Anforderungen an eine ordentliche Mängelrüge

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Ein Auftraggeber (AG) hatte ein Generalbauunternehmen (GU) mit Planung und Bau eines Senioren- und Pflegeheimes auf Grundlage der Bestimmungen des BGB beauftragt. Nachdem bei der vor Ablauf der Gewährleistungsfrist stattgefundenen Mängelkontrolle wesentliche Mängel u. a. an den Außenrollos festgestellt wurden, leitete der AG ein gerichtliches Beweisverfahren ein. Dort wurde festgestellt, dass der Einbau sämtlicher Vorbaurollläden mangelhaft sei. Alle Vorbaurollladenkästen seien entgegen der eindeutigen Vorgabe in der Richtlinie für Anschlüsse an Fenstern und Rollläden bei Putz, Trockenbau und Wärmedämm-Verbundsystem, Ausgabe 2005 eingeputzt. Dadurch sei die Revisionierbarkeit des Rollladens nicht mehr gegeben. Die Rollladenblende am Rollladenkasten müsse im Fall einer Revision demontiert und wieder montiert werden. Die Blende lasse sich in eigeputztem Zustand nicht mehr öffnen, ohne dass der Putz beschädigt oder das Blech der Blende verbogen werde. Ferner fehle es den Vorbaurollläden an der Schlagregendichtheit. Bei fachgerechter Ausführung hätten die Vorbaurollläden erst nach den Verputzarbeiten angebracht werden dürfen. Auf Grundlage dieser Ergebnisse hatte das Landgericht den GU zu einem Kostenvorschuss in Höhe von rund € 175.000,00 verurteilt.

Dagegen wandte sich der GU in der Berufung und behauptete u. a. die Anspruchsverjährung. Denn im Blick auf die Außenrollos habe es nie eine ausreichend konkrete Beanstandung des AG gegeben.

Dem hat das OLG Stuttgart als Berufungsgericht eine Absage erteilt. Zum einen sah es keinen Grund, an den im gerichtlichen Beweisverfahren ermittelten wesentlichen Leistungsmängeln zu zweifeln. Ferner sei ein Klageanspruch auch nicht verjährt. Die vom AG dargestellte Beeinträchtigung in Form einer „Farbabschürfung“ dürfe vom maßgeblichen Empfängerhorizont als Rüge eines Mangels verstanden werden, den der AG erkennbar dem GU zuschreibe. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Anschreibens („Aufforderung zur Mängelbeseitigung“, „Mangelbeschreibung“) habe es sich bei den aufgelisteten Beeinträchtigungen um solche gehandelt, die erst im Rahmen einer Begehung im Frühjahr 2012 festgestellt worden seien und deren Beseitigung der AG nun eingefordert habe. Im Abnahmeprotokoll aus dem Jahr 2007 sei die streitgegenständliche Beeinträchtigung unstreitig nicht enthalten gewesen. Die Beklagte habe sich damit zur Prüfung der geltend gemachten Beeinträchtigung vor Ort veranlasst sehen müssen.

Der AG habe ferner die gerügte Beeinträchtigung mit der Lokalisierung nach Hausseite und Fenster („EG; Südostseite 1. Fenster rote Farbe“) hinreichend genau beschrieben, sodass ihr Auffinden durch den AN im Rahmen der vorgerichtlichen Mängelrüge wie auch im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens gewährleistet gewesen sei. Maßgeblich sei gewesen, dass der Inhalt der einzelnen gerügten „Mangelerscheinung“ identifizierbar gewesen sei. Dazu genüge bereits die Bezugnahme auf beigefügte Anlagen, in denen eine hinreichende Beschreibung enthalten sei (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1998 – VII ZR 405/07, NJW 1999, 1330, 1331 betreffend Baurapporte). Ausführungen zur konkreten Art der Nachbesserung seien nicht notwendiger Bestandteil für eine wirksam erhobene Mängelrüge. Es genüge die Mitteilung der zutage getretenen Mangelschäden sowie das Verlangen um Nachbesserung. Dem AN stehe es deshalb auch grundsätzlich frei zu entscheiden, in welcher Art und Weise er die Nachbesserung durchführen wolle.

(OLG Stuttgart, Urteil vom 23.11.2016 – 3 U 65/16)


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