Betreiber müssen nach Art. 11 P2B-VO ein Beschwerdemanagementsystem einrichten. Dieses muss leicht zugänglich und kostenfrei sein und die Bearbeitung der Beschwerde muss innerhalb eines angemessenen Zeitraums erfolgen.

Folgende Beschwerden müssen die Plattform-Betreiber bearbeiten:

- Nichteinhaltung der Betreiberpflichten nach P2B-Verordnung.

- Technische Probleme.

- Sonstige Beeinträchtigungen durch Plattform-Betreiber.

Nach Art. 11 Abs. 4 P2B-VO sind die Plattform-Betreiber verpflichtet, jährlich Statistiken zu veröffentlichen. 

Nach Art. 12 P2B-VO ist eine Mediation möglich, die jedoch den Klageweg zu den Gerichten nicht ausschließt.

3. Und nun ...

Die P2B-Verordnung legt Plattform-Betreibern viele neue Pflichten auf, deren Umsetzung erheblichen Aufwand bedeutet. Plattform-Betreiber sollten die Zeit bis zum 12.07.2020 nach einer internen Analyse für die notwendige Anpassung der AGB und der betroffenen Prozesse intensiv nutzen.

Anderenfalls bestehen erhebliche Risiken, wie das Abmahnrisiko: Die P2B-Verordnung gewährt ausdrücklich in Art. 14 P2B-VO Organisationen und Verbänden ein Klagerecht.

Nutzen Sie die Zeit bis zum 12.07.2020 für eine geplante, bewusste und daher kontrollierte Umsetzung der Anforderungen der P2B-Verordnung. Wir bei WERNER RI unterstützen Sie gerne.

Der Link zum vollständigen Artikel und zur Verordnung im Volltext lautet: https://www.werner-ri.de/rechtsnews/news/news/platform-to-business-verordnung/


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechts- und Fachanwalt Dr. jur. Marcus Werner Dipl.-Inform.

Beiträge zum Thema