Amtsgericht Ingolstadt: MediaMarkt verweigert rechtswidrig die Gewährleistung bei Verbrauchsgüterkäufen

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Wir hatten bereits vor mehr als zwei Jahren über das anachronistische Geschäftsgebaren und den befremdlichen Umgang des Großanbieters Mediamarkt / Saturn aus Ingolstadt mit Verbraucherrechten berichtet.

Gemäß mehreren aktuellen Fällen hat sich an der systematischen Rechtsverweigerung nichts geändert. 

So werden Kunden nach wie vor nach Bestellungen im Onlineshop und auftretenden Mängeln an der Kaufsache zunächst an die stationären Märkte des Konzerns verwiesen. Bereits dafür gibt es keine Veranlassung. Für die Rücknahme der Ware ist ausschließlich die Gesellschaft verantwortlich, die den Onlineshop betreibt. 

Sodann wurde in mehreren Fällen eine Gewährleistung erneut verweigert und wieder auf die Herstellergarantie verwiesen, die aber den gesetzlichen Rechten der Verbraucher regelmäßig nicht entspricht, sondern in der Regel Einschränkungen zu deren Nachteil aufweist. 
Zudem wird ohne Berechtigung die Unterzeichnung eines "Reparaturauftrags" verlangt, der angeblich erforderlich wäre, damit die Ware untersucht werden kann - eine weitere, rechtswidrige  Trickserei.

Media Markt hat gemäß gesetzlicher Vorgabe nach behaupteten Mängeln die Kaufsache im ersten Jahr nach Auslieferung anzunehmen und die Kaufsache selbst untersuchen. Nur wenn Mediamarkt beweisen kann, dass die Kaufsache bei Auslieferung mangelfrei war, entfallen die Gewährleistungsansprüche. Dies wäre z.B. dann der Fall, wenn das Gerät nach Auslieferung unsachgemäß benutzt und dadurch beschädigt wurde. Dies müsste Mediamarkt aber dann mit dem Untersuchungsergebnis beweisen. Im Streitfall lässt das Gericht den Mangel durch einen eigenen Gutachter prüfen - wenn es keine Umstände gibt, die gegen einen Mangel sprechen, und das dann zunächst auf Kosten von Media Markt. 

Das Amtsgericht Ingolstadt hat in einem Hinweis an die zur Abwehr der eingereichten Klagen eingerichteten Rechtsabteilung des Konzerns klargestellt, dass Besteller mit der Mängelrüge (Rechnungskopie, Angabe der Bestellnummer und Fehlerbeschreibung) und der Rücksendung der Ware alles Erforderliche getan haben, um die Gewährleistung wirksam einzufordern. 

So schreibt das Gericht wörtlich:

"Soweit der Kläger [Kunde] Gewährleistungsansprüche geltend machte, hatte er die Kaufsache unstreitig der Beklagten bereits zur Verfügung gestellt, auch hatte er die Probleme geschildert. Mehr wird von ihm nicht verlangt. Die Beklagte hatte die Grafikkarte mit einem Hinweis auf einen fehlenden Reparaturauftrag zurückgeschickt. Diesen musste der Kläger jedoch nicht ausfüllen. Die Beklagte [Mediamarkt] hatte daher nach Rüge des Klägers die Möglichkeit, die Kaufsache zu untersuchen und bei Vorliegen eines Sachmangels diesen zu beseitigen."

Wer sich trotz der klaren Rechte aus Kulanz auf das üble Spiel von MediaMarkt einlässt, anstatt die gesetzlichen Rechte konsequent durchzusetzen, kann nur verlieren. 

Anerkenntnis aller Ansprüche im Gerichtsverfahren

In einem weiteren Verfahren erkannte MediaMarkt im Gerichtsverfahren alle Ansprüche nach unserer Klage an und bezahlte sämtliche Kosten, einschließlich eines im Urlaub vom Kunden besorgten Ersatzakkus für die im MediaMarkt-Onlineshop bestellte Digitalkamera. 

