Amtshaftung des Finanzamts bei Nichtanwendung von höchstrichterlicher (BFH-) Rechtsprechung

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Entscheidungsbefugten Sachbearbeitern der Finanzverwaltung müssen grundlegende Entscheidungen des Bundesfinanzhofes (BFH), gerade wenn sie der bisherigen Verwaltungspraxis widersprechen, zeitnah zur Kenntnis gebracht werden (u. a. durch Zeitschriften-Umlauf, Besprechungen, elektronische Information). Erfolgt dies nicht, liegt im Regelfall ein Organisationsverschulden vor und nach Amtshaftungsgrundsätzen kann Ersatz für die Steuerberaterkosten im – unnötigen – Einspruchsverfahren verlangt werden.

Das Ergebnis: Schadensersatz der Steuerberatungskosten

Der Kläger hat gem. § 839 i. V. m. Art. 34 GG gegenüber dem Land Rheinland-Pfalz einen Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm durch die Tätigkeit der seines steuerlichen Beraters im Einspruchsverfahren entstanden ist.

Der Fall:

Der Kläger verlangt von dem beklagten Land im Wege der Amtshaftungsklage die Erstattung von Steuerberaterkosten, die ihm im Einspruchsverfahren nach der Abgabenordnung entstanden sind.

In den Jahren 1979/80 erwarb der Kläger drei nebeneinander liegende Gebäude in K., die zunächst teils gewerblich und teils zu Wohnzwecken genutzt wurden. Nach umfangreichen Umbaumaßnahmen in der Zeit von Anfang 1990 bis 1992 und der Aufteilung in Eigentumswohnungen veräußerte der Kläger in den Jahren 1990 zwei Eigentumswohnungen und im Februar 1993 eine weitere Eigentumswohnung. Im Oktober 1999 erfuhr die Oberfinanzdirektion D. bei einer Steuerprüfung vom Verkauf einer vierten Eigentumswohnung im Juli 1995. Die Steuerakten des Klägers wurden seit Juli 1999 bei dem Finanzamt N. geführt. In der ersten Dezemberhälfte des Jahres 1999 erhielt das Finanzamt N. von dem früher zuständigen Finanzamt ... zahlreiche weitere Akten des Klägers und seiner Ehefrau auch zur Problematik ,,gewerblicher Grundstückshandel“.

Wegen drohenden Verjährungseintritts erließ der zuständige Sachbearbeiter des Finanzamts N. nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1990 bis 1993, Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 1991 bis 1993 sowie geänderte Bescheide für die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31.12.1991 und 31.12.1993. Grundlage der Bescheide war die Annahme, der Verkauf der vierten Wohnung im Juli 1995 sei als rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zu werten. Nachdem der Kläger durch seinen Steuerberater am 30.12.1999 Einspruch gegen die Bescheide eingelegt hatte, hob das Finanzamt N. am 22.2.2000 die angefochtenen Bescheide auf.

Der BFH hatte durch Urteil vom 6.7.1999 entschieden, dass die Veräußerung eines vierten Objekts für die Frage des gewerblichen Grundstückshandels kein rückwirkendes Ereignis des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO sei (BFH BB 1999, 2232 ff.). Dieses Urteil wurde am 23.10.1999 in der Zeitschrift ,,Deutsches Steuerrecht“ veröffentlicht, die beim Finanzamt N. am 26.10.1999 vorlag. Im Umlaufverfahren wird diese Zeitschrift lediglich den Sachgebietsleitern, den Mitarbeitern der Rechtsbehelfsstelle und der Abteilung Betriebsprüfung, nicht aber den Sachbearbeitern zur Verfügung gestellt.

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