Auch hier hatte der Onlineshop seinen Kunden mit dem bekannten Muster  zunächst in eine Filiale geschickt und wo man ihn dann rechtswidrig an den Hersteller verwies, wo der Kunde wiederum abgewiesen wurde. 

Dabei war der Gewährleistungsfall auch hier klar: Der Akku der neuen, zugesichert wasserdichten Action-Digitalkamera zeigte sich schon beim ersten Aufladen defekt. Was für den Kunden nicht erkennbar war: Vermutlich hatte der defekte Akku beim Ladeversuch das gesamte Gerät so aufgeheizt, dass die Dichtung beschädigt wurde und die Kamera beim Tauchgang mit einem Ersatzakku innen Nässespuren zeigte, also irreparabel unbrauchbar wurde. Beim Öffnen des Geräts zeigten sich auch typische Hitzespuren im Gehäuse.

Obwohl unser Mandant Mediamarkt den Ablauf mit Fotos nachwies, verweigerte der Konzern jegliche Gewährleistung bis ins Gerichtsverfahren und verdoppelte so seinen Schaden völlig unnötig. Offenbar rechnet man bei MediaMarkt-Saturn nicht mit Kunden, die ihr gutes Recht auch konsequent einfordern. 

Wer ist so blöd?

 - wer Verbraucherrechte einfordert, sicher nicht. 

Der erste Ratgeberartikel enthält eine Anleitung, wie Rechte wirksam geltend gemacht werden können. Um unnötigen Aufwand zu vermeiden und keine Lücken für Ausflüchte und Verzögerungstaktiken zu lassen, sollten Betroffene die Vorgaben genau einhalten. 

Vor allem Telefonate mit der Hotline, deren Inhalt man nicht beweisen kann, immer neue Aufforderungsschreiben und "Bittbriefe" sind bei diesem vorsätzlichen, systematischen Rechtsbruch dagegen sinnlos und Zeitverschwendung. Wer immer noch bei MediaMarkt / Saturn kauft und sich auch noch im Vertrauen auf sein Spiel einlässt, kann am Ende nur verlieren.  

Außerdem sollten Betroffene immer den lokalen Verbraucherschutzverein mit einer Beschwerde informieren. Denn leider funktioniert die Wettbewerbskontrolle durch diese Vereine und die politisch gesteuerte Verbraucherzentrale Bundesverband sowie Konkurrenten, die gegen die gewinnmaximierende Rechtsverletzung des Konzerns theoretisch vorgehen könnten, ebenfalls nicht. Die Verbraucherzentrale Bundesverband geriert sich als Lobbyorganisation. So warb die "Energieberatung" des Vereins selbst irreführend für extrem klimaschädliche und gesundheitsschädliche Holzverbrennung in Holzöfen und Pelletheizungen. Der Vorstand, Parteimitglied der Grünen, trat zuletzt wieder als Gastrednerin bei einer Lobbyorganisation auf, die ebenfalls für diesen Klimaschmutz wirbt und sogar den weiteren Ausbau der Waldverbrennung für Stromerzeugung fordert.

Solange der Gesetzgeber auch keine hohen Wettbewerbsstrafen gegen systematische Rechtsverletzung einführt, wie man sie aus den USA kennt, bleibt der Verbraucherschutz der EU eine Farce. Rechtsverletzung lohnt sich leider, wie man an dem Beispiel erkennen kann. 
Allerdings sind dafür auch diejenigen mitverantwortlich, die sich aus Bequemlichkeit auf diese Abzockerei der Konzerne einlassen.

Mediamarkt-Saturn baut Stellen ab

So richtig rentabel scheint das eigentümliche Geschäftsmodell allerdings auch nicht zu sein. So meldete die Wirtschaftswoche am 27.07.2023, dass der Konzern 200 Arbeitsplätze abbaut. 

Derweil baut der bei Reklamationen für besondere Kulanz bekannte Konkurrent Amazon immer weiter auf. Auch diese Entwicklung, die wir ebenfalls 2021 schon vorhergesehen haben, verwundert nicht.

Foto(s): MediaMarkt_Webseite 2001 - waybackmachine web.archive.org

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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